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Desinfektion: Plastikfolie reinigt Wasser mit Licht

Millionen Menschen trinken verschmutztes Wasser, denn bisher gibt es keine alltagstaugliche, billige Möglichkeit, es zu desinfizieren. Eine neue Folie, die mit Licht Radikale erzeugt, könnte das ändern. Das Material überwindet mehrere Probleme ähnlicher Verfahren.
Jemenitin holt Wasser an einem öffentlichen Basin
Rund ein Viertel der Menschheit hat nur begrenzten oder gar keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser.

Weltweit sterben rund eine halbe Million Kinder unter fünf Jahren an Durchfall. Die Ursache ist oft verschmutztes Wasser – denn sauberes Trinkwasser ist an vielen Orten nur schwer zu bekommen. Wasser zuverlässig zu desinfizieren ist technisch aufwändig, oft fehlen Geld und Infrastruktur. Nun stellt eine Arbeitsgruppe um Yu-Xin Ye und Gangfeng Ouyang von der Sun Yat-sen University in Zhuhai, China, eine Folie vor, die gefährliche Keime im Wasser mithilfe von Licht tötet. Wie das Team in der Fachzeitschrift »Nature Water« berichtet, enthält das Material Kettenmoleküle aus chemischen Bauteilen, die durch Licht zu langlebigen Radikalen werden. Diese greifen dann die Zellmembran von Bakterien an und töten sie so, während sie selbst wieder ihre ursprüngliche Struktur annehmen und erneut Radikale bilden können. Nach Angaben der Fachleute verringert die Folie so die Konzentration von Bakterien auf weniger als ein Zehntausendstel, und das selbst unter schwachem Licht, zum Beispiel von einem Handy.

Die Idee, Wasser mit einem Material zu desinfizieren, das mit Licht Radikale erzeugt, ist keineswegs neu. So erzeugen zum Beispiel Titandioxid-Teilchen – die etwa in Wandfarbe enthalten sind – mit UV-Licht aus Wasser freie Radikale, die Bakterien töten können. Allerdings sind die mit solchen Photokatalysatoren erzeugten Radikale sehr kurzlebig; dadurch braucht man viel Licht, um mit ihnen Wasser effektiv zu desinfizieren. Zusätzlich sind sie so aggressiv, dass sie den Katalysator selbst oder sein Trägermaterial angreifen. Um dieses Problem zu umgehen, experimentierten die Fachleute mit komplexen organischen Molekülen, die Licht sammeln und sehr stabile Radikale bilden. Anders als metallhaltige Katalysatoren lassen sich ihre Eigenschaften einfach gezielt verändern. Zusätzlich kann man sie zu langen Molekülketten verbinden und so in gängige Kunststoffe einarbeiten.

Bereits 2024 stellten die Fachleute um Ye und Ouyang fest, dass das Molekül Anthrachinon unter Licht sehr stabile Radikale bildet, wenn man es mit einem anderen Molekül verbindet, das einzelne Elektronen anliefert. Doch erste Versuche scheiterten schlicht daran, dass die Radikale noch nicht stabil genug waren und Bakterien sich schneller regenerierten, als die Moleküle sie beschädigen konnten. In der neuen Veröffentlichung stellt die Arbeitsgruppe nun eine chemisch modifizierte Version der Moleküle vor, die als lange Ketten in sehr hoher Konzentration in einer Folie aus Plastik eingebunden sind. Die Folie schwimmt auf Wasser und desinfiziert es nach Angaben des Teams auch unter schwachem Licht binnen 30 Minuten. Prinzipiell könnten damit Familien in armen Regionen ihr Wasser sehr einfach selbst reinigen. Gegenüber der Zeitschrift »Chemistry World« bewerten Fachleute die Folie vorsichtig positiv. Sie erscheine für den praktischen Einsatz erstaunlich geeignet, allerdings müsse man noch prüfen, wie sie sich langfristig verhält und wie teuer sie sei.

  • Quellen
Huang, Y. et al, Nature Water 10.1038/s44221–025–00500–0, 2025

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