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News: Der Unsicherheit auf der Spur

Nicht nur für subatomare Teilchen gelten die Gesetze der Quantenmechanik. Auch makroskopische Gegenstände sollten diesen Regeln folgen. Die dabei auftretenden Effekte wären aber winzig und kaum messbar. Allerdings haben Wissenschaftler jetzt ein Werkzeug entwickelt, um vielleicht doch noch der geheimen Quantennatur des Makrokosmos auf die Spur zu kommen.
Quantenwippe
Für Temposünder ist das Leben deutlich schwerer geworden. Denn heutzutage ist es kein Problem mehr, die Geschwindigkeiten von vorbeifahrenden Fahrzeugen mit großer Genauigkeit zu bestimmen und sie dem richtigen Fahrzeug zuzuordnen. In der Quantenwelt sähe das ganz anders aus. Dort lässt sich entweder nur Position oder Geschwindigkeit eines Teilchens messen, nie aber beides gleichzeitig. Das folgt aus der berühmten Heisenberg'schen Unschärferelation.

Zum Glück gelten die Gesetze der Quantenmechanik im Makrokosmos nicht. Oder etwa doch? Zumindest rein theoretisch gesehen sollte die Unschärferelation auch bei größeren Gegenständen auftreten. Nur sind die dabei auftretenden Effekte so klein, dass sie bisher noch niemand gesehen hat. Doch Robert Knobel und Andrew Cleland von der University of California in Santa Barbara wollen das jetzt ändern – und zwar unter Einsatz von Nanotechnologie.

Genauer gesagt verwendeten sie einen so genannten single-electron transistor (SET) aus Aluminium. Das ist ein nur einige Mikrometer großer Transistor, der so bemessen ist, dass immer nur ein Elektron von Kontakt zu Kontakt quantenmechanisch tunneln kann. Die Geschwindigkeit mit der das geschieht, kann mit der angelegten Spannung gesteuert werden. Dabei reagiert das Gerät auch empfindlich auf äußere elektrische Einflüsse.

Gegenüber dem SET platzierten die Forscher einen winzigen etwa 200 Nanometer dicken, 250 Nanometer breiten und drei Mikrometer langen Balken aus einem Halbleiterkristall (Galliumarsenid), dessen Resonanzfrequenz bei 116 Megahertz lag. Das heißt, wenn das Material mit dieser Frequenz zum Schwingen angeregt wird, vibriert es am stärksten. Zusätzlich legten die Physiker an den Kristall unabhängig vom Transistor eine Spannung an. Das SET und der Halbleiterbalken bildeten somit einen Kondensator.

Dann wurde der ganze Apparat nahezu bis zum absoluten Nullpunkt abgekühlt – auf bis zu 30 Mikrokelvin. Das ist so frostig, dass eigentlich fast jegliche Bewegung innerhalb des Kristalls einfrieren sollte – zumindest wenn für den Balken nicht die Heisenberg'sche Unschärferelation gilt. Denn danach darf ein Teilchen nie absolut still stehen, weil dann seine Position fest und gleichzeitig seine Geschwindigkeit null wäre.

Da also beide Eigenschaften nicht gleichzeitig bekannt sein dürfen, sollte der Halbleiter stattdessen schwingen. Durch diese Schwingungen verändert sich nun der Abstand zwischen Halbleiter und SET und damit auch das elektrische Feld zwischen den beiden Bauteilen. Die Elektronen im SET bemerken das wiederum und tunneln mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch den Transistor.

Tatsächlich konnten die Forscher nachweisen, dass sich auf diese Weise Abweichungen von bis zu einem tausendstel Nanometer beziehungsweise einem Hundertstel der Größe eines Atoms bestimmen lassen. So beeindruckend das auch sein mag, leider ist das noch nicht ausreichend, um tatsächlich die Unschärferelation zu "sehen". Aber zumindest haben Knobel und Cleland gezeigt, wie es prinzipiell funktioniert.

Die Forscher sind deshalb auch zuversichtlich, dass es in naher Zukunft gelingen wird, das Gerät soweit zu verbessern, dass es noch kleinere Abweichungen messen kann. Außerdem hängen die Quantenschwingungen von der Resonanzfrequenz des Körpers ab und sind umso ausgeprägter, je höher diese Frequenz ist. Ein Testobjekt mit einer höheren Resonanzfrequenz könnte also die Forscher dem Ziel, Quanteneigenschaften an makroskopischen Gegenständen zu messen, ebenfalls näher bringen – auch wenn der Begriff "makroskopisch" bei so winzigen, kaum einen Mikrometer kleinen Gebilden kaum angebracht zu sein scheint.

Doch auch wenn die Objekte mit dem bloßen Auge schon nicht mehr sichtbar sind, bestehen sie dennoch aus Tausenden von Atomen und gelten damit in der Quantenwelt sehr wohl als wahre Giganten. Sollte das Experiment demnächst bei noch kleineren Abweichungen gelingen, dann ließe sich damit tatsächlich der Beweis erbringen, dass sich alles immer in Schwingung befindet – auch wenn diese Schwingungen unvorstellbar klein sind.

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