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News: Der Faktor für Thrombosen

Die Blutgerinnung ist ein wichtiger Schutzmechanismus unserer Körpers gegen Verletzungen. An dem Prozess sind viele verschiedene Faktoren beteiligt, die genau aufeinander abgestimmt sind. Gerät dieses System in Unordnung, hat das für den Organismus böse Folgen. So führt beispielsweise eine zu große Menge des Blutgerinnungsfaktors VIII offenbar zu wiederkehrenden Venenthrombosen. Die Betroffenen sollten daher unter Umständen wesentlich länger als bisher mit Blutverdünnungs-Medikamenten behandelt werden.
Die so genannte Blutgerinnungskaskade ist ein fein abgestimmtes System, das auf dem Zusammenspiel mehrerer Blutgerinnungsfaktoren aufbaut. Abweichungen jedoch können zu schweren Erkrankungen führen. Menschen beispielsweise, die zu wenig Faktor VIII im Blut haben, leiden an Hämophilie A, auch Bluter-Krankheit genannt. Aber auch zu hohe Werte dieses Faktors sorgen für Probleme. So haben 10 bis 20 Prozent der Menschen mit Venenthrombosen zu hohe Faktor-VIII-Spiegel im Blut. "Bei jenen, die nach einer ersten Thrombose wieder eine bekommen, sind das sogar schon etwa die Hälfte der Patienten", erklärt Paul Kyrle von der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaserologe der Universitätsklinik für Innere Medizin I am Wiener AKH.

Es gibt verschiedene Umstände, die Menschen für Venenthrombosen – beispielsweise in den Beinvenen oder gar in der Lunge – anfällig machen. Hohes Alter, Immobilität, Rauchen, die Einnahme der 'Pille' sowie verschiedene genetische Faktoren können die Ursache sein. Doch bisher war nicht klar, wie man aus den Patienten mit einer ersten derartigen Akuterkrankung jene herausfiltern könnte, die eine große Gefährdung durch das Wiederauftreten einer Thrombose hätten.

"Man weiß schon seit 20 oder mehr Jahren, dass es Menschen mit erhöhten Werten an Faktor VIII im Blut gibt", erklärt Kyrle. Doch erst in den vergangenen vier oder fünf Jahren hätte man die krankmachende Relevanz erkannt. Darum ermittelten die Wiener Wissenschaftler bei insgesamt 360 Patienten nach einer ersten Venenthrombosen-Erkrankung die Faktor VIII-Werte beobachteten sie auch die folgenden 30 Monate lang weiter.

Und tatsächlich erlitten Personen mit höheren Faktor VIII-"Pegeln" als 90 Prozent der übrigen Teilnehmer an der wissenschaftlichen Studie zu 37 Prozent innerhalb von zwei Jahren eine weitere Thrombose. Unter den übrigen Patienten mit geringeren Werten an dem Blutgerinnungsfaktor stellten sich nur bei rund fünf Prozent erneut Thrombosen ein. Insgesamt betrug die Gefährdung bei den Menschen mit dem größten Risiko das 6,7-fache (The New England Journal of Medicine vom 17. August 2000).

Die Erkenntnisse der Wiener Wissenschafter können wichtige Konsequenzen für die zukünftige Behandlung von Thrombose-Patienten mit erhöhten Faktor VIII-Werten haben. Nach Kyrles Worten werden die Erkrankten normalerweise sechs Monate lang behandelt. Das erfolgt mit Medikamenten zur "Verdünnung" des Blutes. Bei den am meisten Gefährdeten könnte das aber länger notwendig sein. Die Wiener Mediziner wollen diese Frage in einer weiteren Studie klären.

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