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Contra: Noch ein Schritt in die Arme der Zivilisation?

Immer mehr Menschen sind auf Pflege angewiesen, doch immer weniger Junge können diese Arbeit leisten. Ist das wirklich ein Grund dafür, um eine rein menschliche Arbeit - die Betreuung und Pflege der Kranken und Alten - an Roboter zu übergeben?
Semfira Muftafutdinowa
Die Zivilisation wuchert. Sie blockiert Kommunikation, indem sie uns mit dem synthetischen Brei der Seifenopern füttert. Sie hat uns überzeugt, Spaß sei das Wichtigste im Leben und Kinder seien Zeitverschwendung. Nun deutet sie uns ganz vorsichtig an, wir bräuchten keine Krankenschwestern mehr. Blutdruck messen und an Tabletten erinnern können doch auch die Roboter.

Es geht mir nicht um die Arbeitsplätze und nicht einmal um die Überlegenheit der menschlichen Pflegekräfte im Allround-Talent. Aber wir werden durch Roboter der Möglichkeit beraubt, einander zu dienen, Liebe, Geduld und Sensibilität zu entwickeln. Statt an die Ursachen zu denken – warum der Westen immer älter wird, warum die Pflegetätigkeiten unpopulär in der Gesellschaft werden, sind die menschlichen Werte überhaupt noch da? – greifen wir wieder zur schnell wirkenden Pille, der Technik.

Ja, wir können nicht plötzlich Alte jünger machen, sie sind da und müssen betreut werden. Es gibt aber auch andere Alternativen, die Altenheime zu entlasten: die in den letzten Jahren populär gewordenen WGs für Senioren zum Beispiel. Ältere Menschen können sich innerhalb der Wohnung gegenseitig helfen, sind in Gesellschaft, beugen so Vereinsamung vor und leben mit Mitbewohnern zusammen, die sie sich selbst aussuchen. Zudem ist das WG-Leben preiswerter: Ein ambulanter Pflegedienst versorgt alle Bewohner, und die Kosten sind wesentlich niedriger als bei einem Heimaufenthalt. Wäre das nicht ein alternativer Weg für die Generation der Studentenbewegung, die WG-Erfahrung aus ihrer Jugend mitbringt?

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