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News: Das Zeug für neue Sterne

Rund um die Scheibe der Milchstraße erstreckt sich eine Region dünnen Gases, das galaktische Halo. Dieses Reservoir an Materie steht in einem regen Austausch mit dem Sternen-übersäten Teil der Galaxis. Es liefert den Wasserstoff für neue Sterne und nimmt schwerere Elemente auf, die bei Sternexplosionen ausgeschleudert werden. Wie neue Beobachtungen mit modernsten Teleskopen zeigen, gibt es im Halo anscheinend verschiedene Gaswolken mit unterschiedlichen Anteilen an diesem Spiel vom Geben und Nehmen.
Vor gut 35 Jahren haben Wissenschaftler in dem galaktischen Halo, das unsere scheibenförmige Milchstraße umschließt, seltsame Gaswolken entdeckt, die mit hoher Geschwindigkeit durch den Weltraum rasen und nicht im harmonischen Gleichtakt mit dem Rest der Galaxis rotieren. Doch mit den damaligen technischen Möglichkeiten vermochten sie nicht, deren Entfernung genau zu bestimmen oder die Bedeutung dieser sogenannten Hochgeschwindigkeitswolken zu erkennen.

Das deutsch-amerikanische Weltraumteleskop ORFEUS, das auf dem Wissenschaftssatelliten ASTRO-SPAS 14 Tage in einer erdnahen Umlaufbahn den Himmel musterte, brachte nun ein wenig Licht in das Dunkel. Wissenschaftler um Michael Grewing und Klaus Werner von der Eberhard-Karls-Universität Tübingen sowie Philipp Richter und Klaas S. de Boer von der Universität Bonn werteten Absorptionsspektren aus, mit denen ORFEUS die Zusammensetzung einer Hochgeschwindigkeitswolke in Richtung der Magellanschen Wolken analysiert hat (Nature vom 25. November 1999). Die Forscher fanden zum ersten Mal molekularen Wasserstoff im Halo. Diese Verbindung ist zwar das häufigste Molekül im Weltall, doch können zwei Wasserstoffatome nur dann zu dem Molekül reagieren, wenn Staubkörner aus Silikaten oder Graphit als Katalysator zur Verfügung stehen. Demzufolge müssen also auch schwere Elemente im Halo vorkommen.

Nach dem Modell der "Galaktischen Fontäne" gelangen die schweren Elemente zusammen mit Gasen bei Supernovae-Explosionen in das Halo. Dort kühlt das Material ab, verdichtet sich zu Wolken, in denen molekularer Wasserstoff entsteht, und fällt wieder auf die Milchstraße zurück.

Doch nicht alle Hochgeschwindigkeitswolken enthalten derartig angereicherte Gase. Ein anderes Astronomenteam um Bart P. Wakker von der University of Wisconsin-Madison hat mit großen erdgebundenen sowie dem Hubble-Weltraumteleskop eine andere Wolke untersucht, die 10 000 bis 40 000 Lichtjahre über der Milchstraßenebene liegt (Nature vom 25. November 1999).

Befänden sich nur Gaswolken aus der "Galaktischen Fontäne" im Halo, müßte der Anteil schwerer Elemente in jungen Sternen größer als bei alten sein. Das trifft jedoch nicht zu. Stattdessen füllt ein Gasregen den Wasserstoffvorrat unserer Milchstraße nach, der nach den Ergebnissen von Wakker "niemals zuvor in der Milchstraße gewesen ist..." Die Materie scheint vielmehr von außerhalb zu kommen. Die Frage nach dem "Woher?" bleibt allerdings nach wie vor unbeantwortet. Es könnte sich um Überreste aus der Bildungszeit der sogenannten "Lokalen Gruppe" von Galaxien handeln oder um Gasmengen, die von der Gravitation der Milchstraße angezogen, vielleicht sogar vorbeiziehenden Galaxien "gestohlen" werden.

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