Direkt zum Inhalt

News: Das Geheimnis der 'Monster-Blume'

Ein uraltes Rätsel, das bereits vor 250 Jahren Carl von Linné beschäftigte, scheint jetzt endlich gelöst. Der Naturforscher fand damals eine Pflanze, die wie ein Gewöhnliches Leinkraut aussah, aber nicht die bei dieser Pflanze übliche asymmetrische Anordnung der Blütenblätter zeigte. Dieses spezielle Blütenexemplar war symmetrisch. Britische Forscher haben jetzt entdeckt, daß diese Besonderheit durch die Mutation eines einzigen Gens zustande kommt.
Die bemerkenswerte Pflanze fand Carl von Linné im Jahre 1742 auf einer Insel in der Nähe von Stockholm. Das Gewächs sah in jeder Hinsicht aus wie ein Exemplar des Gewöhnlichen Leinkrauts (Linaria vulgaris), bis auf einen Unterschied: Normalerweise haben Leinkrautgewächse unterschiedlich geformte ober- und unterständige Blütenblätter, aber bei dieser Art sahen sie alle gleich aus – die Blume war radiärsymmetrisch. Schon damals glaubte der Naturforscher, daß diese Pflanze zu einer völlig neuen Art gehörte und diese Besonderheit durch eine Art von Transformation zustande gekommen sein müsse. Er nannte die neue Form in Anlehnung an den griechischen Ausdruck für Monster "Peloria".

Erst jetzt fanden britische Wissenschaftler vom John Innes Centre in Norwich die biologische Erklärung für das seltsame Aussehen der Pflanze. Die "Monsterform" ist keine eigene Art, sondern beruht auf der Mutation eines einzigen Gens. Normalerweise sorgt dieses Gen in den jungen Blütenknospen des Leinkrauts dafür, daß die Blütenblätter asymmetrisch angelegt werden. Bei Peloria ist dieses Gen inaktiv, daher sind die Blüten symmetrisch (Nature vom 9. September 1999).

"Es gibt noch einen weiteren Clou bei der Sache", sagt Enrico Coen, Mitglied des Forschungsteams. "Die meisten Mutationen sind das Ergebnis von Veränderungen in der DNA-Sequenz der Gene, aber in dieser natürlich auftretenden Mutation ist die Sequenz völlig unverändert. Stattdessen wurde die DNA durch einen Vorgang verändert, der Methylierung genannt wird. Dabei wird die DNA mit einer chemischen Verbindung, einer Methylgruppe, "dekoriert"." Solche Methylierungs-Vorgänge tretenauch bei einigen Formen von Krebs beim Menschen auf, doch da sie weder Ei- noch Spermazellen betreffen, werden sie nicht weitervererbt. " Es ist das erste Mal, daß eine solche natürliche Modifikation offenbar weitervererbt wurde. Das läßt vermuten, daß diese Art von Veränderung eine größere Bedeutung für die natürliche genetische Variation und Evolution hat als bisher angenommen," erläutert Coen.

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.