Weltraumteleskop TESS: Der neue Star der Astronomie
Am 21. August 2017 habe ich gemeinsam mit meiner Familie und zeitgleich mit Millionen anderen die totale Sonnenfinsternis verfolgt, die an diesem Tag entlang eines schmalen Landstreifens quer durch die USA zu beobachten war. Das unheimliche Zwielicht und der Anblick einer gleißenden Korona über der geschwärzten Sonne haben vielleicht sogar einige junge Menschen zu einer Karriere in der Astronomie inspiriert. Schließlich regen Finsternisse den Forscherdrang der Menschen seit Jahrhunderten an. Auch meine eigene Arbeit hat mit Verdunklungen von Sternen zu tun, allerdings solchen eines ganz anderen Typs: Ich erforsche den »Transit« von Exoplaneten. Dabei handelt es sich um eine kurzzeitige und selbst mit Teleskopen nur andeutungsweise wahrnehmbare Abschwächung des Lichts eines Sterns, vor dem gerade ein Planet vorbeizieht.
Die erste Erscheinung dieser Art haben Astronomen 1999 aufgezeichnet. Eine Dekade später lag die Zahl der aufgespürten Transits schon bei mehr als 100. Inzwischen sind wir bei mehr als 3500 bekannten Exoplaneten angelangt. Das liegt vor allem an der Kepler-Mission der US-Raumfahrtbehörde NASA, die jedoch kurz vor ihrem Ende steht. Und obwohl die Transitmethode aktuell die ertragreichste Art ist, neue Welten ausfindig zu machen, haben Astronomen auch mit anderen Strategien mehr als 700 Exoplaneten entdeckt. Die Vielfalt der Himmelskörper übersteigt alles, was die Modelle der Planetenentstehung vorhergesagt haben – und wir kratzen vermutlich gerade einmal an der Oberfläche dessen, was da draußen noch einer Entdeckung harrt.
Keplers Erbe
Deshalb entsenden 2018 sowohl die NASA als auch die Europäische Raumfahrtagentur ESA neue Teleskope ins All. Den Anfang machte das Weltraumteleskop TESS, das nach ursprünglicher Planung am 17. April um 0.32 Uhr Mitteleuropäischer Zeit an Bord einer »Falcon 9«-Rakete starten sollte. Für die Zukunft hat die ESA dann unter anderem PLATO in Planung, ein weiteres, hoch spezialisiertes Weltraumteleskop, das 2026 seinen Dienst aufnehmen wird.
Einen Großteil unseres Wissens über Exoplaneten haben wir Kepler zu verdanken. Es hat seit seinem Start 2009 die Helligkeit von rund 150 000 Sternen in einem kleinen Ausschnitt des Himmels im Sternbild Schwan gemessen. Nach dem Ausfall von zwei Reaktionsrädern, die das Teleskop für seine präzise Ausrichtung benötigte, änderten die Missionsplaner 2013 die Beobachtungsstrategie. Selbst unter den verschlechterten Bedingungen gelang die Entdeckung weiterer Exoplaneten.
Dabei sind Bedeckungen eines Sterns durch Planeten statistisch gesehen eher selten. Nur wenige Prozent der anvisierten Sterne zeigen solchen verräterischen periodischen Einbrüche ihrer Helligkeit. Jeder weist auf einen Planeten hin, dessen Umlaufbahn von allen möglichen Ausrichtungen zufällig gerade unsere Sichtlinie zu dem Stern kreuzt. Das Ausmaß, um das die scheinbare Leuchtkraft sinkt, verrät uns etwas über den Durchmesser des Planeten im Verhältnis zu dem des Sterns. Darum sind größere Himmelskörper auch viel einfacher auszumachen. Jupiter beispielsweise würde aus der Entfernung betrachtet die Sonne um etwa ein Prozent verdunkeln, während ihre Strahlung bei einem Transit der Erde lediglich um 0,01 Prozent schwächer wirken würde.
