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News: Das letzte Puzzleteil?

Unsere Erdkruste ist ein riesiges Puzzlespiel. Zusammengesetzt aus einzelnen Platten, die sich aneinander reiben, aufeinander stoßen oder auseinander streben, verändert sie seit Jahrmillionen langsam, aber stetig ihr Gesicht. Mit viel Mühe versuchen Wissenschaftler, die Lage der Kontinente im Laufe der Zeit zu rekonstruieren. Doch manchmal passen die Teile nicht aneinander, oder es fehlen ein paar. Jetzt haben Forscher in der Antarktis ein Stück entdeckt, dass gleich mehrere Probleme auf einmal zu lösen scheint.
Als Alfred Wegener Anfang des 20. Jahrhunderts seine These von der Kontinentalverschiebung formulierte, nahmen ihn viele nicht ernst. Kontinente, die driften – das war unvorstellbar. Erst Jahrzehnte später griffen Wissenschaftler seine Ideen wieder auf und entwickelten die Grundlagen der Plattentektonik. Demnach besteht die Erdkruste aus einzelnen Platten, die in ständiger Bewegung sind.

Geologen berechnen die Bewegungen der einzelnen Platten und rekonstruieren so dern Verteilung. Dabei gilt: Wenn sich eine bewegt, beeinflusst sie auch die angrenzenden Nachbarn, wie in einem riesigen System aus Zahnrädern. Die Wissenschaftler stehen aber vor mehreren großen Problemen: Sie wissen die genaue Anzahl der Teile nicht, und es ist sehr schwierig, passende Gegenstücke zu finden oder Lücken zu füllen.

Besonders der Südwesten des Pazifischen Ozeans, die Region um das antarktische Rossmeer und das westantarktische Grabensystem bereiten den Wissenschaftlern seit mehr als einem Vierteljahrhundert Kopfzerbrechen. Es gibt verschiedene Vermutungen, wie sich hier die Platten gedreht und bewegt haben sollen. Bei Forschungsreisen in die Antarktis haben Steven Cande und seine Kollegen von der Scripps Institution of Oceanography in San Diego nun ein wichtiges Puzzleteil gefunden. Wie sie am 9. März 2000 in Nature berichteten, begannen die Ost- und Westantarktis vor 43 Millionen Jahren auseinanderzutreiben. Diese Bewegung stoppte offensichtlich abrupt 17 Millionen Jahre später, als der Spalt zwischen ihnen etwa 180 Kilometer breit war.

Die Forscher entdeckten auf ihren drei Reisen in den Jahren 1996 und 1997 einen sehr alten Grabenbruch vor dem Cape Adare. Diese "Adare-Mulde" ist nach Berechnungen des Teams der Trennungsspalt zwischen den beiden Teilen des Kontinents. Wenn die Bewegung der beiden Platten in dem globalen Puzzle berücksichtigt wird, erklärt sie eine bisherige Lücke zwischen der Pazifischen und Australischen Platte. Doch das ist noch nicht alles. Nach Ansicht der Wissenschaftler ist es das letzte fehlende Puzzleteil für diese Region überhaupt. Es betrifft die Geschichte der Verwerfung in den Alpen Neuseelands ebenso wie die Bewegungen zwischen hot spots im pazifischen und indo-atlantischen Ozean. "Die neuen Daten helfen dabei, alles zusammenzufügen", meint Cande.

"Im Laufe der Jahre herrschte großes Interesse daran, die genauen Plattenbewegungen im Gebiet der Antarktis zu kennen, da es der Schlüssel für das Verständnis der Bewegungen zwischen der Pazifischen und der Nordamerikanischen Platte ist und für die Geologie der Ost- und Westantarktis", erklärt Cande.

Der westantarktische Grabenbruch ist eines der größten kontinentalen Grabensysteme der Welt – ein großer Bruder unseres Rheingrabens. Er entsteht durch die Bewegungen entlang der Grenze zwischen der Ost- und der Westantarktis. Da Wissenschaftler bisher nur sehr wenig über das seafloor spreading in dieser Region wussten, konnten sie auch kaum etwas über die Zeit und das Ausmaß der Plattenbewegungen sagen, die den Grabenbruch verursachen.

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