Direkt zum Inhalt

Megafauna: Das Skelett eines Giganten

Heute leben Seekühe nur noch in warmen Gewässern. Das war nicht immer so, wie ein riesiges Skelett verrät, das auf der russischen Kommandeursinsel ausgegraben wurde.
Skelett einer Stellers Seekuh

Im Juni 1741 begab sich der deutsche Arzt und Naturforscher Georg Wilhelm Steller auf eine abenteuerliche Erkundungsreise von der sibirischen Küste in die Beringstraße und nach Alaska. Während dieser Reise entdeckte und beschrieb er als erster Wissenschaftler einen im Westen bis dahin unbekannten Giganten der Meere: die nach ihm benannte Stellers Seekuh (Hydrodamalis gigas), die bis zu acht Meter lang und mindestens fünf Tonnen schwer werden konnte. Damit übertrifft der Riese seine tropischen Verwandten jeweils um ein Mehrfaches. Steller blieb aber auch der einzige Forscher, der jemals eine lebende Seekuh in den nördlichen Gewässern erblickte. Ihr Gesamtbestand betrug damals vielleicht 2000 Tiere. Übrig geblieben sind weltweit nur 20 Skelette und wenige Hautproben, weshalb es wenigstens für die Wissenschaft ein gewisser Glücksfall ist, dass auf einer der Kommandeursinseln ein weiteres, fast vollständiges Skelett gefunden wurde.

Marina Shitova, eine Mitarbeiterin des Commander Islands Nature and Biosphere Reserve, bemerkte nach Angaben der Forschungsstation (hier weitere Bilder), dass Knochen aus einer steilen Abbruchkante am Ufer ragten. Einige Tage und eine Wetterbesserung später grub sie dann zusammen mit ihrem Team die Knochen aus: Zum Vorschein kam eine praktisch vollständige Wirbelsäule zusammen mit zahlreichen Rippen, einem Schulterblatt, Schulterknochen, Teile der vorderen Gliedmaßen und Hüftknochen. Der Schädel fehlte dagegen leider. Insgesamt war das Tier wohl sechs Meter lang, wie die Forscher anhand der vorhanden und fehlenden Knochen schätzten. Nach Restaurierung sollen die Überreste in einem Besucherzentrum ausgestellt werden, das allerdings erst noch gebaut werden soll.

Stellers Beschreibung der Seekuh ist übrigens sehr beachtlich, denn eigentlich musste er zu dieser Zeit zusammen mit der Crew seines Forschungsschiffs "St. Peter" ums Überleben kämpfen. Während eines Sturms strandete das Schiff am 16. November 1741 an der Beringinsel, wo Kommandeur Vitus Bering einen knappen Monat später auch starb. Mehr als neun Monate war der Rest der Mannschaft dort isoliert, bis es ihr gelang aus den Überresten der "St. Peter" ein neues Boot zu bauen, mit dem die Überlebenden im September 1742 in den Hafen von Petropawlowsk-Kamtschatski zurückkehren konnten. Stellers Seekuh war dagegen ein weniger glückliches Ende beschieden. Innerhalb von nur 27 Jahren rotteten Pelztierjäger die Art rund um die Kommandeursinseln in der Beringstraße aus: Die Tiere lieferten ergiebigen Proviant.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.