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Der bayrische Hiasl: Räuber, Volksheld, unedler Wilderer

Die Legenden um den fröhlichen Wildschütz verschweigen, was Matthias Klostermayers Zeitgenossen noch wussten: Der »bayrische Hiasl« lebte am Ende ebenso brutal, wie man ihn vor 250 Jahren richtete.
Sterbender Brigant, Ölgemälde aus dem Jahr 1824 von Guillaume Bodinier

Um acht Uhr in der Früh fiel der erste Schuss, aber erst gegen Mittag streckten die Gesetzlosen die Waffen. Da waren im unablässigen Kugelhagel bereits zahlreiche Männer auf beiden Seiten verwundet worden und drei Soldaten sowie zwei Räuber gefallen. Dichter Rauch stand im »Gasthof Post« im Allgäuer Dörfchen Osterzell nahe Kaufbeuren. Zum Teil verletzt und um jeden Atemzug ringend gestanden sich die wilden Gesellen ein, dass jeder weitere Widerstand vergeblich wäre. Als Erster fügte sich ihr Hauptmann. »Jesus, Maria und Josef«, habe er verzweifelt gerufen, »gibt's denn für mich kein Pardon?« Als die Waffen schwiegen, sei er mit erhobenen Händen und am ganzen Leib zitternd vor die Tür getreten. Darauf krochen auch seine Gefolgsleute aus ihren Verstecken – oder wurden herausgezerrt.

Das Pardon, um das der Wildschütz gebeten hatte, wurde nur kurz gewährt. Für jenen 6. September des Jahres 1771, den Tag seiner Hinrichtung heute vor genau 250 Jahren, dachten sich die Richter sogar etwas ganz Besonderes aus. Ein richtiges Spektakel sollte es werden.

Was war noch geblieben von den selbstlosen, freiheitsliebenden Rebellen? Den Schrecken der Fürsten, den Freunden der Bauern? Denen der bewaffnete Kampf vom verstockten Adel und seinen Bütteln förmlich aufgezwungen worden war. Stets hatten sie auf Unterschlupf und Unterstützung zählen können. Doch nun mochte sich mancher ärgern. Die edlen Wildschützen, diese Volkshelden: nichts als gemeine Räuber.

Das letzte Gefecht | Gut 300 Mann attackierten die Bande um den Hiasl in der »Post« in Osterzell. Der letzte Kampf war für die Wilderer aussichtslos. Die zeitgenössische Illustration von Johann Martin Will zeigt, wie die Soldaten die Geächteten auszuräuchern versuchten.

Schon als Matthias Klostermayers Bande zum Gericht transportiert worden war, hatten sich die Risse in dem Bild gezeigt, das ihr Anführer all die Jahre sorgsam gepflegt hatte. Neugierige hatten die Landstraßen gesäumt. Alle wollten sie einen Blick auf die berüchtigten Wilderer um den »bayrischen Hiasl« werfen. Und immer noch gab es unter den Schaulustigen jene, die den Männern ein paar Münzen oder etwas zu essen zusteckten. Andere jedoch verhöhnten sie.

I bin der Fürst der Wälder / und koana is mir gleich / so weit der Himmi blau ist / so weit geht a mei Reich

In den späten 1950er Jahren prägte der englische Historiker Eric Hobsbawm (1917-2012) den Begriff des sozialen Banditen, mit dem er meist aus dem Bauernstand stammende Gesetzlose bezeichnete, »die der Fürst und der Staat als Kriminelle betrachten, die aber Teil der bäuerlichen Gesellschaft bleiben und von dieser als Helden, Kämpfer, Rächer und Verfechter der Gerechtigkeit betrachtet werden«. Diese Form des Banditentums sei, so Hobsbawm, »eines der am weitesten verbreiteten sozialen Phänomene der Geschichte«. Tatsächlich ist der edle Räuber, der den Reichen nimmt und den Armen gibt – oder sie wenigstens unbehelligt lässt –, ein weltweit bekanntes kulturhistorisches Phänomen, beinahe schon ein Archetyp.