Geschwister von Erde oder Neptun
Die Mission Kepler hat etwa 5000 Kandidaten geliefert, von denen sich im Rahmen genauerer Untersuchungen mehr als 3500 tatsächlich als Exoplaneten herausgestellt haben. Die meisten davon fallen in eine von zwei Kategorien: Entweder sind sie im Durchmesser vergleichbar mit der Erde beziehungsweise etwas größer (»Supererden«), oder aber sie sind eine geringfügig kleinere Ausgabe des Gasplaneten Neptun (»Mini-Neptune«).
Die von Kepler gefundenen Systeme enthalten oft nur einen bekannten Planeten, allerdings gibt es auch hunderte mit mehreren. Diese Verteilung dürfte die natürlichen Verhältnisse nur zum Teil widerspiegeln. Das liegt auch daran, dass es mit der Transitmethode leichter ist, besonders große Planeten aufzuspüren, die nah um ihren Stern kreisen. Unter den Funden gab es einige Überraschungen. Meiner Einschätzung nach dürfte die weitreichendste der Hinweis auf die Existenz von Miniaturausgaben unseres Sonnensystems sein.
Unser Sonnensystem im Miniaturformat
Hier drängen sich um einen Stern bis zu sechs Planeten in engen Umlaufbahnen, die weniger als dem Abstand zwischen Merkur und Sonne entsprechen. Solche Systeme sind so wichtig, weil sie häufig vorkommen: Pickt man sich irgendeinen sonnenähnlichen Stern am Nachthimmel heraus, beträgt die Wahrscheinlichkeit etwa 50 Prozent, dass er mindestens einen Planeten besitzt, der größer ist als die Erde und sich in einem Orbit kleiner als der des Merkurs befindet. Diese Erkenntnis kam vollkommen unverhofft. Gängige Modelle hatten sogar prognostiziert, solche Konstellationen seien ausgesprochen selten.
Der Standardtheorie der Planetenentstehung fehlen offenbar einige Grundzutaten. Einige der seltenen und exotischen mit Kepler gefundenen Planeten waren vorhergesagt worden – von Sciencefiction-Autoren. Kepler-16b besitzt zwei Sonnen, ähnlich wie Luke Skywalkers Heimatplanet Tatooine aus dem Star-Wars-Universum. Beim System Kepler-36 schließlich herrscht pures Chaos, da sich zwei Planeten praktisch eine Umlaufbahn teilen und auf völlig unvorhersehbare Weise Kepler vor allem die alte Frage beantworten, wie typisch – oder selten – Planeten sind, die unserer Erde ähneln. Damit sind solche Objekte gemeint, die etwa die gleiche Größe und Masse besitzen und in einem Abstand um ihren Stern kreisen, der flüssiges Wasser auf der Oberfläche ermöglicht.
Ein Dutzend Planeten in der habitablen Zone
Kepler hat etwa ein Dutzend felsiger Planeten in dieser »habitablen Zone« gefunden. Alles, was wir nun zur Beantwortung der Frage tun müssen, ist eine simple Hochrechnung von den mit Kepler untersuchten Sternen – oder? Leider ist das nicht so einfach. Es ist alles andere als offensichtlich, wie viele der beobachteten Sterne so klein, hell und stabil sind, dass wir überhaupt eine Chance haben, erdähnliche Planeten zu entdecken. Um die Zentralgestirne zu verstehen, müssen wir noch mehr Arbeit in die Datenanalyse stecken.
Die NASA-Mission ist ein wichtiger Zwischenschritt bei der langen Suche nach Leben auf anderen Planeten
Trotz aller berechtigten Lorbeeren war die Kepler-Mission einer großen Einschränkung unterworfen: Das Teleskop hatte überwiegend einen festen, sehr kleinen Ausschnitt im Blick, nämlich bloß 2,5 Promille des Himmels. Nur durch viele sehr weit entfernte Sterne ließ sich in diesem Bereich eine ausreichend große Stichprobe sammeln. Ein typischer mit Kepler untersuchter Stern ist Tausende von Lichtjahren entfernt.
