Direkt zum Inhalt

News: Den Viren keine Chance

Ein schwer zu fassender, aber mächtiger Blutfaktor - berühmt dafür, den Ausbruch von AIDS hinauszuzögern - könnte gefasst sein. Doch ob das Dreierkonglomerat tatsächlich der Gesuchte ist, bleibt weiterhin zweifelhaft.
Bild
Warum nur bleiben manche HIV-Infizierte mehr als zehn Jahre symptomlos und können dem Angriff der Viren so erfolgreich trotzen? Eine Frage, die Forscher schon seit Jahren beschäftigt – schließlich weckte sie die Hoffnung, dass es einen Weg geben könnte, den verantwortlichen Mechanismus abzuschauen und den Viren damit in anderen Infizierten zu begegnen.

So begannen auch Jay Levy von der University of California in San Francisco und seine Kollegen bereits vor nunmehr 16 Jahren, nach den verantwortlichen Faktoren im Körper der widerstandsfähigen Patienten zu suchen. Dabei machten sie die Entdeckung, dass ein bestimmter Typ von Immunzellen eine entscheidende Rolle spielt. Denn die so genannten CD8-T-Zellen produzieren ein kleines, unbekanntes Protein, das die Abwehr gegen die tödlichen Viren verstärkt. Patienten, die kein CAF – den so genannten CD8-antiviralen-Faktor – produzieren, erkranken wesentlich schneller.

1995 meinte Robert Gallo, die Identität der mysteriösen Proteine gelüftet zu haben. Er und sein Team gaben bekannt, dass es sich um eine Sammlung von mindestens drei Chemokinen handele, kleine Proteine, die das Verhalten von Immunzellen ändern können. Später zeigte sich, dass die HI-Viren die von Chemokinen gebundenen Proteinrezeptoren für ihren überfallartigen Eintritt in die Immunzellen nutzen.

Linqi Zhang und David Ho vom Aaron Diamond Center in New York City genügte diese Aussage allerdings nicht. Denn die von Gallo aufgespürten Chemokine blockierten zwar eine wichtige Klasse von HI-Viren, die an den Chemokinrezeptor vom Typ CCR5 binden, jedoch nicht diejenigen Viren, die sich über den Rezeptor CXCR4 Eintritt in die Immunzellen verschafften. Und so suchten sie mithilfe von Proteinchips nach weiteren möglichen Kandidaten.

Der Proteinvergleich zwischen Patienten mit verlangsamtem und normalem Krankheitsverlauf offenbarte ein weiteres Trio kleiner Proteine namens alpha-Defensin 1, 2 und 3. Gereinigte Versionen dieser Proteine erwiesen sich in der Zellkultur als äußerst schlagkräftig: Hier konnten sie sowohl HI-Viren vom Typ X4 als auch vom Typ R5 daran hindern, in menschliche Zellen einzudringen.

Wie die Proteine dabei genau zu Werke gehen, ist noch unklar. Sicher ist hingegen, dass sie wie Antibiotika kleine Löcher mit großer Wirkung in die Membran von Bakterienzellen bohren können. Anhand ihrer Ergebnisse in der Zellkultur spekulieren die Forscher darauf, mit den Defensinen die vielversprechendsten Kandidaten für den mysteriösen CAF gefunden zu haben.

Einig ist sich die Fachwelt darüber allerdings nicht. Gallo etwa ist nicht überzeugt, dass die Defensin-Proteine alleine für die Wirkung verantwortlich gemacht werden können. "Das wäre absurd", sagt er. Auch Levy, der schon vor sechzehn Jahren den Verdächtigen auf der Spur war, hegt Zweifel. Für ihn sind weder Chemokine noch Defensine potent genug, um die Wirkung von CAF zu erklären. Welche Forschungsgruppe nun Recht behält, wird wohl erst die Zukunft weisen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.