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News: Das Mysterium des Rubinglases

Viele Rätsel der Antike sind noch ungelöst. Das galt auch lange für die Technik der Herstellung von Goldrubinglas, das schon die alten Römer produziert haben. Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Lycurgus-Kelch im Britischen Museum, der bei Tageslicht grünfarben ist, aber von innen beleuchtet rubinrot erscheint. Dass die Rotfärbung durch einen Zusatz von Gold erzeugt wird, ist zwar bekannt, aber die Frage war immer, in welchem chemischen Zustand das Metall zwischen den zwei nötigen Brennvorgängen vorliegt. Die Antwort haben jetzt Münchner Physiker gefunden.
Mit den Römern ging anscheinend auch das Wissen zur Herstellung des Goldrubinglases für längere Zeit verloren. Denn erst im siebzehnten Jahrhundert wurden wieder Glasgefäße mit dieser Technik produziert und fanden dann aufgrund der außergewöhnlichen Erscheinung eine weite Verbreitung. Damals war der Alchimist Johann Kunkel eine Koryphäe auf dem Gebiet der Glasherstellung. Er verhalf dem Goldrubinglas unter dem Brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm zu neuem Ruhm. Das besondere bei diesem Glas ist, das es sich rubinrot färbt, wenn man dem Substrat Goldsalze beimischt und dieses einer doppelten Erwärmung unterzieht. Die heiße Schmelze ist dabei nach dem schnellen Abkühlen auf Zimmertemperatur zunächst noch kein bisschen rot, sondern das Glas färbt sich erst bei einem zweiten Erhitzen auf 500 bis 700 Grad Celsius. Offen blieb bislang die Frage, in welchem chemischen Zustand das Gold in dem farblosen Körper vorliegt, bevor diese zweite Wärmezufuhr die Rotfärbung herbeiführt: Ist es im Glas bereits in der Form von neutralen Goldatomen eingebunden oder als Kationen, die erst durch Reduktion ein Metallgitter erzeugen?

Mit diesem Geheimnis haben sich jetzt Experimentalphysiker von der Technischen Universität München beschäftigt (Nature vom 12. Oktober 2000). Friedrich E. Wagner und seine Kollegen setzten bei ihrer Untersuchung die so genannte Mössbauer-Spektroskopie ein. Dabei werden Feststoffe mit Gammastrahlen beschossen und dann die Resonanzabsorption bestimmter Atome gemessen. Diese Methode kann beispielsweise auch in der Archäologie eingesetzt werden, indem mit ihrer Hilfe antike Brennvorgänge von Keramiken rekonstruiert werden können, um dann eventuell die Ware zu klassifizieren.

Die Münchner Physiker führten Versuchen mit mehreren Gläsern durch. Dabei stellten sie fest, dass das eingemischte Gold in dem farblosen Glas monovalent ist, also in Form von einwertigen Ionen vorliegt, die dann jeweils mit zwei Sauerstoffatomen der Glasmatrix lineare Bindungen eingehen. Die für die rote Farbe verantwortlichen Teilchen auch elementarem Gold bilden sich erst nach dem zweiten Erhitzen. Und die prächtige Färbung muss kein Dauerzustand sein: Als die Forscher ein rotes Glas erneut auf 1400 Grad Celsius erhitzten und abkühlten, verschwand die Farbe spurlos.

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