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Weihnachten: Die 11 wichtigsten Fragen rund ums Schenken und Beschenktwerden

Schon ist wieder Weihnachten, das Fest der Liebe und Geschenke. Aber warum schenken wir uns überhaupt etwas? Was passiert dabei im Gehirn? Und machen sich auch Tiere Geschenke?
Ein kleines Mädchen ist unglücklich mit seinem Weihnachtsgeschenk
Missglückte Präsente können die Stimmung verderben oder gar weit reichende negative Folgen für zwischenmenschliche Beziehungen haben. Aber Fakt ist doch: Ein Geschenk bedeutet immer, dass jemand an uns denkt.

Alle Jahre wieder das gleiche Problem: Ganz plötzlich und überraschend ist Heiligabend, und man hat noch kein einziges Geschenk. Freunde, Verwandte und Bekannte müssen alle bedacht werden, denn auch sie suchen bereits fleißig nach passenden Gaben. Ohne angemessenes Gegengeschenk dazustehen, wäre mindestens peinlich – und das schon seit Tausenden von Jahren.

Doch warum tun wir das mit dem Schenken eigentlich? Fest steht: Menschen machen sich schon sehr lange Geschenke, und zwar nach ziemlich festen Regeln. Bereits das älteste Epos der Welt handelt vom Schenken und Beschenktwerden sowie von den sozialen Verpflichtungen und Dilemmata, die damit einhergehen. Denn Schenken ist eine soziale Norm, die alle Arten von zwischenmenschlichen Verbindungen stabilisiert. In diesem Überblick erklären wir, wie das funktioniert, wie man gute Geschenke macht – und wie man ein schlechtes Geschenk möglichst unauffällig wieder loswird.

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Warum machen wir einander überhaupt Geschenke?

Schenken ist ein allgegenwärtiges Phänomen in allen Kulturen und zu allen Zeiten der Menschheit. Es scheint tief in menschlichen Gesellschaften verwurzelt zu sein. Wir festigen damit soziale Bande, zeigen unsere Großzügigkeit und beweisen einander, wie wichtig wir uns sind. Dennoch ist der Akt des Schenkens bei genauerer Betrachtung eine seltsame Sache. Was motiviert uns dazu, etwas abzugeben, ohne dafür eine (materielle) Gegenleistung zu erwarten?

Viele Menschen würden vermutlich sagen, dass es erfüllend ist, jemand anderem eine Freude zu machen. Es geht doch nichts über leuchtende Kinderaugen oder ein von Herzen kommendes »Danke« der beschenkten Person. Das wiederum löst auch beim Schenkenden ein wohlig warmes Gefühl aus. Es werden Glückshormone ausgeschüttet. Allein in dieser Hinsicht ist Schenken also niemals völlig frei von Eigennutz. Die Forschung spricht deshalb auch von psychologischem Egoismus.

Schenken ist nicht nur mit Freude verbunden, es ist auch eine soziale Pflicht und kulturelle Norm

Schenken ist aber nicht nur mit Freude verbunden, es ist auch eine soziale Pflicht und kulturelle Norm. Wer an Weihnachten niemandem etwas überreicht, gehört nicht dazu und schließt sich selbst aus der Gesellschaft aus. Daraus erwächst nicht selten (sozialer) Stress. Das merken kurz vor Weihnachten insbesondere all jene, die noch schnell auf den letzten Drücker in die Geschäfte rennen, um irgendetwas zu besorgen und damit ihre Pflicht zu erfüllen. Was bloß soll man dem Schwiegervater schenken, der doch eigentlich alles hat, oder der Nichte, über die man kaum etwas weiß?

Schenken kann auch Frust erzeugen. Wer einmal erlebt hat, wie es sich anfühlt, das »falsche« Geschenk besorgt oder ein vermeintlich viel besseres oder teureres erhalten zu haben, als man selbst dem anderen gemacht hat, weiß das. Dabei zeigen Studien, dass das perfekte Präsent weder teuer noch besonders kreativ sein muss. Am meisten freuen wir uns, wenn das Gegenüber auf explizit geäußerte Wünsche achtet. Denn: Der gute Wille allein kann ein schlechtes Geschenk allenfalls ein wenig aufwerten, bei willkommenen Präsenten ist es uns dagegen meistens ziemlich egal, was der Schenkende sich dabei dachte.

