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Sexualität: Deuten Sadomaso-Vorlieben auf emotionale Probleme hin?

Sadomaso-Sex hat kein gutes Image. Wer so etwas mag, müsse gestört sein, lautet ein verbreitetes Vorurteil. Doch erste Befunde lassen eher auf eine besonders stabile Psyche schließen.
Ein Paar Handschellen mit rosa Plüschüberzug liegt auf einer blauen, gesteppten Oberfläche. Die Handschellen sind durch eine silberne Kette verbunden. Die Szene vermittelt einen Kontrast zwischen der weichen Textur des Plüschs und der metallischen Härte der Handschellen.
Fesseln oder gefesselt werden: Auch psychologisch gesehen macht das einen Unterschied.

Eine sexuelle Präferenz für BDSM – Bondage (Fesselung), Disziplinierung, Sadismus und Masochismus – galt lange als psychische Störung. Heute zählt sie dazu nur noch, wenn aus den Vorlieben Probleme erwachsen, etwa weil jemand selbst darunter leidet oder andere darunter leiden lässt. Dennoch gilt eine Vorliebe für BDSM immer noch als Stigma: Wer derartige Neigungen hege, sei unsicher gebunden und emotional labil, so lauten zwei Vorurteile, die nun eine Forschungsgruppe um den Psychologen Oscar Lecuona von der Universität Madrid überprüft hat. Ihr Fazit im »Journal of Homosexuality«: Einvernehmlicher Sadomaso-Sex ist kein Zeichen für emotionale Probleme.

Das Team hatte über soziale Medien und einen Sex-Newsletter zu seiner Studie eingeladen. Rund 1900 Personen folgten dem Aufruf. Im Mittel waren sie rund 28 Jahre alt; knapp die Hälfte war in festen Händen, und mehr als die Hälfte zählte sich zum LGBTQIA-Spektrum. 60 Prozent gaben an, schon einmal BDSM praktiziert zu haben, die meisten davon entweder in einer dominanten oder einer unterwürfigen Rolle (»Doms« oder »Subs«) und ein Teil in wechselnden Rollen (»Switch«). Alle beantworteten unter anderem Fragen zu ihrem Bindungsstil und Wohlbefinden sowie zu ihrer Persönlichkeit.

Die BDSM-Erfahrenen berichteten häufiger über eine sichere Bindung und über ein höheres Wohlbefinden als die Unerfahrenen. Darüber hinaus beschrieben sie ihre Persönlichkeit im Mittel als emotional stabiler, extravertierter, gewissenhafter, aber unverträglicher als die übrigen Befragten. Das galt vor allem für die Dominanten unter ihnen, während sich die Unterwürfigen von den Unerfahrenen weniger oder auf andere Weise unterschieden; zum Beispiel waren sie verträglicher und introvertierter. Mit Ausnahme der »Sub«-Männer waren die BDSM-Erfahrenen noch dazu offener für neue Erfahrungen als Unerfahrene. Außerdem waren »Doms« nach eigenen Angaben weniger empfindlich gegenüber Zurückweisungen als die übrigen Befragten.

Ältere Untersuchungen in Australien und in den Niederlanden waren bereits zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Das Team um Lecuona vermutet, »dass Menschen, die BDSM praktizieren, gesündere Beziehungen führen«. Die gemeinsamen Vorlieben auszuleben, könne beispielsweise Gefühle von Verbundenheit und Selbstbestimmtheit fördern. Dennoch geben die Forschenden zu bedenken, dass die Befunde noch an repräsentativen Stichproben überprüft werden müssten.

  • Quellen
Lecuona, O. et al., Journal of Homosexuality 72, 10.1080/00918369.2024.2364891, 2025

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