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Mikroben: Der "Fingerabdruck" im Mund

Frau mit Zahnfleischschmerzen

Welche Bakterien sich in unserem Mund tummeln, hängt unter anderem davon ab, was wir essen und wie häufig wir uns die Zähne putzen. Doch auch die Gene spielen eine Rolle, sagen Forscher um Purnima Kumar von der Ohio State University in Columbus. Ihr Team hat die Mundflora von 100 Probanden unterschiedlicher ethnischer Abstammung – Afroamerikaner, Weiße, Latinos und Chinesen – untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass bei jedem Menschen die Zusammensetzung der Mikroben unterschiedlich ist. Nur acht der rund 400 entdeckten Bakterienarten kamen bei allen Probanden vor; jeder einzelne hatte etwa 150 verschiedene Spezies im Mund.

Allerdings zeigten sich auch Gemeinsamkeiten: So ähnelt sich die Mundflora von Personen der gleichen ethnischen Abstammung, wie die Forscher anhand der Bakterien unter dem Zahnfleisch feststellten. Sie entwickelten dazu eine Software, die auf dieser Basis bestimmen kann, welcher Ethnie die Testperson angehört. Am eindeutigsten scheint die Mundflora von Afroamerikanern zu sein: Sie erkannte das Programm zuverlässig mit 100-prozentiger Trefferquote. Bezogen auf alle Testpersonen sagte das Programm die ethnische Zugehörigkeit eines Individuums mit 62 Prozent Genauigkeit vorher. Wurden auch Bakterien aus anderen Bereichen des Mundes – etwa aus dem Speichel – eingesetzt, verschlechterte sich das Ergebnis. Grund dafür ist, dass diese Bakterien stärker durch Umweltfaktoren wie die Nahrung beeinflusst werden.

Für die Mikroben unter dem Zahnfleisch spielten die Ernährungsgewohnheiten der Probanden nur eine untergeordnete Rolle: Obwohl schwarze und weiße Amerikaner seit Generationen zusammenleben, einen vergleichbaren Lebensstil pflegen und sich ähnlich ernähren, zeigten sich deutliche Unterschiede in ihrem bakteriellen "Fingerabdruck". Die genetischen Faktoren, die dafür verantwortlich sein könnten, sind vielfältig und reichen von der Form der Zähne bis hin zum Immunsystem.

Die Entdeckung, dass unterschiedliche Volksgruppen verschiedene Bakterien im Mund haben, hat auch medizinische Bedeutung: Krankheiten wie Karies und Parodontitis können entstehen, wenn die gesunde Mundflora gestört ist und pathogene Bakterien überwiegen. Eine Behandlungsmöglichkeit, die derzeit erforscht wird, besteht darin, wieder einen gesunden Biofilm von nützlichen Bakterien herzustellen. Bislang wird dabei nicht zwischen Individuen verschiedener Abstammung unterschieden. Die neuen Ergebnisse legen aber nahe, dass es durchaus sinnvoll sein könnte, bei jedem Patienten genau die Bakterien zu fördern, die seiner natürlichen Mundflora entsprechen.

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