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Wie alt ist das älteste Geschenk?

Das wohl älteste literarisch überlieferte Geschenk wird zurückgewiesen – und das aus gutem Grund. Einen Wagen aus Lapislazuli und Gold, zusammen mit vielen anderen Gaben, verspricht die Göttin Ischtar dem Helden Gilgamesch, wenn er sie heiratet. Gilgamesch lehnt ab, denn er weiß, mit Ischtars Liebhabern nimmt es gemeinhin ein böses Ende. Das mehr als 4000 Jahre alte Epos zeigt bereits einige Fallstricke des Schenkens: Manche Präsente kommen unerwünscht, teure Gaben legen unlautere Motive nahe, und über allem schwebt die Frage nach der richtigen Gegengabe. Es versteht sich von selbst, dass Gilgameschs Ablehnung für schlechte Stimmung sorgt.

Eine andere literarische Quelle zeigt, wie man in der Bronzezeit schenkte, und zwar keineswegs mythologisch, sondern ganz real. Rund 380 Tontafeln aus dem ägyptischen Fundort Tell-el-Amarna überliefern Briefe der Könige von Babylon an die ägyptischen Pharaonen der 18. Dynastie – und Geschenke, Geschenke, Geschenke. Pferde, Sklaven, Halsketten und Gold sandten die mesopotamischen Herrscher nach Ägypten; vergleichbare Gaben reisten in die Gegenrichtung.

Vermutlich diente der königliche Präsentetausch den guten Beziehungen beider Partner. Doch nicht immer kamen die Geschenke wirklich von Herzen. »Bestimmt hat mein Bruder (der König von Ägypten) die Lieferung vorher nicht kontrolliert, die er mir sandte«, heißt es diplomatisch in einem Brief, in dem der babylonische König darüber klagt, dass sich das geschenkte Gold bei genauerer Kontrolle als goldfarbene, aber wertlose Legierung erwies.

Geschenke im alten Ägypten | Neujahrsflaschen wurden mutmaßlich zum altägyptischen Neujahrsfest verschenkt und waren mit Segensformeln geschmückt. Auf dieser in New York ausgestellten Flasche werden die Götter Montu und Amun-Re gebeten, dem Priester Amenhotep ein frohes neues Jahr zu gewähren.

Aus Ägypten kennen wir auch die ersten tatsächlich überlieferten physischen Geschenke zwischen Privatleuten. Es sind so genannte Neujahrsflaschen – runde Behältnisse, die mit wohlriechenden Substanzen, Ölen oder Wasser des Nils gefüllt waren. Sie wurden mutmaßlich zum altägyptischen Neujahrsfest verschenkt und waren mit Segensformeln geschmückt. Auf einer in New York ausgestellten Flasche werden zum Beispiel die Götter Montu und Amun-Re gebeten, dem Priester Amenhotep ein frohes neues Jahr zu gewähren.

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Welche soziale Funktion hat ein Geschenk?

Jemandem etwas zu schenken, kann zahlreiche soziale Funktionen erfüllen. Genauso, wie es auch viele unterschiedliche Formen des Geschenks gibt – materielle wie immaterielle. Unser Verständnis von den Funktionen des Schenkens beruht im Wesentlichen auf ethnografischen und anthropologischen Forschungen aus dem frühen 20. Jahrhundert, schreibt der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Stauss in seinem Buch »Das perfekte Geschenk«.

So hätten insbesondere die Untersuchungen von Marcel Mauss und Bronislaw Malinowski bei indigenen Völkern auf den pazifischen Inselgruppen Melanesien und Polynesien sowie bei den Indigenen in Nordwestamerika das Forschungsfeld geprägt. Beide beschreiben und erklären Schenken als ein selbsterhaltendes System der Gegenseitigkeit, das primär der Beziehungssicherung dient – darin unterscheidet sich ein Geschenk vorrangig von einem simplen Tauschgeschäft.