Derart unvorstellbar weitab liegende Ziele taugen für fantasievolle Geschichten bei öffentlichen Vorträgen, aber rein praktisch gesehen sind sie schlechte Untersuchungsobjekte. Sie leuchten von uns aus betrachtet nur schwach, was auf Kosten der Messgenauigkeit geht. Einige Parameter können wir so überhaupt nicht bestimmen, beispielsweise die Masse vieler der Planeten. Denn das Signal vom Transit liefert lediglich Informationen über den Durchmesser, doch keine über die Masse. Einzig beide Werte zusammen verraten, ob wir es mit einem dichten, felsigen Himmelskörper wie der Erde zu tun haben oder mit einem Gasriesen.
Üblicherweise bestimmen Astronomen die Masse eines Planeten, indem sie messen, wie stark sein Gravitationsfeld den Stern beschleunigt. Dazu nutzen sie den Dopplereffekt, der die Wellenlängen des ausgesandten Lichts je nach Bewegungsrichtung staucht oder streckt. So lassen sich übrigens auch Planeten finden, die keine Transits vollführen, also ihren Stern nicht in der Ebene unserer Blickrichtung umkreisen. Diese Methode erfordert aber höchst präzise Spektroskopie. Dabei wird das Sternenlicht regenbogenartig aufgefächert und bei mindestens 50 000 einzelnen Wellenlängen untersucht. Die Strahlung schwach leuchtender Sterne lässt sich nicht derart fein in ihre Bestandteile zerlegen.
Was TESS von Kepler unterscheidet
Diese Beschränkungen der Kepler-Mission will die NASA mit ihrem neuesten Planetenjäger TESS umgehen, dem Transiting Survey Satellite. An Bord des Satelliten befinden sich vier Zehn-Zentimeter-Teleskope. Das entspricht jeweils nur einem Zehntel von Keplers Spiegeldurchmesser und erscheint insofern seltsam, schließlich sind wir von astronomischen Instrumenten eine Entwicklung hin zu immer größeren Geräten gewohnt. Ein kleineres Teleskop kann allerdings auch Vorteile haben, denn es ermöglicht ein breiteres Sichtfeld. So blickt jede Kamera von TESS auf fast sechsmal so viel Raumfläche wie Kepler; zudem wird sich TESS drehen und in verschiedenen Himmelsabschnitten nach Planeten suchen. Insgesamt dürfte TESS vor allem wesentlich mehr helle Sterne beobachten als die wenigen, die in Keplers eng begrenztem Sichtfeld lagen.
Nach seinem Start am 18. April 2018 wird TESS zwei Jahre lang etwa 90 Prozent des Himmels durchmustern. Dazu wird dieser in 26 teilweise überlappende Bereiche aufgeteilt, die jeweils rund einen Monat im Blickfeld liegen. Ähnlich wie bei Kepler erwarten wir die Entdeckung Tausender neuer Exoplaneten, jedoch werden sie Sterne umkreisen, die zirka 30-mal so hell sind. Das könnte sich als Segen für Nachfolgeuntersuchungen mit erdgebundenen Teleskopen erweisen – im Vergleich zu den Kampagnen bei Kepler-Planeten dürfte es wirken, als wären die Geräte plötzlich um den Faktor 30 leistungsfähiger.
Nach TESS kommt CHEOPS
Kurz nach TESS steht außerdem eine europäische Mission in den Startlöchern: Der Characterising Exoplanet Satellite (CHEOPS) soll Ende 2018 abheben. Er ist mit einem einzelnen, 32 Zentimeter großen Teleskop ausgestattet. CHEOPS hat ein anderes Missionsprofil als TESS, und beide ergänzen sich hervorragend. Während TESS den Himmel systematisch nach einem vorgegebenen Schema durchforstet, wird CHEOPS bestimmte Sterne genauer untersuchen, bei denen es bereits erste Anzeichen für Planetensysteme gibt.