Den berühmtesten aller wegelagernden Umverteiler, Robin Hood, hat es allerdings vermutlich nie gegeben. Sein Eintrag im »Dictionary of National Biography«, dem biografischen Standardlexikon Großbritanniens, ist der einzige, der ausdrücklich einer legendären Figur gewidmet ist. Den Räuber Kayamkulam Kochunni gab es hingegen durchaus. Der »Robin Hood von Kayamkulam« machte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kerala im Südwesten Indiens den Reichen das Leben schwer. Bis heute wird er in Filmen und TV-Serien dafür gefeiert. In Argentinien, immerhin der Heimat des aktuellen Papstes, verehren viele Gläubige Gauchito Gil (um 1840-1878) als Volksheiligen. Den ersten Schrein zu seinen Ehren hatte ausgerechnet sein Henker aufgestellt. Die Australier haben ihren Ned Kelly (1855-1880), den Sohn irischer Einwanderer, der aus persönlich erlittenem Unrecht zum Räuber und Rebellen wurde. In einem ausführlichen offenen Brief berichtete er seinen Landsleuten davon, dann bastelte er sich eine eiserne Rüstung aus Pflugscharen und stellte sich der Polizei zu einer finalen Schießerei. Er überlebte und wurde – trotz tausender Eingaben und Kundgebungen zu seinen Gunsten – in Melbourne aufgeknüpft.

Auf dem Balkan gelten auch heute noch die in zahlreichen Banden agierenden Heiducken wegen ihres Einsatzes gegen die osmanischen Besatzer als Helden der Freiheit, im Kaukasus hingegen stehen die muslimischen Abreken in hohem Ansehen, die sich neben der Wegelagerei auch dem Kampf gegen Kosaken und andere Truppen der russischen Zaren gewidmet hatten. Nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg machten ehemalige Anhänger der Konföderation wie Jesse James (1847-1882) so kurze wie heftige Karrieren als Outlaws. Selbst der Gangsterboss Al Capone (1899-1947), zweifellos ein lupenreiner Krimineller, hatte seinen Robin-Hood-Moment, als er während der Weltwirtschaftskrise in seiner Heimatstadt Chicago Suppenküchen einrichtete. Und in Mexiko kennt jedes Schulkind Pancho Villa (1878-1923), den impulsiven Räuber und Revolutionär.

Auch über Klostermayer wurden schon vor der Hinrichtung Gedichte verfasst. Erst recht nach seinem Tod, als schnell die Verklärung einsetzte. In Volksliedern, Theaterstücken und Puppenspielen wurde der Hiasl, auch Hiesel geschrieben, zu einer Kunstfigur, die mit dem historischen Wilderer nur noch wenig Gemeinsamkeiten aufwies. Friedrich Schiller nahm ihn als Vorbild für die Hauptfigur seines Dramas »Die Räuber«. Vergessen, wie Klostermayer in seinen letzten Monaten auf freiem Fuß, im bitterkalten Winter des Jahres 1770, ruhelos durch die verschneiten schwäbischen Wälder marschiert war. Wie er eine Spur der Gewalt hinter sich her zog. Wie die Bande um ihr Überleben kämpfte. Der bayrische Hiasl wurde wieder zum schneidigen Wildschützen, der dem Adel die Hirsche vor der Nase wegschoss.

I bin da boarisch Hiasl / koa Kugl geht mar ei / drum fürcht i koan Jaga / und sollt's da Teifi sei

Über die Lebensgeschichte des Matthias oder Matthäus Klostermayer berichtet der Heimatkundler Hans Schelle in einer 1991 erschienenen Biografie. Geboren wurde der spätere Outlaw am 3. September 1736 in einfachsten Verhältnissen als Sohn eines Tagelöhners und seiner Frau im bayrischen Kissing südöstlich von Augsburg. Der Junge wuchs weitgehend sorglos auf, besuchte sogar die Schule, von der er allerdings mit elf Jahren abging, um fortan zum spärlichen Familieneinkommen beizutragen. Wie sein Vater hütete er das Vieh anderer und fand gelegentlich Arbeit bei den Jesuiten auf dem nahe gelegenen Schlossgut Mergenthau. Nebenher übte er sich im Umgang mit der Flinte und bewies bereits in sehr jungen Jahren ein erstaunliches Talent zum Jäger. Bald schon wurde der angehende Meisterschütze übermütig und wilderte im zarten Alter von 15 Jahren seinen ersten Hirsch.

