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News: Das richtige Mitbringsel

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben sich durchgesetzt gegen hunderttausende Konkurrenten! Ihr Egoismus, Ihre Schnelligkeit und Ihre - pardon - Gase haben Ihnen zum Sieg über alle anderen hoffnungsvollen Spermien verholfen, die mit Ihnen auf dem Weg zur Eizelle waren. Sofern sich der Ablauf bei einer Befruchtung vom Seeigel auf den Menschen übertragen lässt, gibt die eindringende Samenzelle nämlich durch Freisetzen eines Stickstoffgases den Startschuss für die Entwicklung eines Embryos.
Da beschäftigen sich Wissenschaftler mal mit Sex – und dann suchen sie sich dafür ausgerechnet Seeigel aus! Weil die nämlich ihre Spermien und Eizellen einfach ins Wasser abgeben, und weil sich außerdem in der Vergangenheit gezeigt hat, dass es bei Seeigeln so ähnlich abläuft wie bei Menschen. Na ja, zumindest auf der zellulären Ebene.

Das Seeigelspermium trifft kurz vor dem Ziel seiner Träume auf die langsam aufquellende Gallerthülle des Eies. Daraufhin verschmilzt ein kleines, hohles Bläschen in seinem Kopf – das Akrosom – mit der Plasmamembran und schüttet dadurch seinen Inhalt aus. David Epel von der Stanford University und seine Kollegen stellten nun in ihren Experimenten fest, dass während dieser Phase noch mehr geschieht: Die Zelle aktiviert das bis dahin ruhende Enzym Stickstoffmonoxid-Synthase, welches sofort beginnt, große Mengen NO in Gasform zu produzieren (Nature vom 10. August 2000).

Während andere Enzyme den Weg durch die Gallerthülle frei machen, lädt die Synthase die männliche Keimzelle mit Stickstoffmonoxid auf, bis die Membranen des Spermiums und der Eizelle miteinander verschmelzen. Augenblicklich kehrt sich die Membranspannung dabei um, wodurch das Eindringen weiterer Samenzellen verhindert wird. Das Rennen ist damit gewonnen, nun gilt es, die Embryonalentwicklung einzuleiten. Dafür muss eine ganze Reihe biochemischer Reaktionsketten ausgelöst werden. Den Startschuss geben die Stickstoffmonoxid-Synthase und das schon fertige NO-Gas, die beide bei der Membranverschmelzung in die Eizelle gelangen. Das Stickstoffmonoxid veranlasst die Freisetzung von Calcium-Ionen, die wiederum die NO-Synthase aktivieren – ein Kreislauf, der sich selbst verstärkt (Animation, 289 kB). Vom Calcium ist schon lange bekannt, dass es den zweiten Botenstoff in der Signalkette darstellt. Nur welche Substanz den Anfang macht, war den Biologen zuvor nicht klar.

"Wir wissen, dass bei allen Tiereiern während der Befruchtung die Calciumkonzentration ansteigt, genau wie beim Menschen", sagt Epel. "Nun prüfen wir, ob Stickstoffmonoxid bei anderen Arten als Seeigeln ansteigt." Beginnen werden die Forscher mit Kühen und Mäusen. Ihre Hoffnung dabei ist, die Ausbeute bei Klonierungen zu steigern, indem sie Stickstoffmonoxid-Gas zur befruchteten Eizelle geben. Auch an eine kleine Hilfe für die Spermien zeugungsunfähiger Männer denkt Epels Team. Und damit wären sie also doch bei den kleinen menschlichen Problemen angelangt. Denn Seeigel lässt es schließlich kalt, was eigentlich mit ihren Spermien passiert, sobald sie im Wasser entschwunden sind.

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