Astronomen bezeichnen unsere Sonne gern als typischen Stern. Das ist ein wenig geflunkert
Beispielsweise könnten in den Daten von TESS interessante, aber statistisch betrachtet uneindeutige Hinweise auf mögliche Himmelskörper auftauchen. Dann würde ich oder jemand anderes aus dem TESS-Team zum sprichwörtlichen heißen Draht greifen, der uns mit den Kollegen von CHEOPS verbindet, und fragen, ob sie genauer hinsehen möchten. Bei nahen Sternen wie Ross 128 und Proxima Centauri, wo Forscher dank der erwähnten Methode der Dopplerspektroskopie schon Beweise für Planeten haben, könnte CHEOPS prüfen, ob diese oder etwaige weitere Himmelskörper ihren Stern bedecken.
Hier ist allerdings eine Menge Glück nötig, denn rein rechnerisch ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass wir gerade zufällig aus der richtigen Richtung auf die Sterne blicken. Im Fall von Proxima Centauri beträgt die Chance, Planeten davor herziehen zu sehen, gerade einmal 1,4 Prozent. Aber für den Einsatz wertvoller Beobachtungszeit winkt ein hoher möglicher Gewinn – wir können auf die Weise enorm viel über einen Planeten lernen.
Auch TESS ist nicht perfekt
Die neuen Werkzeuge haben auch ihre Schattenseiten. Die Experten möchten eigentlich verfolgen, wie sich die kurzzeitige Leuchtkraftabnahme eines Sterns einmal oder idealerweise mehrmals wiederholt. So gehen sie sicher, dass der Effekt von einem Planeten verursacht wurde und nicht beispielsweise von einem Instrumentenfehler. Jedoch liegen die meisten der von TESS untersuchten Sterne nur einen Monat im Sichtbereich der Kamera. Das reicht längst nicht, um ein Objekt wie die Erde zu finden, die bekanntlich ein Jahr für einen Umlauf braucht. Bloß ein paar Prozent des Himmels werden in überlappenden Abschnitten liegen und bis zu einem Jahr im Blick sein. Selbst das kann mit Keplers vierjähriger Beobachtungsphase nicht mithalten.
Daher werden wir mit TESS vor allem Planeten entdecken, die ihren Stern sehr schnell und eng innerhalb weniger Wochen umrunden. Das ist nicht ideal, war aber der Kompromiss, den wir eingehen mussten, um im Budget von 228 Millionen Dollar zu bleiben. Diese Zugeständnisse erschienen uns akzeptabel, da wir von Kepler bereits wussten, dass in diesen kurzperiodischen Umlaufbahnen vielfältige Welten existieren: Lavakugeln, poröse Objekte, chaotische Systeme und sogar Körper, die gerade auseinanderbrechen. Mit TESS werden wir die uns am nächsten gelegenen exotischen Planeten finden. Auf einen wirklich erdähnlichen Planeten um einen Stern wie die Sonne werden wir noch warten müssen.
Ein wichtiger Zwischenschritt
Die NASA-Mission ist dennoch ein wichtiger Zwischenschritt bei der langen Suche nach Leben auf anderen Planeten. Wir schätzen, dass TESS ähnlich viele Planeten in der habitablen Zone finden wird wie Kepler, also etwa ein Dutzend. Der Trick: Wir dürfen uns nicht auf sonnenähnliche Sterne versteifen. Astronomen bezeichnen unsere Sonne gern als typischen Stern, der sich von vielen hundert Milliarden weiteren in der Milchstraße nicht groß unterscheidet. Das ist ein wenig geflunkert. Die meisten Sterne sind so genannte Rote Zwerge: kältere, nicht so leuchtstarke Exemplare mit weniger als der halben Masse unserer in dieser Hinsicht überdurchschnittlichen Sonne. Ein Roter Zwerg wirkte neben ihr wie eine Kerze neben einem Scheinwerfer.