Gefährten | Treue Begleiter des bayrischen Hiasl alias Matthias Klostermayer waren »der Bub« Andreas Mayr und sein Hund Tyras. Der Stich entstand nach Klostermayers Tod 1771.

Im Jahr darauf erhielt der Hiasl schließlich eine feste Stellung als Jagdgehilfe auf dem Schlossgut und konnte sich gute Chancen ausrechnen, beizeiten den Posten des in die Jahre gekommenen Jägers zu übernehmen. Doch er sollte sich selbst im Weg stehen. »Es entsprach Hiasls Eitelkeit, bei jeder Gelegenheit den Überlegenen hervorzukehren«, konstatiert sein Biograf. Klostermayer entwickelte sich zum Prahlhans. Der junge, groß gewachsene Mann kam auch bei den Frauen gut an. »1858 starb in Mering eine Frau 104-jährig, die hatte immer wieder stolz erzählt, in ihrer Jugend habe der bayrische Hiasl mit ihr getanzt«, erzählt Schelle. Das Interesse des anderen Geschlechts schmeichelte dem Ego Klostermayers ebenso wie die allgemeine Anerkennung als Meisterschütze. Er berauschte sich an seiner eigenen Verwegenheit, seiner Treffsicherheit, seinem Wagemut auf der Pirsch, seinem Schlag bei den Mädchen. Freundlich, heiter, unbekümmert, trinkfest – aber immer eine Spur zu laut, mitunter auch vorlaut, so darf man sich den jungen Hiasl wohl vorstellen.

Ein an sich harmloser Faschingsscherz im Februar 1756 wurde ihm zum Verhängnis. In feucht-fröhlicher Stimmung machte er sich vor aller Augen und Ohren über einen Jesuitenpater lustig, der Monate zuvor bei der Jagd statt eines Hasen eine Katze erlegt hatte. Das kostete ihn die Stellung. Darüber hinaus war es ihm fortan gänzlich untersagt, den Jäger von Gut Mergenthau auch nur auf die Pirsch zu begleiten. Ausgerechnet ihm, dem besten Schützen weit und breit, wurde so die Aussicht auf ein Leben als respektabler Jäger verbaut. Was tun?

Wenn die »primitiven Rebellen«, wie Räubertheoretiker Hobsbawm sie nennt, überhaupt ein Ziel hätten, dann sei es, die als natürlich empfundene »traditionelle Ordnung der Dinge« zu verteidigen – oder jedenfalls das, was sie in ihrem Rechtsempfinden dafür halten. Die Herrschaftsordnung an sich stehe dabei nicht in Frage, erläutert der englische Historiker, und darum seien die edlen Räuber auch keine Revolutionäre. Nur wo dem Volk Unrecht geschieht von den Reichen und Mächtigen, gelte es zu kämpfen, zu korrigieren, zu rächen. Im Fall des bayrischen Hiasl war dies vor allem das freie Jagdrecht, das die Herrschenden in seinen Augen kontinuierlich brachen, indem sie es dem einfachen Volk versagten. Es war eine Einschätzung, mit der der Wildschütz im Übrigen keineswegs allein dastand.

Das Wild auf weiter Erde / is freies Eigentum, / drum laß i mi net hindern, / denn wers net schiaßt, war dumm

Dem einfachen Volk war sein vermeintlich natürliches Anrecht auf die freie Jagd freilich schon seit den Zeiten Karls des Großen abhandengekommen. Doch im 18. Jahrhundert ging es den Zeitgenossen Klostermayers um mehr als nur die Extraportion Fleisch. Die Jagd war des Adels liebster Zeitvertreib, und damit genug Wild bei den fürstlichen Treibjagden zur Strecke gebracht werden konnte, untersagte die Obrigkeit es der Bevölkerung strengstens, Wildtiere zu erlegen. Wer ertappt wurde, den bestrafte man erbarmungslos, oft genug wurden die Wilderer ohne Verfahren an Ort und Stelle hingerichtet. Das Volk litt unter diesem enormen, künstlich hochgehaltenen Wildbestand. Unzählige Hirsche, Rehe und Wildschweine streunten Nacht für Nacht über die Felder, schmälerten deren Erträge. Umzäunungen waren verboten, schließlich könnte sich das Wild daran verletzen.

