Direkt zum Inhalt

News: Den eigenen Strick gedreht

Raupen sind hungrig und verfressen. Sie stürzen sich auf das Blattwerk und verschlingen gierig das Gewebe, ohne Rücksicht auf die Pflanzen. In ihrer Not senden diese ein chemisches Signal aus, das Wespen zu Hilfe ruft. Ironischerweise sind die Raupen selbst an der Produktion des chemischen Botenstoffes beteiligt: Erst durch ihren Fraß fällt der Startschuß für die Freisetzung des Duftstoffes.
Schon seit längerem ist bekannt, daß einige Pflanzen – wie zum Beispiel Mais und Baumwolle – bei Insektenbefall die chemische Alarmglocke läuten. Die Details dieser chemischen Kaskade lagen jedoch bislang im dunkeln. So war den Wissenschaftlern nicht klar, ob Volicitin von der Pflanze selbst oder vom Insekt produziert wird. Diese Chemikalie bewirkt, daß die Pflanze den Wespenlockstoff ausstößt.

P.W. Paré, H.T. Alborn und J.H.Tumlinson vom US Department of Agriculture in Gainesville ließen Maispflänzchen in abgschlossenen Kammern wachsen (Proceedings of the National Academy of Sciences vom 10. November 1998, Abstract). Dabei verfolgten sie den Weg radioaktiver Kohlenstoffisotope, die aus der Luft in die Pflanze und schließlich in die Insekten gelangten. Nachdem die Raupen sich an den Pflanzen gütlich getan hatten, entnahmen die Forscher Speichelproben und untersuchten, ob die Insekten Verbindungen zu Volicitin umgesetzt hatten. Ihrer Analyse zufolge fügten die Kerbtiere – oder aber Bakterien in deren Darm – tatsächlich eine Aminosäure und eine Hydroxylgruppe an die Linolensäure aus der Pflanzenkost. Die Insekten synthetisierten also tatsächlich das Volicitin.

Diese Erkenntnis könnte von Bedeutung bei der chemischen Schädlingsbekämpfung sein, zumal domestizierte Baumwolle weniger Wespenlockstoffe ausströmt als die Wildform. Warum die Insekten allerdings an ihrer eigenen Vernichtung mitarbeiten, bleibt ein Rätsel. "Vielleicht ist die chemische Modifikation aus irgendeinem Grund notwendig für die Insekten", vermutet Paré.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.