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Seltene Erden: Design-Protein trennt strategische Metalle

Ein künstlich verbessertes Protein verstärkt winzige Unterschiede zwischen Atomen. Der Effekt soll dazu beitragen, Chinas Beinahemonopol auf die seltenen Erden zu brechen.
Ein Wasserbecken zur Erztrennung in einem Bergwerk.
Erze abbauen ist nur der erste Schritt: Die meisten Rohstoffe müssen mit großem Aufwand aufbereitet werden, bevor man am Ende das gewünschte Metall erhält. Das verursacht oft nicht nur erhebliche Umweltverschmutzung, sondern auch hohe Kosten. Im Besonderen gilt das für die meist wenig angereicherten und schwer voneinander zu trennenden seltenen Erden.

Die Elemente der seltenen Erden gelten als Metalle der Energiewende – Stoffe wie Lanthan, Neodym oder Erbium stecken in so vielen Hightechanwendungen, dass sie nahezu unverzichtbar sind. Doch die begehrten Metalle sind gar nicht so einfach zu fassen: Sie sind sich untereinander chemisch so ähnlich, dass man sie nur mit großer Mühe und unter erheblichen Kosten voneinander trennen kann. Eine mögliche Lösung des Problems kommt aus der Biologie: Manche Mikroorganismen benötigen Seltenerdelemente, um zu wachsen, und sie besitzen spezielle Proteine, um die Metalle für ihren Stoffwechsel nutzbar zu machen.

Eine Arbeitsgruppe um Joseph A. Cotruvo Jr. von der Pennsylvania State University hat nun ein künstlich verändertes Protein geschaffen, das seltene Erden effizient voneinander trennen kann. Wie die Arbeitsgruppe in »Nature« berichtet, basiert das Eiweißmolekül auf dem Protein Lanmodulin, das seltene Erden bindet. Anhand ihrer genauen Kenntnis des Bindungsmechanismus veränderte die Gruppe dieses Protein an entscheidender Stelle so, dass es sehr empfindlich auch auf winzige Unterschiede im Atomdurchmesser reagiert. Dadurch erhielt das Team schließlich ein Molekül, das die beiden Elemente Neodym, benötigt für starke Magnete, und das chemisch ähnliche Dysprosium bis zu einer Reinheit von über 98 Prozent voneinander trennt.

Als Ausgangspunkt diente das besondere Lanmodulin des auf Eichen lebenden Bakteriums Hansschlegelia quercus. Lanmoduline sind kleine, unstrukturierte Proteine mit vier speziellen, Metalle bindenden Strukturelementen; in Gegenwart gelöster Seltenerdelemente finden sich je zwei Lanmoduline zu einem eng gebundenen Paar zusammen, das sechs der Metallatome bindet. Wie das Team um Cotruvo schreibt, weist das Lanmodulin von Hansschlegelia quercus jedoch eine Besonderheit auf: Die Bindungsstellen der Metallatome haben großen Einfluss auf die Bildung der Proteinpaare. Drückt ein etwas größeres Metallatom die Bindungstasche auseinander, verschlechtert sich die Bindung zwischen den beiden Lanmodulinen – und damit auch die Bindung der seltenen Erden.

Die Arbeitsgruppe veränderte das seltene Erden bindende Protein nun gezielt so, dass dieser Effekt drastisch verstärkt wird. Ist der Durchmesser des Metallatoms groß, kann eine einzelne Aminosäure in der Bindungstasche dieses nicht mehr korrekt binden. Sie dreht sich zur Seite. Dabei verdrängt sie eine Aminosäure des zweiten Lanmodulins – und plötzlich hält das Metalle bindende Proteinpaar nicht mehr zusammen. Auf diese Weise verstärkt das veränderte Lanmodulin minimale Unterschiede im Durchmesser der Metalle zu erheblichen Unterschieden in der Bindungsstärke.

Lässt man eine Lösung der Metalle über befestigte Lanmoduline fließen, werden die verschiedenen Elemente unterschiedlich stark aufgehalten und wandern unterschiedlich schnell. So kann man sie trennen. Großtechnisch ist dieses Verfahren zu teuer, weil es sehr aufwändig ist, die Proteine in großen Mengen herzustellen. Die Gruppe um Cotruvo hofft jedoch, das Prinzip für billigere und einfacher herzustellende Bindungsmoleküle nutzen zu können. So soll nicht nur die Gewinnung seltener Erden aus den bisherigen Rohstoffen weniger kosten, sondern bislang ungenutzte Quellen außerhalb Chinas, das derzeit mehr als zwei Drittel des Marktes kontrolliert, wirtschaftlich werden.

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