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News: Depressionen im Alter - Gläubigkeit hilft

Je stärker der religiöse Glauben eines Menschen ist, desto schneller erholt er sich von einer Depression. Dies zeigt eine neue Studie über die gesundheitlichen Auswirkungen der Religiosität auf kranke, ältere Patienten. Insbesondere ist dies der Fall, wenn der Patient invalide oder chronisch krank war.
An der Studie von Forschern der Duke University waren 87 an Depressionen leidende Patienten beteiligt, die wegen Herzerkrankungen oder Schlaganfall ins Krankenhaus eingewiesen wurden. Dabei zeigte sich, daß jene Personen, die bei einem Test ihrer "Inneren Religiosität" die höchsten Punktzahlen erzielten, sich schneller von einer Depression erholten, als Personen mit einer niedrigen Punktzahl (April-Ausgabe vom American Journal of Psychiatry (Abstract)). Innere Religiosität wurde dabei definiert als eine tiefe, innerlich motivierte Art religiöser Überzeugung, die verwandt, aber klar unterscheidbar von organisierten religiösen Aktivitäten und privater Meditation oder Gebet ist.

"Dies ist die erste Studie, die zeigt, daß religiöser Glaube per se, unabhängig vom medizinischen Eingreifen und von Fragen der Lebensqualität, älteren Menschen helfen kann, sich schneller von einer schweren mentalen Störung zu erholen", sagte Dr. Harold Koenig, Psychiater an der Duke University und Hauptautor der Studie.

Im speziellen zeigte die Studie, daß jeder 10-Punkte-Anstieg der inneren Religiosität eines Menschen, die mit Hilfe eines wissenschaftlich validierten Fragebogens gemessen wurde, einem 70prozentigen Anstieg in der Geschwindigkeit der Erholung von einer Depression entsprach. Die Genesungsphase war sogar noch kürzer bei älteren Patienten, deren medizinische Verfassung sich nach der Entlassung verschlechterte oder zumindest nicht besser wurde. Jeder 10-Punkte-Anstieg im religiösen Glauben entsprach in dieser Gruppe einem 100prozentigen Anstieg in der Geschwindigkeit des Nachlassens der Depression, verglichen mit den nicht-religiösen Patienten.

Während Koenigs frühere Studien eine Verbindung zwischen religiösen Aktivitäten und guter mentaler und physischer Gesundheit nachgewiesen haben, hat bis heute niemand eine Ursache-Wirkung-Beziehung aufgezeigt, bei der religiöser Glaube tatsächlich die Erholungszeit beschleunigt.

Die Erkenntnisse sind seiner Meinung nach wichtig, weil der Anteil der Depressionen unter kranken, ins Hospital eingewiesenen älteren Menschen 10 bis 25 Prozent beträgt. In der allgemeinen Bevölkerung sind es dagegen nur 1 Prozent der älteren Erwachsenen. Außerdem hat die Forschung gezeigt, daß depressive Menschen ein höheres Risiko haben, an einer Herzerkrankung und einer Vielzahl anderer physischer Leiden zu sterben, und eine Depression den Genesungsprozeß verlangsamt.

"Eine Menge älterer Menschen haben ihre medizinischen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, und wir können nicht viel tun, um ihren physischen Zustand zu verbessern. Wir können jedoch Mechanismen fördern, die ihren psychologischen und mentalen Schmerz lindern", sagte Koenig. "Das ist keine geringe Leistung, wenn man bedenkt, daß ältere Mitbürger die Gesundheitsdienste am meisten in Anspruch nehmen und Depressionen die Nutzung teurer Gesundheitsdienste dramatisch erhöhen kann."

Koenig stellt die These auf, daß religiöser Glaube eine Weltanschauung liefert, in der Krankheit, Leiden und Tod besser verstanden und akzeptiert werden können. Oder aber, daß religiöser Glaube eine Grundlage liefert für Selbstachtung, die auf anderen Werten beruht als z.B. materiellen Gütern oder physischen Fähigkeiten, die mit zunehmendem Alter und sich verschlechternder Gesundheit abnehmen.

Die Patienten der Studie wurden einer ein- bis zweistündigen grundlegenden Untersuchung unterzogen, um ihren physischen, mentalen und psychosozialen Zustand auszuwerten. Um als depressiv zu gelten, mußten die Patienten mindestens 3 von 13 kritischen Symptomen über einen Zeitraum von zwei Wochen oder länger während des vergangenen Monats aufweisen und bei zwei national anerkannten Tests zur Bewertung von Depression eine bestimmte Punktzahl erreichen.

Depressive Patienten wurden in 12-Wochen-Intervallen über einen Zeitraum von fast einem Jahr nach der Entlassung untersucht, um so die Schwere und Hartnäckigkeit ihrer depressiven Symptome auswerten zu können. Eine Heilung der Depression galt als erreicht, wenn über einen Zeitraum von zwei Wochen oder länger weniger als drei der neun traditionellen Kriterien auftraten.

Aufgrund der Besorgnis, daß religiöse Patienten dazu neigen könnten, depressive Symptome eher zu leugnen oder zu verbergen, untersuchten die Forscher die Beziehung zwischen innerer Religiosität und Depression durch Vergleich der 87 depressiven Fälle mit 77 nicht-depressiven "Kontroll"-Patienten. Die durchschnittlichen Punktzahlen für innere Religiosität waren in beiden Gruppen ähnlich. Dies deutet darauf hin, daß religiöser Glaube bei den depressiven Patienten keinen Einfluß auf die wahrheitsgemäße Schilderung der Symptome hatte.

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