Demenz: Seltene Mutation schützt womöglich vor Alzheimer

Manche Menschen bleiben bis ins hohe Alter geistig fit und erkranken nie an Alzheimerdemenz. Was ist ihr Geheimnis? Eine Antwort auf diese Frage könnte eine seltene Mutation in den Mikroglia liefern; das sind spezielle Immunzellen, die das Gehirn vor Krankheitserregern und schädlichen Abfallprodukten schützen. Sie sorgt womöglich dafür, dass die Zellen auch unter widrigen Umständen ihre Aufgabe noch gut erfüllen können. Darauf deutet zumindest eine Studie hin, die ein Team um Mengmeng Jin von der Rutgers University in New Brunswick im Fachmagazin »Nature Neuroscience« veröffentlichte.
Die Gruppe schaute sich die Mutation mit der Bezeichnung CSF2RB A455D näher an, die bei einigen wenigen Menschen mit Downsyndrom in den Mikroglia vorkommt. Personen mit Downsyndrom haben eigentlich ein sehr hohes Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Oft setzen hier die ersten Symptome zudem schon relativ früh im Leben ein, mit 50 oder 60 Jahren.
Das hängt damit zusammen, dass bei ihnen das 21. Chromosom dreimal statt zweimal vorliegt. Auf diesem Chromosom befindet sich auch das Gen, das für das Vorläuferprotein von Beta-Amyloid kodiert: einem jener Proteine, die sich bei der Alzheimerkrankheit in größeren Mengen im Gehirn ablagern und mit dem kognitiven Abbau in Zusammenhang gebracht werden. Durch die dreifache Kopie – so die Hypothese – produziert der Körper einfach deutlich mehr Beta-Amyloid.
Dass manche Menschen mit Downsyndrom vor einer Demenz dennoch bis zu einem gewissen Grad gefeit sind, könnte mit CSF2RB A455D zusammenhängen, mutmaßten Jin und ihr Team. Um ihre Hypothese zu testen, statteten sie deshalb im Labor Mikroglia von menschlichen Spendern mit der Mutation aus und platzierten sie dann im Gehirn von Mäusen. Dort konnten die Immunzellen schädliche Proteine besser entfernen und so die Nervenzellen schützen. Außerdem lösten sie weniger Entzündungsreaktionen aus.
Während menschliche Mikroglia ohne die Mutation im Mäusehirn ihre Arbeit in Gegenwart von Alzheimerproteinen im Lauf der Zeit immer schlechter verrichteten, büßten die mutierten Mikroglia kaum an Effizienz ein. Das galt vergleichbar auch für solche Immunzellen, die nicht von Menschen mit Downsyndrom stammten.
Die Autoren hoffen, dass sich aus den Erkenntnissen neue Ansätze für Alzheimertherapien ableiten lassen. Solche Behandlungen könnten dann zum Beispiel nicht wie bisher darauf abzielen, toxische Proteinansammlungen im Gehirn zu verhindern oder direkt zu bekämpfen, sondern stattdessen darauf setzen, das eigene Immunsystem fit gegen die Krankheit zu machen.
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