Generell kann ein Geschenk ein Weg sein, Liebe, Zuneigung und Wertschätzung auszudrücken. Der US-amerikanische Anthropologe Marshall Sahlins soll dies laut Stauss einmal folgendermaßen auf den Punkt gebracht haben: »If friends make gifts, gifts make friends« (deutsch: Wenn Freunde einander Geschenke machen, machen Geschenke Freunde). Es gibt auch spezielle Ereignisse wie Geburtstage, Hochzeiten oder eben Weihnachten, bei denen Geschenke einerseits sozial erwartet werden, aber andererseits dafür da sind, die Freude über den Anlass zu verstärken.

Geschenke können Dankbarkeit zum Ausdruck bringen für die geleistete Hilfe, Unterstützung oder Freundlichkeit einer anderen Person. Sie können ein Mittel zum Aufbau und zur Pflege von Beziehungen sein, sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Bereich. Dazu gehören etwa Werbe- oder auch Gastpräsente. Manche Menschen machen Geschenke, um Großzügigkeit und Selbstlosigkeit zu vermitteln, andere suchen vor allem nach dem Moment der Freude und Überraschung des Beschenkten.

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Machen sich auch Tiere gegenseitig Geschenke?

Tiere verpacken ihre Präsente zwar nicht in bedrucktem Papier und binden auch keine Schleife darum, aber es gibt einige Verhaltensweisen, die sich als eine Form des Schenkens interpretieren lassen. Die Motivation dahinter ist allerdings nicht immer eindeutig. Die meisten Beispiele betreffen Balz- und Paarungsrituale – es geht also fast immer um Sex. Bei vielen Arten bieten Männchen den Weibchen beispielsweise Nahrung, Nistmaterial oder andere Gegenstände an. Damit machen sie eine potenzielle Partnerin auf sich aufmerksam und demonstrieren die Fähigkeit, für sie zu sorgen.

Die meisten Geschenke im Tierreich betreffen Balz- und Paarungsrituale – es geht also fast immer um Sex

Wenn etwa ein Pinguinmännchen seiner Angebeteten ein Steinchen schenkt, zeugt das von großer Hingabe. In einer Landschaft, die fast ausschließlich aus Schnee und Eis besteht, sind Steine kostbar. Sie werden zudem für den Nestbau benötigt. Die Männchen der Listspinnen, auch Brautgeschenkspinnen genannt, bringen zum ersten Date ein kunstvoll eingewebtes Insekt mit, um die Weibchen von sich zu überzeugen. Während des Geschlechtsakts nascht das Weibchen am Mitbringsel. Nach dem Sex aber entreißt das Männchen ihr sofort das Geschenk, verpackt es neu und versucht damit sein Glück bei der Nächsten.

Manche Vögel bieten anderen während der Brutzeit Nahrung an, möglicherweise um den Gruppenzusammenhalt zu stärken oder einfach aus Gründen der Arbeitsteilung. Auch unsere nächsten biologischen Nachbarn, die Schimpansen, gehen gemeinsam auf Jagd und teilen danach das erbeutete Fleisch.

Geschenke im Tierreich | Ein männlicher Eselspinguin (Pygoscelis papua) verschenkt einen Kieselstein, um seine Angebetete für sich zu gewinnen.

In den meisten Fällen findet der Austausch von Geschenken nur innerhalb der eigenen Spezies statt. Eine bekannte Ausnahme von dieser Regel machen Katzen. Diese bringen ihrem Besitzer gelegentlich eine halb tote Maus – den Liebesbeweis weiß allerdings nicht jede(r) zu schätzen. Auch Delfine sind bereits dabei beobachtet worden, wie sie Menschen, von denen sie zuvor über einen längeren Zeitraum gefüttert wurden, Seetang, Schwämme oder auch kleine Fische überreichen.

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Was ist ein gutes Geschenk?

Der Grund, warum Schenken so schwierig ist, liegt in einem Interessenkonflikt zwischen Schenkendem und Beschenktem. Wer schenkt, hofft bewusst oder unbewusst auf eine positive Reaktion – etwa große Freunde oder angemessenes Erstaunen. Wer das Geschenk erhält, hofft dagegen auf dauerhaften Nutzen, der sich gemeinhin nicht so sehr im Moment der Geschenkübergabe äußert. Das Ergebnis sind kreative, lustige und vor allem komplett nutzlose Geschenke, merklich gedämpfte Begeisterung bei den Beschenkten und Selbstzweifel bei den Schenkenden.

