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Coronavirus-Pandemie: Moderna will Impfstoff-Zulassung für Kinder, STIKO ist skeptisch

Kinder gegen Corona impfen? Die Hersteller sind dafür, die Ständige Impfkommission berät noch darüber. Man dürfe nicht vergessen: »Bei der Impfung werden keine Bonbons verteilt.« Der Präsenzunterricht sei daher kein entscheidender Grund für die Covid-Impfung von jungen Menschen.
Teil der Auflagen des Corona Infektionsschutzes: Schüler tragen Masken auf dem Pausenhof.

Das US-Unternehmen Moderna wird für seinen Corona-Impfstoff die Zulassung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren beantragen. Anfang Juni soll es so weit sein. Der Impfstoff schütze Heranwachsende zwischen 12 und 17 Jahren zuverlässig vor einer Covid-19-Erkrankung, teilte der Hersteller am Dienstag mit. Damit ist die Immunisierung nach jener von Biontech und Pfizer die zweite Impfung gegen Covid-19, für die eine Zulassung für Kinder und Jugendliche beantragt wurde.

Die Ergebnisse einer Studie mit mehr als 3700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dieser Altersgruppe zeigen nach Angaben des Unternehmens, dass der Impfstoff wirksam und sicher ist. Keiner von ihnen habe nach einer vollständigen Impfung eine Covid-19-Erkrankung entwickelt. Das Vakzin sei gut vertragen worden. Noch sind die Ergebnisse aber weder von Experten begutachtet noch in einem Fachjournal veröffentlicht.

Zwar scheinen Kita- und Grundschulkinder nach allem, was bisher bekannt ist, das Infektionsgeschehen nicht in besonderer Weise anzutreiben. Doch in der dritten Welle haben sich Kinder vermehrt mit dem Coronavirus infiziert. Laut dem jüngsten Situationsbericht des Robert Koch-Insituts (RKI) betrafen Covid-19-Ausbrüche vor allem private Haushalte sowie das berufliche Umfeld, Kitas und Schulen, »während die Anzahl der Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen insbesondere aufgrund der fortschreitenden Durchimpfung deutlich zurückgegangen ist«.

Junge Menschen erkranken seltener schwer an Covid-19

Damit verschiebt sich das Infektionsgeschehen erwartungsgemäß. Nun da viele Ältere geimpft sind, häufen sich die Fälle in jüngeren Altersgruppen. Hinzu kommt, dass Fälle in Kitas und Schulen auf Grund der mittlerweile oft verwendeten Schnelltests jetzt vermehrt entdeckt werden.

Politiker und Wissenschaftler diskutieren anlässlich der Entwicklungen derzeit, ob eine Impfung für Kinder empfehlenswert ist – auch im Hinblick auf die Rückkehr zum Präsenzunterricht in Schulen.

Wie entwickelt sich die Pandemie? Welche Varianten sind warum Besorgnis erregend? Und wie wirksam sind die verfügbaren Impfstoffe? Mehr zum Thema »Wie das Coronavirus die Welt verändert« finden Sie auf unserer Schwerpunktseite. Die weltweite Berichterstattung von »Scientific American«, »Spektrum der Wissenschaft« und anderen internationalen Ausgaben haben wir zudem auf einer Seite zusammengefasst.

Ein Grund für den Diskurs: Junge Menschen haben ein geringeres Risiko für schwere Covid-19-Erkrankungen. Das ist zu berücksichtigen, wenn man das mögliche Risiko einer Impfung dagegenhält. Gleichzeitig hat es durchaus Folgen, wenn Kinder und Jugendliche sich mit Sars-CoV-2 anstecken.

Sars-CoV-2 kann Kinder langfristig beeinträchtigen

Die meisten jungen Menschen zeigen zwar weiterhin kaum Symptome. Doch es gibt vermehrt Fälle der lebensgefährlichen Erkrankung MIS-C (Multi-System Inflammatory Disease in Children, auch PIMS), bei der gleichzeitig in mehreren Organen schwere Entzündungsprozesse einsetzen können. Bei rund 50 Prozent der jungen Betroffenen steht die Krankheit nach derzeitiger Kenntnis mit einem nachgewiesenen Sars-CoV-2-Infektion in Verbindung.

Auch Spätfolgen sind möglich, »Long Covid«-Verläufe also. Kinder verspüren dann noch Wochen bis Monate nach der Infektion andauernde Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Muskel- und Gliederschmerzen sowie Probleme beim Atmen. Auch starkes Herzklopfen und Schlafstörungen kommen vor, wie Michael Lorenz, Oberarzt und Leiter der Sektion Pädiatrische Pneumologie und Allergologie am Universitätsklinikum Jena, in einem früheren Gespräch mit »Spektrum.de« erklärt hat.

Corona-Impfquoten in Deutschland steigen

Die Frage, wie hoch die Gefährdung der Kinder durch eine Infektion mit dem Coronavirus sei, müsse bei der Debatte um Corona-Impfungen für junge Menschen im Vordergrund stehen, sagte der STIKO-Vorsitzende Thomas Mertens am Dienstag im Deutschlandfunk. »Zunächst muss geklärt werden, inwieweit es eine medizinische Begründung für diese Impfung gibt.«

Die Rückkehr zum Präsenzunterricht wiederum ist nach Ansicht der Ständigen Impfkommission kein entscheidender Grund für die Corona-Impfung von Kindern. Zwar seien das Recht auf Bildung, das Recht auf normale Teilhabe am Leben und das Recht auf die Freunde eine ganz wichtige Sache. Aber die zu klärende Frage sei, sagte Mertens weiter, ob die Impfung wirklich die einzige und die richtige Möglichkeit ist, um das zu erreichen. »Wir dürfen nicht vergessen, bei der Impfung werden keine Bonbons verteilt, sondern da wird ja immerhin ein medizinischer Eingriff vorgenommen.«

Mertens rechnet innerhalb der nächsten 10 bis 14 Tage mit einem Ergebnis der Beratungen. »Es kann sein, dass die STIKO den Vorstellungen der Politik nicht in allen Punkten nachkommen kann, da die Ergebnisse das unter Umständen nicht hergeben«, sagte der STIKO-Vorsitzende weiter. Eine Zulassungserweiterung seitens der europäischen Arzneimittelbehörde EMA wird für Anfang bis Mitte Juni erwartet.

Mehr als 40 Prozent der Deutschen mindestens einmal geimpft

Bislang sind in Deutschland rund 11,9 Millionen Personen vollständig geimpft, also 14,3  Prozent der Gesamt­bevölkerung. Insgesamt haben mehr als 33,5 Millionen Personen mindestens eine Impf­dosis erhalten (40,4  Prozent), wie dem Impfdashboard zu entnehmen ist.

Nachweislich hindern Schutzimpfungen das Coronavirus daran, sich auszubreiten. Weil Impfungen jedoch keinen 100-prozentigen Schutz bieten, ist es dennoch ratsam, die bislang empfohlenen Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten.

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