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News: Chemische Wegweiser

Für eine erfolgreiche Abwehrreaktion unseres Körpers gegen Krankheitserreger ist es unerlässlich, dass die zahlreichen Beteiligten des Immunsystems zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Der Kontakt mit einem fremden Eindringling sorgt dafür, dass sich die Antikörper-produzierenden Zellen auf den Weg machen, um sich mit den anderen Verteidigern zu treffen. Jetzt haben Forscher die dafür verantwortlichen chemischen Wegweiser entdeckt.
Unser Körper ist ausgesprochen intolerant: Fremde Eindringlinge betrachtet er zunächst einmal als Gefahr, gegen die er mit verschiedenen Methoden energisch vorgeht. T-Zellen zerstören die aufgespürten Erreger, während B-Zellen deren Oberflächenmoleküle, die Antigene, als Vorlage benutzen, um passende Antikörper zu bauen. Obwohl es sich dabei um unterschiedliche Abwehrreaktionen handelt, sind sie auf Zusammenarbeit angewiesen. Doch wie verständigen sie sich dabei?

Karin Reif und Eric Ekland vom Howard Hughes Medical Institute haben die Zellkommunikation genauer unter die Lupe genommen. Ihren Ergebnissen zufolge zirkulieren noch "jungfräuliche" B-Zellen im lymphatischen System des Körpers – vor allem in der Milz und den Lymphknoten –, immer auf der Suche nach fremdartigen Kontakten. Allerdings sind sie in dieser Phase noch sehr erpicht auf Gesellschaft anderer B-Zellen und dementsprechend empfindlich für den chemischen Botenstoff CXCL13, ein Chemokin, das typisch ist für B-Zellen-reiche Regionen, auch B-Zonen genannt.

Der erste Kontakt mit dem Antigen eines fremden Bakteriums jedoch verändert die Zelle grundlegend. Nun verdoppelt sie die Zahl ihrer Oberflächenrezeptoren für die Chemokine CCL19 und CCL21, die sich vor allem in T-Zell-reichen Umgebungen – den T-Zonen – finden. Unwiderstehlich angezogen wandert die B-Zelle nun in den Grenzabschnitt, wo die beiden Zonen überlappen. Eine T-Helfer-Zelle gibt ihr hier das Signal, die Antikörper-Produktion zu starten.

Diese Erkenntnisse gewannen die Forscher durch Experimente mit gentechnisch veränderten Mäusen, denen die Chemokine der T-Zone beziehungsweise der entsprechende Rezeptor fehlten: Die B-Zellen der Tiere blieben auch nach dem Antigen-Kontakt in der B-Zone. Als Reif, Ekland und ihre Mitarbeiter in anderen Versuchen mittels Gentherapie die Zahl des Rezeptors für CXCL13 erhöhten, erreichten sie denselben Effekt. Denn jetzt empfingen die Zellen zwar das richtige Signal, doch konnte es sich gegen die konkurrierende Botschaft aus der B-Zone nicht durchsetzen. Steigerten die Wissenschaftler hingegen die Rezeptorzahl für die Signale aus der T-Zone, waren die B-Zellen nicht zu halten.

Irgendwie erinnert die Wanderung der B-Zellen dabei an Tauziehen. Denn als das Team mit Mäusen experimentierte, denen der Rezeptor für die B-Zonen-Signale fehlte, machten sich die B-Zellen erwartungsgemäß wieder auf den Weg – doch stoppten sie diesmal nicht im Grenzbezirk, sondern stießen ohne Zögern vor bis ins Zentrum der T-Zone.

Im nächsten Schritt wollen die Forscher nun klären, ob im Falle von Autoimmunkrankheiten womöglich die Rezeptorenausstattung nicht stimmt und das "Tauziehen" daher zu Ungunsten des Körpers ausfällt. Und zu wissen, wie und warum sich der Körper selbst attackiert, könnte ein erster Schritt hin zu einer möglichen Therapie sein.

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