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News: Das As im Ärmel

Plasmodium, der Malariaerreger, entgeht allen Versuchen, einen wirksamen Impfstoff gegen ihn zu entwickeln. Aus demselben Grund ist auch die Behandlung der Malaria schwierig: Der Einzeller kennt viele verschiedene Wege, sich dem Zugriff des Immunsystems zu entziehen. Jetzt entdeckten Wissenschaftler einen weiteren Trick, den der eindringende Parasit anwendet, um die Immunantwort zu verhindern - er hemmt die Proteinsynthese seiner Wirtszelle.
Plasmodium wechselt im Sporozoitenstadium seines Lebenszyklus in einen menschlichen Wirt. Die lanzenförmigen Sporozoiten leben in den Speicheldrüsen von Stechmücken der Gattung Anopheles und werden beim Stich in den Blutstrom des Opfers übertragen. In Minutenschnelle dringen die Malaria-Erreger dann in die Leber des Wirtes ein.

Die Oberfläche der Sporozoiten ist mit einem Protein bedeckt, dem Circumsporozoit-Protein (CS). In mindestens einer Linie von Plasmodium greifen Antikörper des Wirtes das CS-Oberflächen-Protein an, das als Antigen wirkt. Der Parasit allerdings durchkreuzt diese Immunantwort – das CS-Protein fällt einfach ab, zusammen mit dem angedockten Antikörper. An der freien Stelle wird ein neues Antigen gebildet.

Die Aufgabe als Lockvogel für das Immunsystem scheint aber nicht die einzige zu sein, die das CS-Proteins zu erfüllen hat. Möglicherweise hilft es dem Parasiten auch, sich in den Speicheldrüsen der Stechmücke festzuhalten. Es könnte außerdem eine Transporthilfe sein, die mit der "Gleitfähigkeit" des Einzellers zusammenhängt. Ebenso ist denkbar, daß das Oberflächenprotein beim Eindringen der Sporozoiten in die Leber des Wirtes eine Rolle spielt.

Ute Frevert von der New York University School of Medicine und ihre Kollegen beschreiben nun im EMBO Journal vom 15. Juli 1998, daß das CS-Protein noch eine weitere Funktion in der Wirtszelle hat. In mehreren Plasmodium-Linien passiert das CS-Protein aktiv die Zellwand der Wirtszelle und dringt in deren Cytoplasma ein – ohne daß der Parasit selbst in die Zelle gelangt.

Das Protein breitet sich über das gesamte Cytosol der Wirtszelle aus. Sein Ziel sind anscheinend die Ribosomen, in denen Proteine hergestellt werden. An diese kleinen Fabriken bindet das parasitäre Molekül. In Zellkuturen im Labor nun stoppten Fragmente des CS-Proteins, die an Ribosomen gebunden hatten, die Proteinsynthese. Frevert und ihre Kollegen nehmen an, daß genau das auch in den Leberzellen des Wirtes passiert. Die Hemmung der Proteinsynthese würde infizierte Leberzellen daran hindern, Antigene zu produzieren, welche die Antikörper erkennen könnten.

Zusätzlich kann das Protein benachbarte Makrophagen töten, indem es in sie eindringt und auch dort die Proteinsynthese unterbindet. Normalerweise würden diese "Freßzellen", große weiße Blutkörperchen, versuchen, den Parasiten zu "schlucken" und so zu zerstören.

Auf diese Weise liefert das CS-Protein dem Parasiten mindestens zwei neue Wege, das Immunsystem zu narren – und fordert all jene heraus, die einen Impfstoff gegen Malaria suchen.

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