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Dinosaurier: Europasaurus war vermutlich ein Nestflüchter

Forschende haben Gehirn und Gehör der Sauropoden anhand diverser Schädelknochen rekonstruiert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Jungtiere früh der Gruppe folgten.
Ein Modell des Dinosauriers Europasaurus holgeri
Ein Skelettmodell des Zwergsauriers Europasaurus holgeri ist im Dinosauriermuseum in Münchehagen bei Hannover ausgestellt. Die Art lebte vor 154 Millionen Jahren auf einer kleinen Insel im heutigen Norddeutschland.

Forscherinnen und Forscher haben fossile Schädelreste der Dinosaurier-Art Europasaurus holgeri mit modernen Methoden untersucht und dadurch neue Erkenntnisse gewonnen. »Wir haben erstmals die Hohlräume rekonstruiert, die einst das Gehirn und die Innenohren der Tiere beherbergten«, sagte der Paläontologe Marco Schade von der Universität Greifswald der Deutschen Presseagentur. Das Team der Universitäten Greifswald und Wien durchleuchtete mehrere Europasaurus-Schädel von sehr jungen bis hin zu ausgewachsenen Tieren mit Hilfe eines hochauflösenden Computertomografen. Die Studie ist jetzt beim Online-Fachmagazin »eLife« erschienen. Sie legt Schade zufolge nahe, dass Europasaurus ein Nestflüchter war, also früh der Gruppe folgte.

Der Europasaurus lebte vor 154 Millionen Jahren auf einer kleinen Insel im heutigen Norddeutschland. Die Art hatte vermutlich eine Kopfhöhe von etwa drei Metern. Im Jahr 1998 hatte der Fossiliensammler Holger Lüdtke die ersten Zähne und Knochen im Kalksteinbruch Langenberg bei Goslar im Harz entdeckt. Es ist die bislang einzige bekannte Fundstelle. Inzwischen konnten geschätzte 2000 Einzelknochen von mindestens 21 Individuen ausgegraben werden, die nach und nach im Dinosaurierpark Münchehagen nordwestlich von Hannover präpariert werden.

Mit ungefähr sechs Meter Länge war Europasaurus ein vergleichsweise kleiner, langhalsiger Sauropode und ein typisches Beispiel für den Zwergwuchs vieler auf Inseln lebender Tierarten. Der dennoch ausgeprägte Größenunterschied zwischen den ausgewachsenen Tieren und den winzigen, juvenilen Schlüpflingen deutet auf schnelle Wachstumsraten hin, wenn auch geringer als bei anderen Vertretern der Familie. Die Diskrepanz von etlichen Tonnen zwischen Erwachsenen und Jungtieren macht es unter anderem unwahrscheinlich, dass die Tiere in der Lage waren, sich gut um ihren Nachwuchs zu kümmern.

Der »kleine Gigant« sei der ideale Kandidat für die Untersuchungen gewesen, weil so viel Schädelmaterial verschiedener Altersstadien existiert, sagte Schade. Die für das Hören verantwortliche Lagena, ein schlauchförmiges Gehörorgan, sei bei Europasaurus relativ lang. »Diese Tatsache legt nahe, dass die Tiere recht gut hören konnten und in ihrer Herde eine innerartliche Kommunikation stattfand.«

Die Gehäuse der Gleichgewichtsorgane im Innenohr glichen bei jungen Tieren denen der ausgewachsenen. Einige der untersuchten Schädelreste waren laut Schade nur etwa zwei Zentimeter groß und könnten von gerade aus dem Ei geschlüpften Sauriern stammen. Die Forscher schließen daraus, dass die sehr jungen Tiere bereits auf ihren Gleichgewichtssinn angewiesen waren. »Vermutlich waren sie Nestflüchter und wanderten früh mit der Gruppe mit«, sagte Schade. (dpa/kmh)

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