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Schlacht an der Tollense: Der Besitz eines Kriegers

Ein außergewöhnlicher Fund in Mecklenburg-Vorpommern wirft neues Licht auf das vermutlich älteste Schlachtfeld Europas. Mindestens ein Kämpfer kam wohl aus Süddeutschland.
»Portmonee« eines Kriegers

Einen seltenen Fund machten Fachleute in Norddeutschland: Vom Boden eines Flusses barg das Team die privaten Habseligkeiten eines Bronzezeitkriegers, der vor über 3000 Jahren in einer blutigen Schlacht starb. Das Opfer war möglicherweise aus Süddeutschland, berichtet die Arbeitsgruppe um den Archäologen Joachim Krüger von der Universität Greifswald nun in »Antiquity«: Einige der enthaltenen Objekte kennt man bisher nur aus Südosteuropa. Schauplatz des Geschehens war das Tollensetal im heutigen Mecklenburg-Vorpommern. Ein Tauchteam entdeckte die Überreste im Bereich des Schlachtfelds im Bett der Tollense. Der Fund ist nicht nur sehr rar, sondern deutet auch darauf hin, dass die Kämpfe weit mehr waren als ein lokales Scharmützel.

Im bronzezeitlichen Mecklenburg-Vorpommern hatte sich etwas Ungewöhnliches abgespielt – das war schon früh klar: Die Stätte gilt als eines der ältesten erhaltenen Schlachtfelder der Welt. Seitdem Fachleute im Jahr 2008 die ersten Spuren entdeckten, kamen insgesamt 12 000 menschliche Knochenreste zu Tage, etwa 140 Opfer des Gemetzels identifizierte die Arbeitsgruppe bisher – meist fitte junge Männer. Was an der Tollense geschah, war weit bedeutsamer als alles, was man zuvor aus jener Zeit und Region kannte. Das legt auch der Tascheninhalt des im Flussbett gefallenen Kriegers nahe.

Knochen auf dem Schlachtfeld | Neben der Tollense legten Archäologen eine Schicht menschlicher Knochen frei. Vermutlich waren die Toten vor fast 3300 Jahren im Fluss verwest und ihre Knochen fortgeschwemmt worden.

Radiokarbondaten zeigen, dass die Funde in die gleiche Zeit passen wie der Rest des Schlachtfelds, doch bei keiner der anderen Leichen wurde Ähnliches entdeckt. Das macht die Entdeckung so besonders, denn es handelt sich wohl um grundlegende Alltagsgegenstände. Möglicherweise fiel ein sterbender Kämpfer in den Fluss, versank und entging deswegen der Plünderung der Leichen nach der Schlacht. 31 der gefundenen Objekte lagen eng beieinander – als wenn sie zusammen in einem längst verrotteten Beutel gelegen hätten.

Tatsächlich weisen die Gegenstände auf eine Art Herrenhandtasche hin, in denen der Tote all jene Dinge mit sich trug, die man immer mal wieder brauchen kann: ein Bronzewerkzeug, ein Messer, Stecknadeln, einen Meißel und Bronzestücke, die vermutlich als eine Art Kleingeld dienten – ähnlich dem Hacksilber, das viele Jahrhunderte später diese Funktion innehatte. Am ungewöhnlichsten seien allerdings mehrere Zylinder aus Bronzeblech, die von noch erhaltenen Bronzenägeln zusammengehalten wurden; vermutlich handelt es sich um eine Art Beschlag für Beutel oder Truhen. Auf jeden Fall hielten sie einst etwas zusammen, was längst verrottet ist. Derartige Zylinder kennt man aus dem bronzezeitlichen Mecklenburg-Vorpommern nicht – dafür jedoch aus Süddeutschland oder Böhmen.

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