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News: Das pflanzliche Paläothermometer

"Dieses Baumes Blatt gibt geheimen Sinn zu kosten", würdigte schon Johann Wolfgang von Goethe den Ginkgo-Baum, der aber nicht nur des Dichters Phantasie anregte, sondern auch die Paläontologen inspiriert. In versteinerten Ginkgoblättern erkundeten sie die Spaltöffnungen und fanden heraus, dass Kohlendioxid schon vor 300 Millionen Jahren als Treibhausgas an der globalen Klimaerwärmung beteiligt war.
Die globalen Temperaturen stehen in engem Zusammenhang mit den atmosphärischen Kohlendioxid-Konzentrationen, einem der wichtigsten Treibhausgase. Seit Jahren versuchen Wissenschaftler, mithilfe der Verteilung von Kohlenstoff- oder Sauerstoff-Isotopen in fossilen Böden sowie Meeressedimenten das Klima der geologischen Vergangenheit zu rekonstruieren. Doch dabei treten immer wieder Ungereimtheiten auf. Zum Beispiel sprechen einige Isotopenmessungen dafür, dass in warmen Perioden der CO2-Gehalt und die Temperatur voneinander entkoppelt waren. Greg Retallak von der University of Oregon in Eugene wählte deshalb einen anderen Weg: Er untersuchte die Spaltöffnungen von versteinerten Blättern des Gingko-Baumes.

Ginkgo biloba weist eine besonders lange Ahnenreihe auf, die sich mindestens 150 Millionen Jahre zurückverfolgen lässt. Die fossilen Blätter unterscheiden sich zwar in ihrer Fächerblatt-Form nicht von dem heutigen Laub, stammen jedoch aus unterschiedlichen Erdzeitaltern.

Retallak verglich jeweils die Menge der Stomata, der Spaltöffnungen also, durch die die Pflanzen tagsüber Kohlendioxid (CO2) ein- und Sauerstoff ausatmen. Die Idee des Forschers basierte auf der Tatsache, dass Pflanzen auf einen verminderten Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre mit einer vermehrten Ausbildung von Spaltöffnungen reagieren, um so den reibungslosen Ablauf der Photosynthese sicherzustellen. Wenn anders herum mehr CO2 in der Atmosphäre ist, entwickeln sie weniger Stomata und nehmen weniger des benötigten Gases auf.

Das einfache Zählen der Spaltöffnungen wäre jedoch nicht exakt genug, denn auch Lichtintensität, Feuchtigkeit oder geographische Bedingungen spielen bei der Entwicklung von Spaltöffnungen eine Rolle. Daher untersuchte Retallak auch die Blätter von drei anderen Pflanzenfossilien: Neben Ginkgo biloba zählte er auch die Stomata bei drei älteren, farnartigen Verwandten. Um seine Ergebnisse zu kalibrieren, verglich er sie mit der Anzahl der Stomata heute lebender Ginkgobäume, die er im Treibhaus bei unterschiedlichen Kohlendioxidgehalten wachsen ließ. Und seine Forschungen bestätigten: Die Anzahl an Spaltöffnungen variiert je nach geologischem Alter des Blattes.

So konnte der Paläontologe den CO2-Gehalt der Atmosphäre während der letzten 300 Millionen Jahre rekonstruieren. Retallak vermutet, dass die Unstimmigkeiten, die sich aus den Isotopenmessungen ergeben, ihre Ursache vermutlich in episodischen Methanfreisetzungen am Meeresgrund hatten. Dann wäre die globale Klimaerwärmung eine gemeinsame Folge des Kohlendioxid- und Methangehaltes in der Atmosphäre.

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