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News: Das traurige Ende eines Königs

Midas, König und sagenumwobener Tolpatsch der griechischen Antike, liebte den Luxus, und selbst seine Gruft sollte eine Ewigkeit vom erlesenen Geschmack des Herrschers zeugen und war ganz in edlem Zedernholz gehalten. Was er nicht bedachte war, dass sein Leichnam ein gefundenes Fressen für Fäulnispilze wurde, er also schnell verweste - und mit ihm gleich das ganze schöne Mobiliar.
Rund sieben Jahrhunderte vor Christus herrschte ein König über das griechische Volk der Phygrier, der sich - wenigstens der Sage nach - zeitlebens der Lächerlichkeit preisgab. So äußerte er dem Dionysos gegenüber den törichten Wunsch, dass sich doch bitte alles in Gold verwandele, was er berühre - und fand Gehör. Doch nachdem der dumme König Midas ein paar Bäume und Steine in Gold verwandelt hatte, griff er nach Brot und Braten und musste erkennen, dass er zwar immer reicher wurde, aber gleichwohl bald dem Hungertod zum Opfer fallen würde. Jammernd wandte er sich daraufhin erneut an Dionysos, der sich des Tropfs erbarmte und ihn nach einem Bad im - seither goldführenden - Fluss Paktolos zurückverwandelte. Bald verscherzte es sich Midas noch mit Apollon und musste fortan mit Eselsohren herumlaufen.

Schon bei den Ausgrabungen im türkischen Gordion im Jahr 1957 hatten sich Archäologen gewundert, warum die Gruft des Herrschers aus massivem Zedernholz derart verrottet war, wo doch gerade dieses Holz - das wussten schon die antiken Erbauer - dem Zeitlichen besonders lange widerstand. Zwar ist nicht sicher, dass hier wirklich Midas ruht, doch spricht vieles dafür, beispielsweise auch die prunkvolle Ausstattung mit edlen Möbeln oder dem umfangreichsten Trinkgedeck seiner Zeit überhaupt. Midas war eben König und Connaisseur über den Tod hinaus.

Dort wo das Zedernholz besonders weich war, stießen Timothy Filley von der Carnegie Institution of Washington auf ungewöhnlich hohe Konzentrationen des Stickstoffisotops 15N, was überaus merkwürdig ist, denn im Vergleich zum leichteren 14N, ist das schwere 15N in Pflanzen überaus selten. Menschen und Tiere hingegen reichern das schwere Isotop relativ zu ihrer Umwelt an - und zwar umso mehr, je höher die Stellung in der Nahrungskette. In den Knochen von Midas ließ sich dies leicht nachweisen, hier waren die Konzentrationen des 15N stark erhöht. Die Forscher vermuten sogar, dass die hohen Werte davon zeugen, dass Midas besonders gerne Fleisch aß.

Nur, wie gelangte das Isotop vom König in das Holz? Dafür haben die Forscher nur eine Erklärung: Des Königs Überreste wurden rasch ein gefundenes Fressen für Fäulnispilze. Midas begann dermaßen an zu faulen, dass die Pilze bald auch auf die zählebigen Möbel in der schönen Gruft übergriffen und das schwere Isotop tief in das Zedernholz verlagerten. Überall, wo der König gelegen hatte - oder die Reste der Grillparty aus Anlass seines Todes - war das Holz weitgehend zerstört und die Konzentrationen des schweren 15N-Isotops erhöht. Dort, wo sich im Holz nur wenig 15N fand, fehlte es den Pilzen an Nahrung - und dementsprechend gut war das Holz erhalten.

Die Forscher vermuten sogar, dass sich die Trauerfeierlichkeiten für den toten König so lange hinzogen, dass Midas schon kräftig im Verwesen begriffen war, als er endlich seine ewige Ruhe fand. Deshalb seien beim Hantieren vermutlich Flüssigkeiten aus dem Sarg auf die Einrichtung gekleckert und hätten den Zerfall auch an anderen Stellen in der Gruft in Gang gesetzt. Wie zu Lebzeiten, so hat König Midas auch nach seinem Tod keine gute Figur gemacht.

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