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News: Die eigenen Knochen sind die besten

Wenn Knochen bei Unfällen, Arthritis oder Tumoroperationen zerstört oder entfernt werden, sind die Methoden zum Ersatz der verlorenen Strukturen oft unbefriedigend. Am besten wäre es, körpereigene Knochensubstanz als Knochen zu verwenden. Allerdings ist die nur in geringem Maße zu bekommen und die Transplantation ist häufig mit schmerzhaften Nebenwirkungen verbunden. Darum haben Wissenschaftler einen anderen Weg gesucht: Sie züchten kleine Knochenstücke aus den Knochenmarkszellen der Patienten.
Beim Verlust von Knochen setzen Ärzte zur Zeit noch Metallstücke als Ersatz ein. Aber Metall verbindet sich nicht besonders gut mit Knochen und zeigt auch nicht die benötigte Flexibilität. Eine alternative Möglichkeit ist die Transplantation von Stücken aus den eigenen Knochen des Patienten. Dabei können aber nur kleine Fragmente versetzt werden, und die Entnahmestelle kann bis zu einem Jahr noch schmerzen. Transplantate von Knochenbanken dagegen vertragen sich nicht immer mit dem Immunsystem des Patienten.

Joost de Bruin von der Firma IsoTis in Bilthoven ist der Ansicht, dass die Anzucht von eigenen Knochen die beste Lösung ist. Seine Kollegen und er haben eine Methode entwickelt, Knochenmarkszellen von Tieren zu kultivieren und sie dann zusammen mit Wachstumsfaktoren auf ein Gerüst aus Hydroxyapatit, der mineralischen Komponente des Knochens, zu pflanzen. Nach etwa vier bis sechs Wochen haben die Zellen eine Schicht normalen Knochens sezerniert, die das Gerüst umgibt.

Diese so gebildeten Knochenstücke können problemlos in das Tier implantiert werden, aus dem die Zellen stammten. Die Wachstumsfaktoren regen das Wachstum des umgebenden Knochens an, was eine Verbindung mit dem Implantat bewirkt. Die Wissenschaftler konnten bereits zwei Zentimeter lange Segmente der Speiche von Kaninchen erfolgreich ersetzen. Nun wollen sie fünf Zentimeter lange Stücke des Oberschenkelknochen von Ziegen in Angriff nehmen. Auch mit dem Wachstum von Knochen aus menschlichen Zellen konnte das Team bereits Erfahrungen machen.

Andere Forscher arbeiteten schon mit Hydroxyapatit-Gerüste, die mit Knochenmarkszellen gespickt waren und erst nach der Transplantation Knochen bildeten. "Das dauert aber eine ganze Weile", sagt de Bruijn. Aber Zeit ist nicht immer vorhanden. Beim Ersatz von brüchigen Knochen rund um ein Metallimplantat müssen die Verbindungen schnell hergestellt werden, da sonst das Metall zu wandern anfängt und erheblichen Schaden anrichten kann. Die IsoTis Knochen wachsen nach Aussage des Wissenschaftlers schnell mit dem restlichen Knochen und dem Metallimplantat zusammen.

Hydroxyapatit ist als Gerüststoff allerdings nicht ideal. Die Substanz ist brüchig und wird nicht absorbiert und durch neu entstehenden Knochen ersetzt. Außerdem ist Knochen durch seinen Proteinanteil biegsamer als das Mineral allein. Aus diesem Grund suchen die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Polymer-Forschern ein geeigneteres Material. Ein aus Stärke gefertigtes Gerüst ist ähnlich stabil und flexibel wie normaler Knochen. Und ein Polyactive genannter Kunststoff scheint ebenfalls günstige Eigenschaften zu besitzen. Aus ihm lassen sich mit dem Skalpell zierliche Knochenstücke schnitzen. Beide Polymere werden langsam absorbiert, was ein schrittweises Ersetzen des Stützmaterials durch neu entstehenden Knochen erlaubt.

"Das sollte funktionieren", sagt Lee Weiss von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. "Aber in der Praxis führen die Chirurgen ungern mehrere Schritte aus: die Entnahme der Knochenmarkszellen, ihre Kultur unter sterilen Bedingungen und dann die Transplantation zurück in den Organismus." De Bruijn jedoch ist überzeugt von seiner Methode. Er meint, dass aus speziell geformten Gerüsten neue Hüftgelenke entstehen könnten. Das Polymer würde bestimmte Wachstumsfaktoren freigeben, die an der Spitze die Knochenmarkszellen dazu anregen, Knorpel zu bilden, während sie an den Seiten die Zellen zum Sezernieren von Knochen stimulieren. "Ein Problem ist allerdings die Versorgung des neu entstandenen Gewebes mit Blutgefäßen", gesteht de Bruijn. "Aber wir könnten Kanäle in das Gerüst einfügen oder sogar künstliche Gefäße erzeugen".

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