Gute Geschenke sind eben nicht solche mit Wow-Effekt, sondern – wenig überraschend – die, die im Alltag funktionieren. So macht ein Gutschein für ein Luxusrestaurant was her; aber möglicherweise liegt es weit weg, ist schwer zu reservieren und man kann nicht in normalen Klamotten hingehen. Die meisten Menschen sind wohl glücklicher mit einem Gutschein für das kleine Restaurant am Ende der Straße, in das sie immer schon mal wollten.

Und das bereits deswegen, weil dies ein wichtiges Kriterium guter Geschenke ist: Sie führen dazu, dass man sich von der anderen Person gesehen und verstanden fühlt. Ein solches Geschenk greift zurück auf den Ursprung des Schenkens selbst, eine positive Bindung zwischen zwei Personen zu erzeugen. Sie sind Ausdruck einer sozialen Beziehung, haben eine zwischenmenschliche Funktion.

Sogar ein Paket Unterhosen kann ein wunderbares Geschenk sein – wenn sie zum Beispiel genau die spezielle Art Bündchen haben, die die Person bevorzugt

Das kann man auf verschiedenen Wegen erreichen. Sogar ein Paket Unterhosen kann ein wunderbares Geschenk sein – wenn sie zum Beispiel genau die spezielle Art Bündchen haben, die die Person bevorzugt und wonach sie bereits lange vergeblich gesucht hat. Ein gutes Geschenk ist eines, das die Empfängerin oder der Empfänger braucht, ob materiell oder emotional. Das beurteilen zu können, ist die eigentliche Leistung des Schenkenden. Womöglich ist das auch der Grund, warum so viele Menschen übermäßig teure Geschenke kaufen: aus schlechtem Gewissen, dieses Sehen und Verstehen nicht leisten zu können.

Um dem abzuhelfen, empfehlen Fachleute, sich auch auf Sentimentalität einzulassen. Ein gerahmtes Foto zum Beispiel erinnert an besondere gemeinsame Momente. Ein weiteres bekanntes – und von Fachleuten sehr empfohlenes – Prinzip lautet, Erlebnisse zu schenken. Ob gemeinsam mit der Person oder für sie und ihren Partner, ist egal; kaum ein Typ von Geschenken ruft so positive Gedanken an den Schenkenden hervor. Man sollte sich allerdings vorher vergewissern, dass die Person, die die Ballonfahrt bekommt, nicht zufällig Höhenangst hat.

Wichtig ist dabei vor allem, dass der Schenkende sich Gedanken macht. Im Grunde schenkt man also keinen Gegenstand, sondern Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse und Wünsche der anderen Person. Ja, das ist ziemlich schwierig. Deshalb ist es keine Schande, Wunschlisten auszutauschen – Forschungen zeigen, dass Überraschung ein Geschenk nicht besser macht und sich Menschen viel mehr über etwas freuen, was sie wirklich brauchen. Eine sorgfältig zusammengestellte Wunschliste ist außerdem selbst ein willkommenes Geschenk. Denn sie reduziert den Stress in der Vorweihnachtszeit ganz erheblich – und wer wünscht sich das nicht?

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Macht Schenken glücklicher als Beschenktwerden?

Kurz gesagt: Es kommt darauf an. Während zwar prinzipiell in beiden Fällen Freude und gespannte Aufregung empfunden wird, kann die Zeit vor der Geschenkübergabe beim Schenkenden auch Stress- und Angstgefühle hervorrufen. Was, wenn das Geschenk nicht gefällt oder als zu mickrig wahrgenommen wird? Solche negativen Reaktionen können all die positiven Gefühle zunichtemachen. Umgekehrt kann es auch enttäuschend für den Beschenkten sein, etwas auszupacken, was überhaupt nicht gefällt. Dennoch zeigt sich in verschiedenen Experimenten mit Erwachsenen wie Kleinkindern, dass Schenken wohl generell glücklicher macht, als beschenkt zu werden.

