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News: Das Geheimnis im Kuvert

Eine neue kryptographische Methode zum Vergleich vertraulicher Informationen ohne deren Preisgabe wurde von Prof. Moni Naor am Weizmann-Institute entwickelt, gemeinsam mit Dr. Ronald Fagin vom IBM Almaden Research Center in San Jose, Kalifornien, und Dr. Peter Winkler von den Bell Laboratories in Murray Hill, New Jersey.
Die Methode könnte in unterschiedlichsten Situationen zum Einsatz kommen, in denen zwei Parteien herausfinden möchten, ob sie dieselbe Information besitzen, ohne deren Inhalt offenlegen zu wollen.

Ein Beispiel: Zwei Manager stehen vor einem verzwickten Problem. Beide erhielten unter dem Siegel der Vertraulichkeit einen Beschwerdebrief von einem Angestellten. In beiden Fällen bat der Verfasser darum, seine Identität geheimzuhalten. Die Manager würden jedoch gern feststellen, ob es sich um ein und denselben Absender handelt, ohne allerdings dabei die einander Identität des Angestellten preiszugeben.

In diesem Fall würde die Methode, die Envelopes Solution, also Kuvertlösung, getauft wurde, folgendermaßen funktionieren:

1.
Jeder Manager codiert den Namen des Absenders als Code mit fester Wortlänge, der aus Einsen und Nullen besteht, nach einer zuvor bestimmten Methode. Würde man den Buchstaben "b" zum Beispiel als 01 codieren und "o" als 11, dann würde der Name "Bob" im Code als 011101 erscheinen.

2.
Als nächstes bestimmt jeder Manager zwei zufällige Zahlen für jeden Platz in der Ziffernfolge, eine für 0 und eine für 1, und schreibt dann jede Zahl auf einen einzelnen Zettel und plaziert sie in ein Kuvertpaar, das mit 0 und 1 beschriftet wird. Wenn die Sequenz sechs Zahlen lang ist, also sechs Plätze hat, so gibt es nun sechs Kuvertpaare.

3.
Die Manager tauschen ihre Kuverts aus.

4.
Jeder Manager sucht sich aus jedem Kuvertpaar das Kuvert aus, das zu dem Platz in seiner Sequenz paßt. Ist die Sequenz zum Beispiel 011101 (Bob), wählt er das Kuvert mit der Aufschrift "0" aus dem ersten Paar, das Kuvert mit der Aufschrift "1" aus dem zweiten Paar, und so fort bis zum Ende der Sequenz.

5.
Jeder Manager öffnet dann die Kuverts, die er gewählt hat und errechnet die Summe der Zahlen, die in den Kuverts stehen.

6.
Im nächsten Schritt wiederholt jeder Manager die Prozedur mit seinen eigenen Zahlen. Wenn das geschehen ist, addiert er die beiden Summen – die eine, die er aus den Kuverts seines Kollegen erhalten hat, und die Summe, die er aus seinen eigenen Zahlen erhalten hat, zu einer Gesamtsumme.

7.
Nun vergleichen die Manager ihre Gesamtsumme. Wenn sie unterschiedlich sind, können sie daraus schließen, daß sie es mit zwei unterschiedlichen Absendern zu tun haben. Ist die Gesamtsumme beider jedoch identisch, stammt die Beschwerde mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit von ein und derselben Person. Unabhängig vom Ausgang läßt der Vergleich keinen Rückschluß auf die Namen der Personen zu.

Die Kuvertlösung kann digital angewandt werden, ohne daß die beiden Parteien physisch im selben Raum sein müssen. Das resultierende kryptographische Protokoll, gesicherte Funktionsevaluation genannt, kann zur Bewahrung der Privatsphäre und des Datenschutzes in verschiedenen Gebieten eingesetzt werden – von der Kommunikation zwischen PCs über Banktransaktionen bis hin zur Staatssicherheit.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch in dem Artikel "Comparing Information without Leaking it", der Ihnen auf den Internet-Seiten des Weizmann Institute zur Verfügung gestellt wird.

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