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News: Der Resistenz auf der Spur

Tamoxifen ist eines der wichtigsten Medikamente zur Behandlung von Brustkrebs. Es blockiert die Wirkung des Hormons Östrogen, das in vielen Fällen das Wachstum der Tumore fördert. Allerdings verliert Tamoxifen nach etwa fünf Jahren seine Wirkung. Wissenschaftler haben jetzt einen Mechanismus gefunden, der das erklären könnten.
Tamoxifen wird schon seit langem in der Brustkrebstherapie eingesetzt. Es wirkt als Gegenspieler des Hormons Östrogen, indem es dessen Rezeptor besetzt. Da es so die Wirkung von Östrogen unterdrückt, wird es auch als "Anti-Östrogen" bezeichnet.

Östrogene sind für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Frauen sehr wichtig. Die richtige Menge ist jedoch entscheidend: Zu hohe Hormongehalte stehen in Zusammenhang mit Brustkrebs und Gebärmutterkrebs, ein Östrogenmangel kann dagegen zu Osteoporose und Herzkrankheiten führen. Um die positiven Eigenschaften zu nutzen, die negativen Nebenwirkungen aber zu vermeiden, werden sogenannte selektive Östrogen-Rezeptor-Modulatoren (SERM) entwickelt – Medikamente, die in manchen Geweben wie Östrogen wirken, in anderen dagegen nicht. Auch Tamoxifen ist ein SERM – zumindest in den ersten Jahren einer Therapie. Warum diese Wirkung nachläßt, wenn das Mittel etwa fünf Jahre eingenommen wurde, war bisher unbekannt.

Wissenschaftler um Donald McDonnell vom Duke University Medical Center und Kollegen der Novalon Pharmaceutical Corporation haben jetzt einen möglichen Mechanismus aufgedeckt und am 30. Juli 1999 in Science veröffentlicht. Sie stellten fest, daß Tamoxifen eine ganze Reihe von Änderungen in den Zellen des Brustgewebes verursacht, die sich sehr stark von den Effekten unterscheiden, die Östrogen oder Östrogen-ähnlich wirkende Stoffe hervorrufen, wenn sie an den Rezeptor binden.

Die Forscher fanden heraus, daß Tamoxifen beim Binden die Gestalt des Rezeptors verändert. Der Rezeptor bildet im Zellinnern eine zusätzliche Bindungstasche aus, an die Proteine aus dem Cytoplasma binden oder sich anlagern können. Diese Proteine sind noch nicht identifiziert, aber sie scheinen die Ursache dafür zu sein, daß die Brustzellen Tamoxifen nicht mehr als Anti-Östrogen betrachten, sondern als Östrogen, woraufhin sie sich weiter zu Krebszellen entwickeln. Obwohl sich die Tasche von dem Moment an bildet, wenn Tamoxifen eingenommen wird, so gehen die Forscher doch davon aus, daß die Resistenz gegen das Medikament erst dann einsetzt, wenn diese unbekannten Proteine binden. Den eigentlichen Mechanismus haben sie noch nicht herausgefunden, aber sie konnten die Resistenz gegen Tamoxifen verhindern, indem sie die neue Bindungsstelle mit anderen Proteinen besetzten.

McDonnell hält die Ergebnisse für ziemlich aufregend: "Es bedeutet, daß wir neue Medikamente entwickeln können, die auf den Östrogen-Rezeptor wirken, ohne die Bildung der neuen Tasche zu veranlassen, wenn sie binden. Andererseits können wir auch ein neues Mittel entwickeln, das an diese Tasche bindet und so verhindert, daß dies unerwünschte Proteine tun, während die Frauen mit Tamoxifen behandelt werden." Die Hauptaufgabe sieht er jedoch darin, neue Medikamente zu entwickeln, bei denen erst überhaupt keine Resistenz auftritt.

Die Forscher hatten Milliarden von verschiedenen Peptiden darauf getestet, wie sie in Anwesenheit von verschiedenen Medikamenten mit dem Östrogen-Rezeptor wechselwirken. "Wir haben herausgefunden, daß es Peptide gibt, die in Anwesenheit von Östrogen wie Tamoxifen binden, als auch solche, die für jedes einzigartig sind", sagt McDonnell. "Das zeigte uns, daß Tamoxifen die Fähigkeit besitzt, etwas ganz anderes zu tun als Östrogen, und daß Tumore, die gegen Tamoxifen resistent sind, gegen andere SERMs womöglich nicht resistent sind."

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