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News: Der Himmel öffnet seine Schleusen

Im Winter mehr Regen in Nordeuropa, im Sommer mehr Regen in Südasien und weltweit mehr Überschwemmungen - eine universelle Unwetterwarnung für die nächsten 100 Jahre.
Über neue Bilder von Sandsäcken, Schlauchbooten und umgestürzten Bäumen wird sich dieses Jahr in Europa wohl kaum noch jemand wundern. So sind in den deutschen und französischen Wäldern noch immer die tiefen Narben zu sehen, die vom Orkan "Lothar" zeugen, und in England fürchtet man nach den Katastrophen des letzten Jahres erneut heftige Unwetter.

Und das womöglich zurecht - wie eine Studie von Tim Palmer vom European Research Centre for Medium-Range Weather Forecast in Reading und Jouni Räisänen vom Rossby Centre in Norrköping nun zeigt. Demnach werden extreme winterliche Regenfälle in Mittel- und Nordeuropa in den nächsten 50 bis 100 Jahren fünf Mal wahrscheinlicher werden. Die Unwetter der letzten Jahre könnten somit schnell ihren Status als Jahrhundertstürme verlieren, sie sind vielleicht eher ein Vorgeschmack auf das, was uns in Zukunft jeden Winter erwartet [1].

Die Klimaforscher simulierten die Folgen einer Verdopplung des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre und werteten dazu die Ergebnisse von insgesamt 19 verschiedenen Klimasimulationen aus. Palmer bezeichnet die Studie als pragmatischen Ansatz, der mithilfe existierender Modelle die bestmögliche Vorhersage treffen soll - ob sie allerdings gut genug ist, wagt er selbst nicht zu sagen.

Doch auch eine andere Prognose der Wissenschaftler findet bereits ihre Bestätigung in der medialen Berichterstattung. Während Europa von Stürmen geplagt wird, leidet das südasiatische Bangladesch zunehmend unter sintflutartigen Niederschlägen.

Bangladesch liegt beinahe vollkommen im Mündungsgebiet des Ganges, der jeden Sommer nach den Monsun-Niederschlägen über die Ufer tritt. Die Bewohner sind daher eigentlich auf Überschwemmungen vorbereitet, nur sind deren Ausmaße immer gewaltiger. Palmer und Räisänen berechneten, dass sich die Niederschläge im Einzugsgebiet des Flusses bei steigenden CO2-Gehalten verfünffachen könnten. Auch hier könnten Ausnahmezustände zu Normalzuständen werden.

Gestützt wird diese These durch eine zweite Studie, in der Christopher Milly und seine Kollegen vom US Geological Survey unabhängig von Palmer und Räisänen zu demselben Ergebnis kommen. Die Zahl großer Überschwemmungen habe weltweit im Laufe des 20. Jahrhunderts kontinuierlich zugenommen. Und dieser Trend werde sich die nächsten 100 Jahre fortsetzten, so die Forscher [2].

Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) der Vereinten Nationen geht davon aus, dass die globalen Temperaturen bis Ende des Jahrhunderts infolge des Treibhauseffekts um bis zu 5,8 Grad Celsius ansteigen. Vielerorts wird dies schlicht zur Folge haben, dass sich der Mensch auf Sandsäcke und Schlauchboote einstellen muss.

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