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Coronavirus-Variante: B.1.1.7 ist wohl doch tödlicher

Eine Analyse an über einer Million Infizierten in Großbritannien zeigt, dass die Sterblichkeit um etwa die Hälfte steigt.
Intensiv-Personal in Vollschutz betreut einen Kranken, allerdings nur Symbolbild.

Die zuerst in Großbritannien nachgewiesene Coronavirus-Variante B.1.1.7 erhöht das Risiko, an der Infektion zu sterben, anscheinend um etwas mehr als die Hälfte. Das geht aus einer Analyse britischer Test- und Sterbedaten hervor. Wie eine Arbeitsgruppe um Nicholas Davies von der London School of Hygiene and Tropical Medicine jetzt in »Nature« berichtet, basiert das Ergebnis auf Daten von mehr als 1,1 Millionen Infizierten, bei denen die PCR anhand eines spezifischen Merkmals zwischen der neuen Variante und älteren Viren unterscheiden kann.

Demnach zeigte sich bei Trägern von B.1.1.7 eine um 61 Prozent höhere Sterblichkeit. Damit erhöhe sich das Sterberisiko zum Beispiel in den Altersgruppen von 70 bis 84 Jahren bei Frauen auf 4,4 Prozent, bei Männern auf 7,2 Prozent. Die Arbeitsgruppe weist allerdings darauf hin, dass die Sterblichkeit bei Personen unter 70 Jahren auch bei der neuen Coronavirus-Variante unter einem Prozent liegt. Zusätzlich ist das reale Risiko bezogen auf die Ansteckung geringer als hier berechnet, weil die Zahlen nur positiv getestete Infizierte erfassen und viele Infizierte mit milden Symptomen gar nicht getestet werden. In Deutschland ist die Variante laut RKI derzeit bereits für mehr als die Hälfte aller Neuinfektionen verantwortlich und breitet sich weiter aus.

Man identifiziert die Variante B.1.1.7 in PCR-Tests dadurch, dass bei dieser Linie des Virus eine der Zielsequenzen nicht mehr gefunden wird. Die entsprechende Erbgutsequenz ist so verändert, dass die Gensonde sie nicht mehr erkennt; man bezeichnet das als »spike gene target failure«, kurz SGTF. Die anderen verwendeten Marker dagegen sind noch positiv. Das Team um Davies griff auf einen Datensatz mit 2,2 Millionen positiven Tests und knapp 17 500 Todesfällen zurück. Bei knapp der Hälfte von ihnen hatten Labors Tests durchgeführt, die SGTF erkennen können, und unter diesen tauchte SGTF in 59 Prozent der Fälle auf. Allerdings zeigen auch einige andere Varianten als B.1.1.7 das SGTF-Merkmal, so dass die Arbeitsgruppe den kleinen Anteil solcher Viren aus der Analyse mit einem Modell herausrechnete.

Eine erste Studie hatte im Dezember 2020 noch keine Hinweise darauf ergeben, dass die neue Variante schwerere Verläufe verursacht. Jedoch umfasste diese lediglich knapp 1800 Infizierte mit der neuen Variante; zusätzlich waren zu jenem Zeitpunkt mutmaßlich noch nicht alle Todesfälle gemeldet. Auch die neue Studie beantwortet nicht alle Fragen. Die Arbeitsgruppe verweist auf mögliche verzerrende Faktoren sowie den Umstand, dass die Analyse nicht erfasst, welchen Einfluss eine Impfung hat. Darüber, weshalb B.1.1.7 gefährlicher ist, gibt die Studie ebenso wenig Auskunft. Indizien deuten darauf hin, dass sich das Virus im Körper deutlich schneller vermehrt und höhere Viruskonzentrationen erzeugt. Diese Eigenschaft könnte sowohl die effektivere Verbreitung erklären als auch, warum die Infektion häufiger schwer verläuft.

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