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News: Der "Schalter" für Krebs

Kein "Klebstoff" zwischen noch gutartigen Zellen - das läßt schließlich bösartige Karzinome entstehen: Wissenschaftlern ist der Nachweis dafür gelungen, daß der Wegfall von bestimmten Molekülen an der Oberfläche von Zellen letztere in die Bösartigkeit treibt. Das ist nicht die Folge, sondern die Ursache der Entstehung von Karzinomen.
"Die nunmehrigen Beobachtungen bedeuten den erstmaligen direkten Nachweis für eine ursächliche Rolle von E-Cadherin in der Entwicklung von gutartigen Adenomen zu bösartigen Karzinomen im Organismus", berichtet Anne-Karina Perl vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien zusammen mit ihren Co-Autoren in Nature.

Bösartige Tumoren zeichnet ihr grenzenloses Wachstum und das Eindringen in umgebende Gewebe-Areale aus. Die Wissenschaftler: "Zum Teil ist die Entwicklung bösartiger Tumoren durch ihre Fähigkeit charakterisiert, das Aneinander-Kleben von Zellen zu überwinden und in das benachbarte Gewebe einzudringen."

Diesen normalen Bindungsmechanismus von gutartigen Zellen gewährleisten Moleküle auf ihrer Oberfläche. Damit sie zusammenhalten, kleben sie über solche E-Cadherin-Bestandteile an einander.

Der Clou der Arbeit der Wiener Wissenschaftler: Sie studierten an Mäusen den kritischen Übergang von (noch) gutartigen Tumoren – sogenannten Adenomen – zu bösartigen Karzinomen. Erstere wachsen zwar, breiten sich aber nicht unkontrolliert in das Gewebe aus und setzen auch keine Tochtergeschwülste (Metastasen). Geht der Zusammenhalt verloren, entstehen aus ihnen Karzinome.

Das erfolgt durch Wegfall des "Zell-Klebstoffs" E-Cadherin. Die Wissenschafter: "Stellt man die normale Funktion von Cadherin in Tumorzellen wieder her, kehrt das die Entwicklung um." Aus den aggressiven bösartigen Zellen werden wieder gutartige.

Die Frage war allerdings bisher, ob der Verlust von E-Cadherin die Folge oder die Ursache für die Entstehung von Karzinomen ist. Die Wissenschaftler haben das an transgenen Mäusen untersucht.

So haben Labor-Mäuse von einem gewissen Stamm (Rip1Tag2) ein hohes Erkrankungsrisiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs. Diese Tiere wurden mit Labormäusen gekreuzt, welche die Fähigkeit haben, trotz solcher Tumoren den "Klebstoff" zur Aufrechterhaltung eines Zell-Verbandes weiter zu produzieren.

Laut den Wissenschaftern war das eine ausgesprochene "Tumor-Bremse". Die Entwicklung von Adenomen in Richtung bösartiger Karzinome wurde auf der gutartigen Stufe "arretiert". Umgekehrt bewiesen die Forscher, daß die Kreuzung der Karzinom-Mäuse mit Tieren, die eine unzureichende Form des "Klebstoffes" aufwiesen, zu einer schnellen Entwicklung von Bauchspeicheldrüsenkrebs und sehr bald zur Entstehung von Metastasen führte.

Die Arbeit der Wiener Wissenschaftler ist deshalb so wichtig, weil viele bösartige Karzinome sogenannte Adenome als – zunächst noch – ungefährliche Vorläufer haben. Karzinome entstehen aus entarteten Epithelzellen. Letztere bedecken als Trennungsschicht innere oder äußere Oberflächen des Körpers. Entarten diese Zellen, spricht man von Karzinomen. Darauf entfallen die häufigsten Krebserkrankungen wie Lungen-, Magen-, Darm-, Brust-, Prostata-, Bauchspeicheldrüsen- und andere Karzinome.

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