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Insektizid DDT: Ein Gift, das über Generationen wirkt

Frauen, deren Großmütter dem Insektengift DDT ausgesetzt waren, sind häufiger fettleibig als andere. Auch haben sie früher die erste Periode. Ein möglicher Grund dafür könnten Erbgutveränderungen sein.
Moskitos, die Krankheiten wie Malaria oder Denguefieber auslösen, sollen durch Insektizide abgetötet werden.

Das Pestizid DDT beeinträchtigt die Gesundheit von Frauen über mehrere Generationen hinweg: Wurde die Großmutter während der Schwangerschaft dem Insektengift ausgesetzt, hat ihre Enkeltochter heute ein höheres Risiko für Fettleibigkeit. Das haben Forscherinnen des US-amerikanischen Public Health Institute im Fachblatt »Cancer Epidemiology, Biomarkers & Prevention« berichtet. Die von ihnen untersuchten Enkelinnen DDT-belasteter Frauen waren bis zu dreimal häufiger fettleibig als der Durchschnitt und hatten zudem häufiger ihre Periode früh, spätestens aber mit elf Jahren bekommen.

DDT wirkt ähnlich wie das körpereigene Hormon Östrogen. Es steht damit außerdem im Verdacht, die Entstehung von Brustkrebs zu begünstigen – nicht nur bei jenen, die damit in Kontakt kommen, sondern auch bei deren Töchtern. Das hatte das Team um Studienleiterin Barbara Cohn in einer früheren Studie festgestellt. Angesichts der neuen Erkenntnisse vermuten sie nun, dass auch bei den Enkelinnen das Risiko für Brustkrebs erhöht ist.

Über mehrere Jahrzehnte hatten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gut 20 000 Frauen und ihre Familien begleitet. Zwischen 1959 und 1967 rekrutierten sie die Schwangeren in und um San Francisco. In jedem Trimester der Schwangerschaft sowie einmalig kurz nach der Geburt nahmen sie den Frauen Blut ab und untersuchten es auf DDT und verwandte Stoffe. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Töchter und später die Enkeltöchter nach Größe, Gewicht und erstmaligem Einsetzen der Menstruation gefragt.

Auf welche Weise das Insektengift generationenübergreifend wirkt, ist noch nicht im Detail erforscht. Vermutlich hat es bei den Großmüttern epigenetische Veränderungen im Erbgut hervorgerufen, die an die Folgegenerationen weitergegeben wurden. Dabei ändert sich nicht der genetische Code selbst, stattdessen heftet die Zelle bestimmte Molekülgruppen an die entsprechende Stelle im Erbgut. Diese Moleküle bestimmen darüber, wie die Zelle das Gen abliest. Die genauen Mechanismen einer solchen epigenetischen Vererbung stellen die Forschung allerdings immer noch vor Rätsel.

Das Pestizid Dichlordiphenyltrichlorethan, kurz DDT, wurde seit den 1940er Jahren weltweit zur Bekämpfung von Insekten verwendet. Besonders in den 1960er Jahren war DDT in der Landwirtschaft beliebt. In der Folge waren viele Menschen den Chemikalien ausgesetzt. Das Insektengift wurde in den USA bis Anfang der 1970er Jahre eingesetzt, in Deutschland ist es seit 1977 verboten. Auch heute ist das Gift in einigen Ländern noch im Einsatz, wie etwa in Indien zur Malariabekämpfung.

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