Die Wilderei, schreibt Klostermayers Biograf Schelle, war für das Landvolk schlicht zu einem »Akt der Notwehr« geworden.

Als sich der geschasste Klostermayer entschied, das Wild auf eigene Faust zu schießen, konnte er sich also der Sympathien seiner bäuerlichen Zeitgenossen gewiss sein. Und in der Tat: Bald schon galt er laut Schelle als Rebell »gegen das ungerechte Jagdmonopol, gegen die Jagdtyrannen und ihren Jagdterror«. Man war ihm dankbar dafür, dass er das Wild dezimierte und überdies leckeres Fleisch zu günstigen Preisen anbot. Abnehmer seiner Jagdbeute waren neben den Bauern aber auch Klöster, Pfarrer, Wirte, Händler und sogar einzelne Beamte.

Anders als andere Wildschützen ging Klostermayer seinem gesetzlosen Treiben keineswegs klammheimlich nach, sondern – man ahnt es – er brüstete sich in Wirtshäusern und auf Dorffesten mit seinen Heldentaten. Nach und nach schlossen sich ihm weitere Männer an. Doch zur gleichen Zeit wuchs der Verfolgungsdruck durch die Obrigkeit. Immer häufiger sandte sie Streifen gegen die frechen Wilderer aus. 1765 schließlich wurde Klostermayer erstmals gefasst – und zu einer ausgesprochen milden Zuchthausstrafe von nur neun Monaten verurteilt. Nach seiner Freilassung spielte er mit dem Gedanken, ein rechtschaffenes Leben in geregelten Bahnen zu führen, ließ sich allerdings von den alten Kameraden überreden, wieder ihr Hauptmann zu werden.

Und tuan mi d'Feind vafoign / und lassn mia koa Ruh / kriag l halt oan in d'Finga / so muaß ers büaßn gnua

Die Bande, deren Operationsbasis im Schwäbischen lag, profitierte in den folgenden Jahren von der deutschen Kleinstaaterei. »Es gab dort eine Vielzahl von kleinräumlichen Landeshoheiten und Grundherrschaften geistlicher und weltlicher Art«, schreibt Schelle. Die nächste Grenze lag meist nur ein, zwei Stunden Fußmarsch entfernt. So entkamen die Wilderer ihren Verfolgern ein ums andere Mal, denn an den Grenzen endete die Befugnis der jeweiligen Häscher. Erst im Juli 1769 einigten sich die zur Beratung in Ulm zusammengekommenen Gesandten der Fürsten und Stände des Schwäbischen Kreises auf einen gemeinsamen Aktionsplan gegen die »höchstschädlichen Wilderer und Wildbret-Diebe in den oberen Landen zwischen Lech, Iller und Donau«. Fortan war den Gesetzlosen auch dann nachzusetzen, wenn sie ihre Taten in fremden Wäldern begangen hatten. Damit war die überregionale Jagd auf die Wilddiebe eröffnet.

Eine Spur der Gewalt | Der Holzschnitt zeigt den Hiasl und einen Kumpanen. Einer schlägt auf einen am Boden Liegenden ein, der andere richtet die Flinte auf das Opfer. Gewalttaten wie diese rüttelten am Bild des edlen Wilderers.

Eineinhalb Jahre dauerte die Hatz auf den Hiasl und seine Getreuen, die sich mit wachsender Brutalität zur Wehr setzten. Spätestens jetzt schlug ihr Image beim Volk ins Negative um. Die Getriebenen agierten immer hemmungsloser. Innerhalb nur eines Monats überfielen sie ein Amtshaus sowie mehrere Jäger, erbeuteten Waffen, Ausrüstung, Verpflegung und eine beachtliche Menge Geld. Der eigentlich als ausgesprochen fromm geltende Klostermayer ließ zu, wie seine Bande in Agawang westlich von Augsburg einen Amtsknecht derart brutal verprügelte, dass dieser seinen Verletzungen erlag. Und das ausgerechnet kurz vor Weihnachten. Womöglich machte Klostermayer sogar selbst mit.

