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»Glaubwürdigkeitslücke«: COP26-Zusagen für 2030 verpassen Klimaziele weit

Je weiter eine Klimazusage in der Zukunft liegt, desto ambitionierter ist sie. Zu diesem Ergebnis kommt das Analysezentrum »Climate Action Tracker«. Die Gegenwart dagegen ist trübe.
Blick auf die »Action Zone« beim COP26.

Die kurzfristigen Klimazusagen auf dem Weltklimagipfel in Glasgow sind viel zu wenig, um die Klimaziele von Paris zu erreichen. Zu diesem Schluss kommt das unabhängige Analysezentrum »Climate Action Tracker« in seinem Bericht vom 9. November. Demnach würde sich, wenn alle Zusagen bis 2030 eingehalten werden, die Welt bis Ende des Jahrhunderts um 2,4 Grad erwärmen. Die weltweit angesehene Organisation relativiert damit optimistischere Prognosen der Internationalen Energiebehörde IEA, die eine Erwärmung von 1,8 Grad nennt – allerdings auf der Basis aller langfristigen Zusagen.

Deren Verlässlichkeit bewertet der »Climate Action Tracker« als nicht allzu hoch, legen die Aussagen der Organisation auf ihrer Website nahe. Die in Glasgow vereinbarten Ziele für 2030 seien »total ungenügend«. Es gebe »eine massive Lücke bei der Glaubwürdigkeit, beim Handeln und beim Engagement« der Staatengemeinschaft, die einen »langen, dunklen Schatten« auf die langfristigen Zusagen werfe, die Nettoemissionen auf null zu reduzieren. Diese Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen einer Umfrage unter Klimafachleuten, die »Nature« vor dem Klimagipfel durchführte.

Je weiter nämlich ein Ziel in der Zukunft liegt, desto ambitionierter wird es. So wollen die meisten Staaten die Nettoemissionen in 30 bis 50 Jahren auf null zurückzufahren, und wenn man diese vollmundigen Versprechen allesamt für bare Münze nimmt, kommt man in der Tat auf eine Erwärmung von 1,8 Grad bis Ende des Jahrhunderts. Betrachtet man die nächsten zehn Jahre – also Zusagen, die angesichts der Geschwindigkeit politischer Prozesse ziemlich zügig angegangen werden müssen –, landet man bei 2,4 Grad. Selbst wenn alle Versprechen vom COP26 gehalten werden, sind die Emissionen 2030 etwa doppelt so hoch wie für das 1,5-Grad-Ziel nötig.

Die derzeit bereits umgesetzten oder zumindest politisch beschlossenen Maßnahmen wiederum würden zu 2,7 Grad Erwärmung führen – zumindest wenn sie nicht ausgehebelt oder rückgängig gemacht werden. Zusätzlich bemängelt der »Climate Action Tracker«, dass der Klimaschutz nur im »Schneckentempo« vorankomme. Seit September 2020 habe es keine nennenswerten neuen politischen Entwicklungen gegeben, die Auswirkungen auf die Erwärmung gehabt hätten. Auch nach dem virtuellen »Leaders Summit on Climate« von US-Präsident Joe Biden habe sich wenig gerührt – abgesehen von Netto-null-Emissions-Zusagen von den USA und China. Die beziehen sich auf die Jahre 2050 und 2060.

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