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Katastrophe in Afrika: Coronavirus gefährdet Heuschrecken-Bekämpfung

In Ostafrika erscheint Covid-19 bisher als kleineres Problem im Vergleich zur Heuschreckenplage. Doch die beiden Naturkatastrophen könnten sich gegenseitig verschärfen.
Wüstenheuschrecke

Riesige Heuschreckenschwärme vernichten in Ostafrika die Ernten – für die betroffenen Länder ist die schon seit Monaten andauernde Krise eine weit größere Bedrohung als Covid-19. Bisher jedenfalls. Denn nun gefährdet die wachsende Zahl der Coronavirus-Infektion auch die Maßnahmen gegen die Schädlinge. Bislang ist Afrika südlich der Sahara von Sars-CoV-2 relativ wenig betroffen. Der Grund dafür ist unklar – und damit auch, ob die noch geringen Fallzahlen bloß die Ruhe vor dem Sturm sind. Staaten wie Kenia und Äthiopien wissen, dass ihre Gesundheitssysteme zusammenbrechen, sobald sich die Krankheit auch nur näherungsweise so entwickelt wie in Europa. Um das Schlimmste abzuwenden, haben viele Staaten bereits jetzt strikte Maßnahmen ergriffen.

Doch die Maßnahmen gegen die drohende Katastrophe gefährden die Bekämpfung jener, die schon da ist. Bereits jetzt vernichten bis zu 60 Kilometer lange Heuschreckenschwärme jeden Tag Nahrung für hunderttausende Menschen, und es könnte noch viel schlimmer werden. Die Heuschrecken sind dabei, sich zu vermehren. Die zweite Welle der Heuschrecken, die für Mai erwartet wird, könnte 20-fach größer werden als die erste. Die Zeit drängt. Die starken Einschränkungen durch die Covid-19-Bekämpfung verzögern die Maßnahmen jedoch. Wegen der gesperrten Flughäfen ist es inzwischen deutlich schwieriger, Ausrüstung und Pestizide dorthin zu schicken, wo sie gebraucht werden.

Das kann ein erhebliches Problem werden, denn neue Schwärme bekämpft man am effektivsten, direkt nachdem die Tiere geschlüpft sind und noch nicht fliegen können. Dafür muss man schnell reagieren. Auch der Nachschub wird zum Problem. Importe von Gerät und Chemikalien verzögern sich, weil viele Länder weltweit die Grenzen stärker kontrollieren, und sie werden auch teurer. Gleichzeitig werden die Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19 in den ostafrikanischen Ländern mindestens ebenso gravierende wirtschaftliche Schäden verursachen wie in den europäischen Staaten – zusätzlich zu den durch die Heuschrecken vernichteten Ernten.

Bereits jetzt sind 13 Staaten in Ostafrika betroffen, und die Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) warnte schon im Januar, dass sich die Situation verschärfen könnte, wenn sich die Tiere erfolgreich vermehren. Das würde wiederum die Bedrohung durch Covid-19 erhöhen. Millionen Menschen in der Region haben schon heute keinen zuverlässigen Zugang zu Lebensmitteln. Eine dramatische Versorgungskrise in mehreren Ländern würde es nicht nur vielen Menschen unmöglich machen, sich zu isolieren – womöglich würde verbreitete Mangelernährung die Sterblichkeit auch in normalerweise kaum gefährdeten Bevölkerungsgruppen erhöhen.

Aber selbst ganze Staaten könnten in eine tiefe Krise geraten. Auf dem Spiel steht das Wirtschaftswachstum in Ostafrika, das zum Beispiel in Kenia die Armut in der Bevölkerung deutlich reduziert hat. Die Kombination aus Coronavirus und Heuschrecken könnte den Aufschwung der Region abwürgen – und schlimmstenfalls sogar eine neue Phase der Instabilität einleiten.

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