Entsprechend näher muss man an das Licht herantreten, um sich daran zu wärmen. So liegt die habitable Zone eines Roten Zwergs in einem Bereich, in dem die Umlaufdauern kurz sind. Bei einem Roten Zwerg mit einem Fünftel der Sonnenmasse würden solche Planeten gerade einmal wenige Wochen benötigen. Das liegt genau im Beuteschema von TESS. Kepler hat ein paar tausend Rote Zwerge beobachtet, und seinen Daten zufolge scharen sich um diesen Typ Stern sogar noch mehr Planeten als um solche, die unserer Sonne ähneln.
Unter den Hunderttausenden von Sternen, die TESS anvisieren wird, sind rund 50 000 Rote Zwerge. Ihre geringe Leuchtkraft machen sie durch kleine Durchmesser mehr als wieder wett, denn dadurch schirmen umlaufende Planeten einen größeren Teil der strahlenden Scheibe ab. Das erzeugt einen deutlicher wahrnehmbaren Helligkeitseinbruch. Theoretisch lässt sich beispielsweise ein Planet genauso gut detektieren, wenn der Stern zwar 16-mal schwächer leuchtet, aber nur halb so groß ist. Tatsächlich sind Planeten vor einem Roten Zwerg so klar zu erkennen, dass dafür nicht einmal ein Weltraumteleskop nötig ist.
Suche nach außerirdischem Leben
Deswegen laufen bereits mehrere Projekte an erdgebundenen Teleskopen, die sich der Jagd auf Planeten um Rote Zwerge verschrieben haben. Wegen der geringen Helligkeit der Sterne kommen dafür nur leistungsfähige Observatorien in Frage, die viel Licht einfangen, jedoch immer nur ein einzelnes Objekt ins Visier nehmen können. Das macht die Angelegenheit langwierig und wenig effizient: Nach einem Jahrzehnt derartiger Suchkampagnen wurden bisher lediglich drei Planetensysteme gefunden. Dafür waren diese Entdeckungen sensationell und haben insbesondere 2017 im Fall von TRAPPIST-1 für Meldungen auf Titelseiten von Zeitungen gesorgt. Das Miniatursystem besteht aus sieben etwa erdgroßen Himmelskörpern im Orbit um ein sehr massearmes Objekt, das gerade noch als Stern durchgeht. Mindestens zwei der Planeten kreisen in der habitablen Zone.
Wir werden mit Hilfe aller Missionen und Nachfolgestudien in absehbarer Zeit Tausende von Planeten identifiziert und näher untersucht haben, viel über Planetenbildung gelernt und mit etwas Glück eine wachsende Sammlung von Himmelskörpern anlegen, die etwa erdgroß und potenziell lebensfreundlich sind. Und dann? Wie können wir den nächsten Schritt gehen und herausfinden, ob diese Planeten tatsächlich belebt sind?
Ein seit den 1950er Jahren diskutierter Ansatz besteht darin, Radioteleskope auf den betreffenden Stern auszurichten und auf die Signale einer intelligenten Alien-Zivilisation zu hoffen. Das ist zwar immerhin ein gut durchführbarer Plan, aber über die Erfolgsaussichten lässt sich nichts sagen. Eine andere Strategie setzt auf die Analyse der Atmosphäre der Exoplaneten und die Suche nach Anzeichen für Leben. Dabei nutzen die Astronomen den Transit für einen Trick: Die äußeren Schichten der Atmosphäre lassen einen Teil des Sternenlichts hindurch, das wir daraufhin mit unseren Teleskopen auffangen und spektral analysieren können. Jedes Atom oder Molekül absorbiert auf charakteristische Weise Licht bestimmter Wellenlängen. Wenn man nun das Spektrum des Sterns vor, während und nach einem Transit genügend präzise aufzeichnet und auswertet, kann man die Unterschiede zum unveränderten Sternenlicht berechnen.
Wo gibt es überall Sauerstoff?
