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Erbkrankheiten: Computermodell erklärt Verlauf der Huntington-Krankheit

Mit einem Computermodell hat eine israelische Arbeitsgruppe einen grundlegenden Mechanismus beschrieben, der für alle so genannten Trinukleotid-Krankheiten gelten soll. Demnach führt die zufällige Verlängerung des krankheitsauslösenden Genes im Lauf des Lebens zum Ausbruch des Leidens.

Trinukleotid-Krankheiten sind Erbleiden, bei denen in einem bestimmten Gen drei DNA-Bausteine mehrfach hintereinander eingebaut sind. Zu den bekanntesten gehört die Chorea Huntington, auch erblicher Veitstanz genannt. Hier wiederholt sich im Gen Huntingtin die Abfolge Cytosin-Adenin-Guanin, die für die Aminosäure Glutamin kodiert. Die gleiche Wiederholungssequenz – allerdings in anderen Genen – findet sich auch bei den spinozerebellären Ataxien. Bei der myotonischen Dystrophie (Curschmann-Batten-Steinert-Syndrom) sitzt dagegen eine Cytosin-Thymin-Arginin-Dreiergruppe im nichtkodierenden Bereich des Gens DMPK. Und bei der Friedreich-Ataxie ist das Gen FRDA mit der Wiederholung von Guanin-Adenin-Adenin betroffen.

Die jeweiligen Gene stehen in keinem funktionellen Zusammenhang; die Krankheitsbilder unterscheiden sich daher auch. Gemeinsam ist den Trinukleotid-Krankheiten jedoch ihr schleichender Verlauf: Jahrzehntelang können die Betroffenen symptomfrei leben, bis die Erkrankung ausbricht und zum Tode führt. Dabei schlägt das Leiden umso früher zu, je länger die Wiederholungssequenzen im Gen sind.

Bei der Huntington-Krankheit vermuteten Mediziner eine toxische Wirkung der Aminosäure Glutamin in Nervenzellen. Dann sollte allerdings das Leiden früher auftreten, wenn die Mutation von beiden Elternteilen geerbt wurde – was nicht der Fall ist. Bekannt war andererseits, dass sich die Trinukleotid-Wiederholungen im Laufe des Lebens anhäufen können.

Auf dieser Grundlage schlagen Ehud Shapiro und seine Kollegen vom Weizmann-Institut in Rehovot einen gemeinsamen Mechanismus der Trinukleotid-Krankheiten vor: Demnach wächst die Zahl der Trinukleotid-Sequenzen in den einzelnen Körperzellen immer weiter an, wobei zufällig bei einigen Zellen sich besonders viele Wiederholungen anhäufen können. Symptome treten jedoch erst dann auf, wenn die Zahl der betroffenen Zellen einen bestimmten Schwellenwert überschritten hat.

Als die Forscher ihr Modell mit klinischen Daten verschiedener Trinukleotid-Krankheiten überprüften, zeigte sich, dass der vorhergesagte Verlauf mit den reellen Messwerten weit gehend übereinstimmte. Demnach – so hoffen die Wissenschaftler – müssten sich die Leiden aufhalten lassen, wenn es gelänge, das Anhäufen der Trinukleotid-Wiederholungen in den Zellen frühzeitig zu stoppen. (aj)

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