Lara B. Aknin und ihre Kollegen von der kanadischen Simon Fraser University machten in einem Experiment im Jahr 2012 Kleinkinder zunächst mit einem Kuscheltier bekannt, bevor die jungen Probanden Süßigkeiten bekamen. Der Plüschaffe erhielt ebenfalls eine Leckerei, die der Versuchsleiter scheinbar zufällig gefunden hatte. Anschließend wurden die Kinder gebeten, dem Affen eine weitere vom Versuchsleiter gefundene Süßigkeit zu überreichen. In einem letzten Schritt sollten sie dem Kuscheltier eine ihrer eigenen Süßigkeiten abgeben. Dabei wurden die kleinen Teilnehmer von unbeteiligten Beobachtern als glücklicher eingeschätzt als in allen anderen Teilen des Experiments.

Und auch bei Erwachsenen gilt: Wenn wir Geld für jemand anderen als uns selbst ausgeben – sei es, indem wir für wohltätige Zwecke spenden oder einem geliebten Menschen etwas schenken –, werden Teile des Gehirns aktiviert, die für die Verarbeitung sozialer Informationen und das Empfinden von Freude zuständig sind. In einer Studie, die von Forschenden der Universität Lübeck und der Universität Zürich geleitet wurde, gaben die Forscher 50 Personen je 100 Schweizer Franken und wiesen die Hälfte von ihnen an, sich von dem Geld selbst etwas zu kaufen, während die andere Hälfte es in den nächsten vier Wochen für jemand anderen ausgeben sollte. Sie fanden heraus, dass diejenigen, die das Geld für andere Menschen ausgaben, sich anschließend großzügiger und fairer verhielten und nach dem Experiment ein höheres Maß an Glück empfanden.

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Wie teuer darf ein Geschenk sein?

Auch wenn kleine, kreative und sentimentale Geschenke theoretisch ganz oben in der Weihnachtsgeschenke-Hierarchie stehen – dieser Weg eignet sich nicht für alle. Nicht jeder ist kreativ und gefühlig. Zudem ist die Enttäuschung beim Schenkenden größer, wenn der Beschenkte die vielen Stunden Arbeit, die in die selbst gehäkelten Topflappen geflossen sind, nicht zu schätzen weiß. Und manchmal kann man die großen, teureren Dinge einfach ganz gut gebrauchen.

Aber Studien zeigen auch die Fallstricke teurer Geschenke. So hängt über Geschenken immer die Drohung der Reziprozität. Wer etwas sehr Teures schenkt, schenkt womöglich vor allem mit der Sorge, nichts Angemessenes zurückgeben zu können.

Liebevoll selbst gemacht | Geschenke müssen nicht immer groß und teuer sein. Wenn das kleine Geschenk einen sentimentalen Wert hat, kommt es oftmals besser an als die kostspielige Smartwatch.

Eine weitere Falle ist, dass Schenkende sich für ihr Geschenk natürlich Wertschätzung erhoffen – und womöglich umso mehr, je teurer das Geschenk war. Doch das funktioniert nicht; Preis und Begeisterung hängen nicht direkt zusammen. Tatsächlich können übermäßig teure Geschenke auch Misstrauen hervorrufen und den Empfänger verborgene Motive vermuten lassen. Das gilt vor allem für materielle Gegenstände, die Luxus vermitteln: Was nach Geld aussieht, riecht nach Käuflichkeit.

Dagegen ist dieser Misstrauenseffekt bei Geschenken für Erfahrungen und Erlebnisse deutlich weniger ausgeprägt. Der Gutschein fürs Luxus-Spa mag so viel kosten wie eine edle Smartwatch, doch er ist nicht mit dem gleichen Ballast behaftet und wird mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit ehrliche Freude hervorrufen. Vorausgesetzt, man schweigt über den Preis.

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Was passiert beim Schenken im Gehirn?

