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Hyperriesen: Finstere Zeiten für RW Cephei

Der Stern RW Cephei wurde jahrelang immer dunkler. Forscher stellen dabei große Ähnlichkeiten mit der Verdunkelung von Beteigeuze fest und vermuten ausgestoßenen Staub als Ursache.
Ein rekonstruiertes Bild des Sterns RW Cephei, das unterschiedlich helle Bereiche auf seiner Oberfläche zeigt.
Das rekonstruierte Bild von RW Cephei bei infraroten Wellenlängen zeigt unterschiedlich helle Bereiche auf der Oberfläche des Sterns.

Ein Team um Narsireddy Anugu vom Mount Wilson Observatory in Kalifornien konnte beim Stern RW Cephei im Sternbild Kepheus eine Abschwächung der Leuchtkraft nachweisen, die an die bekannte Verdunkelung von Beteigeuze in den Jahren 2019 und 2020 erinnert. In beiden Fällen scheint Staub, den die Sterne bei einem Massenauswurf ausgestoßen haben, für die Abschwächung des Lichts zu sorgen. Die Ergebnisse werden im »Astronomical Journal« erscheinen und sind bereits auf dem Preprintserver arXiv verfügbar.

Seit dem Jahr 2020 nahm die Helligkeit von RW Cephei bei sichtbaren Wellenlängen kontinuierlich ab und erreichte Ende 2022 ihren historischen Tiefpunkt. Der Stern erschien zu diesem Zeitpunkt etwa 1,1 mag dunkler. Gleichzeitig beobachteten die Forscher eine zunehmende Rötung des Sternlichts, weil die Helligkeit bei größeren Wellenlängen nicht so stark abfiel. Das Minimum scheint jedoch überschritten, und RW Cephei leuchtet wieder zunehmend heller.

In der aktuellen Studie konnten die Forscher mit Hilfe des Interferometers CHARA der Georgia State University in Kalifornien Bilder von RW Cephei bei infraroten Wellenlängen gewinnen, die den Stern als Scheibe zeigen und unterschiedlich helle Bereiche seiner Oberfläche offenbaren. Dunklere Regionen könnten dabei mit kühlem Staub zusammenhängen. Um die Bilder aus den Daten zu rekonstruieren, verwendeten die Wissenschaftler verschiedene Algorithmen. Damit soll sichergestellt werden, dass die beobachteten Helligkeitsunterschiede tatsächlich vorhanden sind und nicht durch angenommene Modellparameter erzeugt werden.

Für die Forscher sind detaillierte Daten zum zeitlichen Verlauf solcher Phasen der Verdunkelung besonders wertvoll, weil sie etwas über die Prozesse verraten, die bei sehr großen und kühlen Sternen zum Ausstoßen von Materie führen. Es wird vermutet, dass die Dauer solcher Helligkeitsabfälle mit der Größe des Sterns und der Staubwolke zusammenhängt: Für einen im Vergleich kleinen roten Überriesen wie Beteigeuze dauern Verdunkelungen etwa ein Jahr, für größere rote Hyperriesen wie RW Cephei einige Jahre. Für noch größere Sterne könnten sie einige Jahrzehnte dauern. Das Team um Anugu möchte die Beobachtungen von RW Cephei mit CHARA über das nächste Jahr fortsetzen.

Der Stern RW Cephei im Sternbild Kepheus ist einer der leuchtkräftigsten Sterne unserer Galaxie. Mit etwa 40 Sonnenmassen und einer Größe von 900 bis 1760 Sonnenradien zählt er zu der seltenen Klasse der roten Hyperriesen, die sich durch ihre starke Leuchtkraft und extreme Sternwinde auszeichnen. Er könnte also doppelt so groß sein wie Beteigeuze. Seine genaue Entfernung ist trotz der hohen Messgenauigkeit des Astrometriesatelliten Gaia nicht bekannt, weil die Helligkeit von RW Cephei auf Grund starker Konvektionsströme und Ausflüsse von Materie schwankt. Die Schätzungen liegen zwischen 11 000 und 22 000 Lichtjahren.

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