Jeder Überfall und jedes Scharmützel mit den Ordnungskräften schraubte die Spirale der Gewalt ein Stückchen höher. Als die Männer am Ende eines ausgelassenen Zechgelages im Gasthaus »Zur Krone« nahe Ulm von einer Soldatenstreife überrascht und angegriffen wurden, wehrten sie sich mit allen Mitteln. In einem kurzen, heftigen Feuergefecht ließen fünf der Soldaten ihr Leben. Die siegreichen Räuber entkamen unverletzt. Doch die plötzliche Eskalation der Gewalt erschreckte wohl selbst den Anführer. »Kein Forstmeister und kein Jäger fühlte sich mehr sicher in seinem Haus«, schreibt Schelle. »Fürsten, Grafen und Barone zitterten um ihr Leben.«

Das konnte auf Dauer nicht gut gehen, mochte das Volk auch noch so sehr davon überzeugt sein, ein geheimer Zauber mache den Hiasl kugelfest. Um den Jahreswechsel 1770/71 merkten die Räuber, dass ihnen eine schlagkräftige Einheit Soldaten auf den Fersen war. Sie spielten mit dem Gedanken, nach Süden auszuweichen, vielleicht sogar in die Schweiz zu entkommen. Doch am Ende blieben sie ihrem angestammten Terrain treu.

Und kommt die letzte Stunde / und schliaß i d'Augen zua / Soldaten, Schergn und Jaga, / erst dann habts ös a Ruah

Im Morgengrauen des 14. Januar 1771 saßen Klostermayer und seine Spießgesellen wieder in einem Wirtshaus. Es war jener »Gasthof Post« in Osterzell. Die letzten Getreuen hatten sich um ihren Hauptmann geschart: Der Bub war da, der Blaue, der Rote, der Sattler und der Amberger Sepperl, außerdem noch der Peter, der Gärtner und der Allgäuer. Die kampferprobten Männer waren eben erst aufgestanden. Am Abend zuvor haben sie hier gezecht und gespeist, ihre vom Schnee völlig durchnässte Kleidung zum Trocknen aufgehängt und sich früh zur Ruhe gebettet. Die Nacht war still vergangen und friedlich. Selbst den Wachen, die sie draußen postiert hatten, war nicht aufgefallen, dass Soldaten noch vor Sonnenaufgang damit begonnen hatten, ihren Unterschlupf mit einer 30-fachen Übermacht zu umstellen. Im dichten morgendlichen Winternebel hatte der aus Augsburg mit einer Kompanie Grenadieren angerückte Premierleutnant Ferdinand Schedel seine Männer sowie einige Jäger und Jagdgesellen, die zur Unterstützung mitgekommen waren, rund um den Gasthof Stellung beziehen lassen – insgesamt rund 300 Mann. Aus der Falle war kein Entkommen.

Ein spektakuläres Exempel | Ein Gnadenerweis der Obrigkeit war es, dass Klostermayer bei seiner Hinrichtung zuerst erdrosselt wurde. So musste er die Tortur nicht miterleben.

Über mehrere Monate zog sich Klostermayers Prozess im rund 80 Kilometer entfernten Donaustädtchen Dillingen hin. Vier der sieben Gefangenen hatten Glück, sie entkamen aus dem Gefängnis. Die Verbliebenen hörten am 3. September 1771, dem 35. Geburtstag ihres Anführers, die zu erwartenden Richtersprüche: Auf Grund zahlreicher Wilddiebereien, Gewalttaten, Räubereien, Landfriedensbrüche und Totschläge verhängte das Gericht drei Todesurteile.

Drei Tage später wurde Matthias Klostermayer nach allen Regeln der Henkerskunst ins Jenseits befördert: Man schleifte ihn in einer Kuhhaut zur Richtstatt, schnallte ihn dort auf eine »Rädermaschine« und erdrosselte ihn, dann nahm der Scharfrichter ein Wagenrad und zerschmetterte noch sämtliche Knochen, haute den Kopf herunter und teilte den Rest in Stücke. Die vier Teile wurden anschließend dort ausgestellt, wo der Schuldige zu Lebzeiten sein Unwesen getrieben hatte.

Zwei Jäger im Publikum sollen angesichts des Schauspiels einen Freudentanz aufgeführt haben.

Da wird sich's Wild vermehren / und springen kreuzwohlauf / und d'Bauern, die wer'n ruafn / »Steh, Hiasl, steh doch auf!«
Volkslied »I bin da boarisch Hiasl«, unbekannter Verfasser

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