Bislang haben Astronomen das bei Planeten von der Größe Jupiters und sogar bei einigen vom Format Neptuns und des Uranus geschafft. Dabei fanden sie Moleküle wie Methan, Kohlenmonoxid und Wasser. Bei Himmelskörpern mit dem Durchmesser der Erde ist das noch nie gelungen, weil die wenigen bekannten entsprechenden Objekte um Sterne kreisen, die zu weit entfernt und zu leuchtschwach sind, um ein ausreichend starkes Signal zu liefern. Sollten wir bei einem solchen Planeten jemals Sauerstoff finden, ließe das sicher den Adrenalinspiegel vieler Forscher in die Höhe schießen. Sauerstoff gilt als starker Hinweis auf biologische Aktivitäten – verschwände plötzlich alles Leben auf der Erde, würde ihre Gesteinskruste den Sauerstoff innerhalb weniger Millionen Jahre in Form von Oxiden an sich binden.
Insofern arbeiten TESS und CHEOPS der nächsten Generation von Weltraumteleskopen zu, allen voran dem James Webb Space Telescope, das nach aktuellem Plan 2021 starten soll. Es wird das mit Abstand leistungsfähigste Instrument für die Spektroskopie bei Transits sein. Aber da seine Lebensdauer wegen des begrenzten Treibstoffvorrats nur zwischen fünf und zehn Jahren betragen wird, ist Eile auf der Suche nach den besten und hellsten Zielobjekten geboten. Zudem ist die verfügbare Beobachtungszeit des Teleskops hart umkämpft.
Deswegen haben sich Exoplanetenforscher zusammengetan und spezialisierte Geräte entworfen, die nichts anderes als Transitspektroskopie betreiben sollen. Sowohl im Akronym der NASA-Mission FINESSE als auch im Namen ihres ESA-Pendants ARIEL steckt ein »I« für Infrarotstrahlung, da sich Moleküle wie Wasser und Kohlendioxid in diesem Wellenlängenbereich am besten aufspüren lassen.
Europa plant ein Super-TESS
Noch weiter in die Zukunft erstrecken sich die Pläne für das europäische Projekt PLATO. Die Raumsonde könnte 2026 starten und ist gewissermaßen ein Super-TESS mit 24 statt vier Einzelteleskopen. PLATO soll nicht nur mit größerer Empfindlichkeit und über einen längeren Zeitraum nach Planeten suchen als seine Vorgänger, sondern wird darüber hinaus so gut aufgelöste Daten liefern, dass es möglich wird, Schwingungen innerhalb der Sterne selbst zu erkennen. Denn Sterne werden immer wieder durch Beben und Stoßwellen infolge der im Kern ablaufenden Fusionsprozesse erschüttert.
Die Untersuchung dieses Phänomens wird Asteroseismologie genannt. Sie liefert Details über die innere Struktur und somit über wichtige Parameter des Sterns, etwa dessen Alter. Das wiederum erlaubt uns, verschiedene Exemplare auf einer Zeitskala einzuordnen – obwohl wir einzelne von ihnen, gemessen an kosmischen Maßstäben, immer nur zu einem winzigen Augenblick in ihrer Entwicklung zu sehen bekommen. Sofern sich dann außerdem Planeten im Orbit befinden, können Astronomen generell etwas über die Evolution solcher Systeme lernen.
Mit den noch immer laufenden Analysen der Keplerdaten und den Vorbereitungen auf die verschiedenen zukünftigen Missionen sind die Terminkalender der Exoplanetenjäger auf lange Zeit gut gefüllt. Vor ihnen liegt ein unermesslich großes Feld, und sie sind gerade einmal die ersten Schritte gegangen. All die angehenden Wissenschaftler, die von dem Spektakel einer irdischen Sonnenfinsternis hoffentlich für die Astronomie begeistert wurden, können in Zukunft jede Menge außerirdische Sternverdunkelungen bewundern und untersuchen.
(Anm. d. Red: Text wurde aktualisiert.)
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