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News: Chips statt Fisch

Die neolithische Revolution, bei der die Menschheit zu Ackerbau und Viehzucht überging, führte auch zu einem Wechsel der Ernährungsgewohnheiten. Zumindest in Großbritannien änderte sich dabei der Speiseplan fast schlagartig.
Dolmengrab
Der britischen Küche eilt ihr Ruf voraus. Bei Fish and Chips mit Essigsauce, Plumpudding oder Haggis rümpft manch Mitteleuropäer die Nase, und so gilt die Insel nicht gerade als Eldorado für die Haute Cuisine. Ob dies schon immer so war, wissen wir nicht, aber dass die Briten ihren Speiseplan vor langer Zeit einmal völlig umgestellt haben, konnten jetzt drei Archäologen nachweisen.

Michael Richards von der Universität Bradford, der seine Arbeit in Leipzig beim Max-Planck-Institut für Anthropologie fortsetzt, interessierte sich für den Übergang von der mittleren Steinzeit zur Jungsteinzeit. Denn damals fand eine drastische Umwälzung der Lebensweise statt: Die Menschen gaben ihr rastloses Dasein als Jäger und Sammler auf und verdienten fortan ihr Brot als sesshafte Ackerbauern und Viehzüchter. Diese neolithische Revolution begann vor etwa 10 000 Jahren im Vorderen Orient und breitete sich dann nach und nach weltweit aus. Die britischen Inseln erreichte sie erst relativ spät, nämlich vor etwa 5200 Jahren.

Mit dieser Änderung der Lebensweise sollten sich auch die Ernährungsgewohnheiten gewandelt haben, doch bisher gingen die Wissenschaftler davon aus, dass sich der Menüplan nur langsam den neuen Gegebenheiten anpasste. Um diese These zu überprüfen, haben Richards sowie seine Kollegen Rick Schulting und Robert Hedges auf der ganzen Insel Knochen aus der Steinzeit zusammengetragen. Dabei standen den Forschern 164 Fundstätten aus dem frühen Neolithikum, deren Alter auf 5200 bis 4500 Jahre geschätzt wird, sowie 19 mesolithische Überreste, die bereits 9000 bis 5200 Jahre lang in der Erde geruht hatten, zur Verfügung.

Um die Ernährung der damaligen Briten zu ergründen, maßen die Archäologen den Gehalt der Kohlenstoffisotope im Kollagen des Knochengewebes. Denn je nachdem, wie viel Fisch, Fleisch oder Gemüse der Verstorbene zu Lebzeiten verspeist hat, reichert sich in seinen Knochen das Isotop 13C unterschiedlich stark an.

Dabei ergab sich, dass die Menschen des Mesolithikums in Großbritannien vor allem das Meer als Nahrungsspender nutzten. Insbesondere an der Küste stand Fisch wohl fast täglich auf dem Speiseplan.

Doch zu Beginn des britischen Neolithikums wurde Fisch verschmäht – und zwar ziemlich schlagartig. Alle Proben aus dieser Zeit, egal ob von der Küste oder vom Landesinnern, weisen auf Fleisch und Gemüse als Hauptnahrungsquelle hin. Und dieser Übergang muss sich in sehr kurzer Zeit, innerhalb von ein bis zwei Generationen, zugetragen haben.

Warum die Briten des Neolithikums keinen Fisch mehr mochten, bleibt den Forschern rätselhaft. "Wir haben keinen Hinweis, dass es plötzlich keinen Fisch mehr im Meer gab", erläutert Richards. "Die Leute hörten einfach auf, Fisch zu essen."

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