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Gletscher: Der Tag, an dem Grönland schmolz

Grönland wird noch auf absehbare Zeit von Gletschern geprägt werden. Doch momentan schmelzen sie wie Butter in der Sonne. Am 31. Juli 2019 nahm dies rekordverdächtige Ausmaße an.
Eis auf Grönland

Der Juli brachte nicht nur neue Rekordtemperaturen in Teilen Westeuropas (gemeint ist stets: seit Aufzeichnungsbeginn), sondern auch außergewöhnliche Wärme nach Grönland. Selbst an der Summit Station auf 3215 Meter – dem höchsten Punkt Grönlands – überschritten die Temperaturen am 31. Juli 2019 die Null-Grad-Grenze: Mit 1,12 Grad Celsius übertrafen sie noch den bisherigen Rekord aus dem Jahr 2012, als das Thermometer 0,96 Grad Celsius anzeigte. Über elf Stunden lagen die Werte über dem Gefrierpunkt, eine Zeitdauer, die bislang ebenfalls noch nie gemessen wurde. »Wie 2012 erreichte die Gletscherschmelze selbst die größten Höhen des Eisschilds. Das ist höchst ungewöhnlich«, so der Geograf Thomas Mote von der University of Georgia gegenüber der »Washington Post«.

Mehr als 60 Prozent des gesamten grönländischen Eisschilds waren diese Woche von Gletscherschmelze betroffen. Allein am 31. Juli tauten Hochrechnungen zufolge zehn Milliarden Tonnen Eis. Im gesamten Juli gelangten wohl insgesamt 197 Milliarden Tonnen Schmelzwasser ins Meer – genug um den Meeresspiegel um 0,5 Millimeter anzuheben. Da in Grönland im Winter verglichen zum langjährigen Mittel relativ wenig Schnee fiel, geht die Schmelze an die Substanz der Gletscher, was direkt auf den Meeresspiegelanstieg durchschlägt.

Verursacht wurde die Hitzewelle durch eine ähnliche Wetterkonstellation, wie sie in der Woche zuvor Extremwerte in Westeuropa hervorbrachte: Ein kräftiger Hochdruckrücken führte sehr warme Luftmassen nach Grönland, so dass die Temperaturen deutlich über dem langjährigen Mittel lagen. Ungewöhnlich war zudem, dass die Wärme aus Osten und damit vom europäischen Kontinent kam. Normalerweise entstehen extreme Schmelzereignisse durch westliche oder südliche Wetterlagen. »Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir so intensives Tauwetter hatten, das mit Luftmassen aus Nordeuropa zusammenhing«, so Mote.

Eine Studie zu dem Ereignis 2012 kam zu dem Schluss, dass derart extreme Gletscherschmelzen wie in diesem Jahr bislang statistisch nur alle 250 Jahre stattfinden. Doch schon sieben Jahre später wiederholt sich diese Situation – ein weiteres Indiz dafür, dass die voranschreitende Erderwärmung Extremwetter wahrscheinlicher macht. Ungeachtet der Gletscherschmelze sorgen ausbleibende Niederschläge und lang anhaltende Trockenheit für zahlreiche Brände an der eisfreien Westküste Grönlands: Ausgetrocknete Moore haben sich dort seit dem Juni entzündet und brannten teilweise tage- und wochenlang, wie Satellitenbilder zeigten.

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