Sowohl der Schenkende als auch der Beschenkte erfahren dabei eine Aktivierung des so genannten mesolimbischen Belohnungssystems. Dieses System spielt eine wichtige Rolle für unsere biologische Wahrnehmung von Freude, Lust und Motivation. Dabei werden Botenstoffe wie Oxytozin und Dopamin ausgeschüttet, die ein Gefühl der Verbundenheit und Bindung fördern. Wer ein Geschenk erhält, spürt zudem Dankbarkeit. Bestimmte Hirnregionen wie der anteriore zinguläre Kortex und der mediale präfrontale Kortex sind dabei besonders aktiv. Letzterer spielt auch eine Rolle dabei, die Bedeutung von sozialen Interaktionen zu bewerten. Positive Emotionen wie Freude und Glück vermittelt unter anderem die Amygdala, ein aus 13 Einzelkernen bestehender, zentral in den beiden Temporallappen gelegener Bereich. Was im Gehirn passiert, wenn man Geschenke gibt und empfängt, gleicht also einem wahren Feuerwerk der Gefühle.

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Schenken Männer und Frauen anders?

Frauen schenken mehr als Männer, und sie verwenden deutlich mehr Zeit dafür, Geschenke zu suchen, zu besorgen oder zu erstellen. Das wird vor allem an Weihnachten deutlich. Laut etlichen Befragungen machen sich Frauen im Schnitt früher im Jahr Gedanken um passende Geschenke und beginnen auch eher mit dem Einkauf. Sie sorgen dafür, dass alle bedacht werden und übernehmen den Großteil der rituellen und vorbereitenden Aktivitäten wie Dekorieren und Verschicken. Daran hat sich trotz der zunehmenden Berufstätigkeit von Frauen in den zurückliegenden drei Jahrzehnten nichts geändert.

Auch haben Männer und Frauen eine unterschiedliche Einstellung zum Schenken. Männer verbinden dies mehr mit Begriffen wie »stressig« oder »eine Verpflichtung«. Frauen tun dies laut eigener Aussage überwiegend gerne und empfinden selbst Freude dabei, Geschenke auszuwählen und zu überreichen. Warum die Geschlechter sich hier gemäß gängiger Stereotype verhalten und diese so hartnäckig sind, ist allerdings unklar.

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Wie umweltfreundlich ist Schenken?

Machen wir uns nichts vor: Weihnachten ist ein Konsumrausch. Mehr als 500 Euro gibt laut Statistik jede(r) Deutsche im Durchschnitt für Geschenke aus. Und damit auch für Verpackung, Energie, Hilfsstoffe, verschmutztes Wasser und viel, viel Kohlendioxid. Andererseits ist das der Normalzustand in der Konsumgesellschaft. Drei Aspekte allerdings unterscheiden den Weihnachtskaufrausch vom durchschnittlichen Einkaufsbummel. Erstens nämlich kauft man oft größer, besser und neuer, als man es – und ebenso der Beschenkte – für sich selbst tun würde. Denn die Erwartungshaltung ist meist: je teurer und ausgefallener, desto begeisterter der Empfänger.

Ein enorm großer Anteil der Geschenkeflut an Weihnachten ist unnütz, unerwünscht, unbrauchbar

Zweitens ist ein enorm großer Anteil der Geschenkeflut unnütz, unerwünscht, unbrauchbar. Das reicht vom funktionslosen Weihnachtsnippes über nie getragene Hemden bis hin zu seltsamen Küchengeräten, deren Funktion sich darauf beschränkt, Schubladen zu verklemmen. All diese Produkte kosten Ressourcen, verursachen Verpackungsmüll und landen schließlich im Abfall – für nichts. Es gibt Möglichkeiten, die Schrottflut zu vermeiden, zum Beispiel mit Gutscheinen für schöne Erlebnisse. Doch oft siegt der Impuls, einen tatsächlichen Gegenstand zu überreichen statt nur ein bedrucktes Stück Papier.

Drittens kommen Weihnachtsgeschenke in einer zusätzlichen Bonusverpackung. Und Bonusverpackungen sind vor allem Bonusmüll. 2022 verbrauchte jede Person in Deutschland durchschnittlich 212 Kilogramm Papierprodukte. Wie viel davon Geschenkpapier ist, lässt sich bestenfalls schätzen. Ein Kilo neues Papier erfordert rund 50 Liter Wasser und fünf Kilowattstunden Energie; Recyclingpapier immer noch etwa die Hälfte davon. Wer dieser Tage Geschenke verpackt, kann selbst rechnen: der eigene Verbrauch mal 83 Millionen. Da kommt einiges zusammen.

