Kamo'oalewa: Erste chinesische Mission zur Beprobung eines Asteroiden gestartet

Tianwen-2 startete am 28. Mai 2025 vom Startzentrum Xichang in Südchina. Die Raumsonde ist nun auf dem Weg zu Kamo'oalewa, einem Asteroiden mit einem Durchmesser zwischen 40 und 100 Meter. Seine geringe Größe und schnelle Drehung – eine volle Rotation dauert nur 28 Minuten – machen die Entnahme von Gesteinsproben zu einer Herausforderung.
Andere Länder haben bereits Proben von Asteroiden gewonnen. Japan entnahm kleine Gesteinsmengen der Asteroiden Itokawa und Ryugu, und die Vereinigten Staaten brachten Material vom Asteroiden Bennu auf die Erde. China konnte mit seinen Sonden der Chang'e-Reihe bereits Gesteinsproben von der Vorder- und der Rückseite des Mondes mitbringen.
Kamo'oalewa gilt als Quasisatellit der Erde: Er umkreist unseren Planeten in einer oszillierenden Umlaufbahn, ist aber zu weit entfernt, um durch die Schwerkraft fest an die Erde wie der Mond gebunden zu sein. Der Asteroid hängt im Grunde in der Nähe der Erde herum, so Li Chunlai, ein Planetenforscher an den National Astronomical Observatories of the Chinese Academy of Sciences (NAOC) in Peking.
Durch die Untersuchung der Gesteinsproben von Kamo'oalewa soll geklärt werden, ob der Kleinkörper einst Teil des Mondes war – und bei einer Kollision weggeschleudert wurde – oder ob er aus dem Asteroidengürtel stammt, der sich zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter befindet. »Das ist noch fraglich«, so der Mathematiker Marco Fenucci, der bei der Europäischen Weltraumagentur ESA in der Nähe von Rom die Dynamik kleiner Himmelskörper untersucht. Es ist nicht bekannt, ob es Asteroiden vom Mond gibt. »Ich bin sehr gespannt auf das, was kommen wird und welche Überraschungen dieser Asteroid offenbaren wird«, sagte Fenucci nach der Nachricht vom erfolgreichen Start. Er erwartet, dass sich durch die Mission viel über Asteroiden in der Größe von Kamo'oalewa herausfinden lässt.
Drei Strategien zur Probenentnahme
Auf seinem Weg nach Kamo'oalewa wird Tianwen-2 einige Kurskorrekturen vornehmen, seine Solarpaneele ausfahren und seine wissenschaftlichen Instrumente testen. Die Sonde soll Kamo'oalewa Mitte 2026 erreichen, wo sie etwa neun Monate bleiben wird, wie in sozialen Medien zu lesen ist.
Das Team von Tianwen-2 weiß nicht genau, was bei der Ankunft bei Kamo'oalewa zu erwarten ist, und bereitete daher drei Vorgehensweisen für die Entnahme von Gesteinsproben vor: Die erste Strategie sieht vor, dass sich die Sonde auf etwa einen Meter an den Asteroiden heranwagt und dort schwebt, während ein Roboterarm ausfährt, um Material von der Oberfläche zu sammeln. Die Raumsonde könnte auch eine Sonde ausfahren, die loses Material einfach aufbürstet. Wenn die Bedingungen es zulassen, wird die Sonde mit ihren drei Beinen auf dem Asteroiden landen und sich mit einem Roboterarm verankern, um Gestein zu entnehmen.
Die größte Unsicherheit besteht darin, ob Kamo'oalewa aus einem Haufen lose von der äußerst geringen Schwerkraft zusammengehaltener Trümmer besteht – wie Bennu und Ryugu – oder ein einzelner, fester Felsbrocken ist, so Xu Yi, Planetenforscher an der Macau University of Science and Technology (MUST), der am Radarinstrument der Sonde arbeitet. Wenn es sich um eine feste Felsoberfläche handelt, kann sich die Raumsonde wahrscheinlich auf der Oberfläche verankern. Es ist nicht bekannt, wie viel Staub sich auf der Oberfläche befindet, der sich leicht aufsammeln ließe.
Elf wissenschaftliche Instrumente befinden sich an Bord der Sonde, darunter Kameras, ein Lasersensor, Spektrometer, Radar, ein Magnetometer und Teilchendetektoren. Mit diesen Instrumenten sollen die Eigenschaften des Asteroiden untersucht werden, einschließlich der Frage, ob Wasser oder organische Stoffe vorhanden sind, und ein Modell seines Aussehens erstellt werden, so der Planetenforscher Zhang Xiaoping von der Macau University of Science and Technology (MUST), der den Staubanalysator mit entwickelt hat.
»Was aktive Asteroiden betrifft, wissen wir im Grunde gar nichts«Marco Fenucci, Mathematiker
Im April 2027 soll sich Tianwen-2 laut Angaben in den sozialen Medien von Kamo'oalewa verabschieden und zur Erde zurückkehren. Dort wird die Raumsonde im November die Probenkapsel abwerfen, die dann in China am Fallschirm landen soll. Die Muttersonde Tianwen-2 nutzt dabei die Schwerkraft der Erde, um zu ihrem zweiten Ziel, dem Kometen 311P, zu fliegen, den sie Anfang des Jahres 2035 erreichen soll. »Ich hoffe, die zehnjährige Reise wird reibungslos verlaufen«, so Xu.
Der Komet 311P ist ebenfalls ungewöhnlich: Er ähnelt einem Kometen, hält sich aber im Asteroidengürtel auf. Der Komet – ein so genannter aktiver Asteroid – ist das Hauptaugenmerk von Zhang. Er möchte verstehen, wie er den Staub ausstößt, der die auffälligen Staubschweife erzeugt. Zudem möchte er die Eigenschaften des Staubs ermitteln. Was aktive Asteroiden betrifft, so sagt Fenucci, »wissen wir im Grunde gar nichts.«

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