Viel Müll nach der Bescherung | Geschenkpapier ist oft nicht einfach nur Papier – sondern aufwändig verarbeitet und womöglich metallisch-glänzend beschichtet. Je ausgefallener das Papier, desto umweltschädlicher in der Regel seine Herstellung.

Zudem ist Geschenkpapier oft nicht einfach nur Papier – sondern aufwändig verarbeitet und womöglich metallisch beschichtet. Je ausgefallener das Papier, desto umweltschädlicher ist in der Regel seine Herstellung und umso schlechter das Potenzial zum Recyceln. Aus Umweltgründen wäre es vermutlich am sinnvollsten, die Geschenke in Toilettenpapier einzupacken. Das kann man ohne größeren Aufwand sinnvoll weiterverwenden: Falls man dringend welches braucht, ist man dankbar für jedes Blatt.

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Wie geht man mit schlechten Geschenken um?

Es ist leider so: Nicht alle haben eine Vulkanspalte im Garten, die schreckliche Schlipse, unpassende Kosmetik oder die Autobiografie von Prinz Harry schmerzfrei und rückstandslos verschwinden lässt. Mit unerwünschten Geschenken und ihren Schenkenden müssen wir umgehen. Denn schlechte Geschenke passieren.

Missglückte Präsente können die Stimmung verderben oder gar weit reichende negative Folgen für zwischenmenschliche Beziehungen haben. Dabei sind die Gründe oft allzu banal. Wir waren alle schon mal im Stress, haben Dinge missverstanden oder Sachen schlecht ausgewählt. Deswegen ist es klug, Erwartungsmanagement zu betreiben. Unter dem Weihnachtsbaum wird keine Sensation liegen – darüber sollten wir nicht enttäuscht sein und von Anfang an versuchen, das Positive zu sehen: Ein Geschenk bedeutet vor allem, dass jemand an uns denkt. Wenn auch nicht immer mit durchschlagendem Erfolg.

Vermeiden sollte man, das unerwünschte Geschenk ausdrücklich zu loben. Womöglich fällt die Lüge später auf, wenn man den rosa Strickpulli mit den grünen Punkten praktisch nie trägt

Vermeiden sollte man, das unerwünschte Geschenk ausdrücklich zu loben. Womöglich fällt die Lüge später auf, wenn die schenkende Person zum Beispiel mitbekommt, dass wir den rosa Strickpulli mit den grünen Punkten praktisch nie tragen. Vor allem aber besteht dann die Gefahr, etwas Derartiges nächstes Jahr noch einmal zu bekommen.

Eine gute Möglichkeit, mit schlechten Geschenken umzugehen, ist, das Entgegennehmen von Geschenken selbst in ein Geschenk zu verwandeln. Schließlich geht es beim Geschenk nicht primär um den materiellen Wert, und auch nicht allein um den Nutzen. Auch wenn man das Geschenk selbst nicht loben kann oder sollte: Etwas Nettes über die Mühe, die in den schrecklichen Weihnachtsstrickpulli geflossen ist, oder auch nur über das Geschenkpapier lässt sich immer formulieren. Und schon wenige freundliche Worte können eine Schenkkatastrophe für beide Seiten abwenden.

Wie aber wird man unerwünschte Geschenke unauffällig wieder los? Es fällt sicherlich irgendwann auf, wenn man die merkwürdigen Pantoffeln nicht trägt. Möglicherweise bleiben sie im Müll nicht lange unentdeckt. Und auch im Keller könnte die schenkende Person die Schlappen wiederfinden und beleidigt sein – zumindest wenn sie im gleichen Haushalt lebt. Selbst wenn man das Geschenk tief im Wald vergräbt, kommt bestimmt ein Hund vorbei und gräbt es wieder aus … So lautet die sowohl ökologisch als auch sozial am wenigsten verwerfliche Methode vermutlich, die Fehlschenkung bei nächster Gelegenheit weiterzuschenken – geteiltes Leid ist halbes Leid.

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