ESA-Mission PLATO: Die Raumsonde zur Suche nach Exoplaneten startet bald

Vor rund 30 Jahren war die erste Entdeckung eines Planeten um einen sonnenähnlichen Stern außerhalb unseres Planetensystems eine Sensation, nicht nur für die Fachwelt. Mittlerweile sind mehrere tausend dieser extrasolaren Planeten gefunden worden.
Neben Beobachtungen mit bodengebundenen Teleskopen haben Weltraummissionen die Zahl der Entdeckungen deutlich erhöht. Das begann im Jahr 2007 mit der CNES/ESA-Mission CoRoT, mit welcher der erste eindeutig bestimmte Gesteinsplanet, CoRoT-7b, nachgewiesen werden konnte. Kurz danach startete die Kepler-Mission der NASA, mit der man Tausende von Planeten zusammen mit vielen bis heute noch nicht eindeutig identifizierten Planetenkandidaten entdeckte. Missionen, die zurzeit aktiv nach Exoplaneten suchen, sind das Weltraumteleskop TESS der US-Raumfahrtbehörde NASA und CHEOPS der Europäischen Weltraumagentur ESA, wobei sich letztere auf die genaue Charakterisierung bereits bekannter Systeme konzentriert.
Bis heute hat man noch keinen wirklich erdähnlichen Planeten um einen sonnenähnlichen Stern gefunden. Die Variabilität der Sterne ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, der die Nachfolgemessungen von vielen leuchtschwachen Sternen mit Planeten verhindert. Nur bei hellen Sternen hat man eine Chance, die Variabilität des Sterns zu modellieren und zu verstehen.
Dies gab die Richtung für die neue Mission PLATO vor, nämlich gezielt bei hellen Sternen nach Planeten zu suchen, die nach der Entdeckung mit der Transitmethode weiter charakterisiert und vom Boden aus beobachtet werden können. Radius, Masse und Alter der entdeckten Planeten sollen mit einer hohen Genauigkeit bestimmt werden: der Radius mit einer Genauigkeit von drei Prozent, die Masse und das Alter mit je zehn Prozent. So kann man die mittlere Dichte ermitteln und erhält einen Schlüssel zum Verständnis des Planetenaufbaus.
PLATO – der Name steht für PLAnetary Transits and Oscillations of stars – wurde vor rund zehn Jahren von der ESA als M-Klasse-Mission in ihrem Programm »Cosmic Vision 2015 – 2025« ausgewählt (siehe »Der Satellit PLATO«). Die Nutzlast der PLATO-Mission wurde von einem internationalen, wissenschaftlichen Konsortium gemeinsam mit der ESA entwickelt mit einem bedeutenden Beitrag aus Deutschland, finanziert durch die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Die Leitung des PLATO-Mission-Konsortiums liegt bei Heike Rauer vom DLR. Inzwischen sind die Arbeiten weit vorangeschritten, der angepeilte Starttermin Ende 2026 rückt näher. Zu diesem Termin soll PLATO mit einer Ariane-6-Rakete vom europäischen Weltraumzentrum Kourou in Französisch-Guayana starten.
PLATO: Ein neuartiges Teleskopdesign mit 26 Kameras
Das PLATO-Instrument ist kein einzelnes Teleskop mit einem großen Hauptspiegel und dem Detektor in der Brennebene des Spiegelsystems. Ein solches Design wäre nur mit sehr komplexen optischen Oberflächen möglich gewesen. Stattdessen gibt es bei PLATO 26 einzelne Kameras (siehe »Test im Vakuum«), die in Gruppen versetzt zueinander orientiert sind und insgesamt ein großes Gesichtsfeld aufweisen. In die Mitte schauen alle Kameras, so dass das Licht eines Sterns, der in diesem Bereich liegt, von allen 26 Kameras registriert wird (siehe »Beobachtungsgebiete für Plato«). Zu den Rändern hin nimmt die Zahl der beobachtenden Kameras ab. Die Lichtkurven der Sterne werden so mehrfach und unabhängig voneinander gemessen, und durch Addition erhält man die erforderliche Signalstärke. Störungen in einer Kamera, beispielsweise durch kosmische Strahlung, beeinträchtigen die Qualität der Messung daher nicht wesentlich.
Kameras mit verschiedenen Aufgaben
Die optischen Elemente sind in allen Kameras identisch, die Sensoren unterscheiden sich aber darin, in welchem Takt Daten ausgelesen werden. Es gibt zwei »schnelle« Kameras, deren CCDs alle 2,5 Sekunden ausgelesen werden, und es gibt die 24 normalen Kameras mit einem Takt von 25 Sekunden. Die Informationen von den schnellen Kameras werden benötigt, um den Satelliten präzise ausrichten und nachführen zu können. Gefordert ist eine Ausrichtung, die über einen Zeitraum von drei Monaten nicht mehr als drei Bogensekunden vom Zielobjekt abweicht und sich nicht mehr als sechs Bogensekunden verdreht – eine große Herausforderung (siehe »Die Bahn von PLATO«).
Die anspruchsvolle Ausleseelektronik sowie die Elektronik zur Datenverarbeitung der schnellen Kameras, die auch die exakte Ausrichtung des Satelliten berechnet, wurden am DLR in Berlin entwickelt und für die Mission startklar gemacht. Es gibt noch eine Besonderheit bei den schnellen Kameras: Sie sind mit einem Blau- beziehungsweise Rotfilter ausgestattet. Der Blaufilter lässt die Wellenlängen von 500 bis 675 Nanometern durch, der Rotfilter die von 675 bis 1125 Nanometern. So lassen sich Transitereignisse in verschiedenen Farben beobachten und durch die Unterschiede Hinweise auf die Zusammensetzung der Atmosphäre eines Planeten und die geometrische Albedo erhalten.
Alle Kameras sind echte Europäer
Die Herstellung der einzelnen Kamerateile – der optischen Elemente, der Detektoren und der elektronischen Module – verteilte sich über verschiedene europäische Länder, darunter Italien, Schweiz, Schweden, Spanien, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Belgien. Am Centre Spatial de Liège (CSL) im belgischen Lüttich wurden die Kameras dann zusammengebaut. Die Weltraumqualifizierung fand in drei Testeinrichtungen statt: in den Niederlanden beim SRON Netherlands Institute for Space Research, in Frankreich am Institut d’Astrophysique Spatiale (IAS) und in Spanien beim National Institute of Aerospace Technology (INTA).
Dabei wurden die Kameras in einer genau festgelegten Prozedur bezüglich ihrer Strukturfestigkeit einem Rütteltest unterworfen, um ihr Verhalten im Vakuum und bei Temperaturänderungen zu ermitteln. Alle Kameras sind bereits auf Herz und Nieren getestet und als weltraumtauglich qualifiziert worden und befinden sich jetzt bei der Firma OHB System AG in Oberpfaffenhofen, dem Hauptauftragnehmer der PLATO-Mission für die Satellitenplattform. Dort wurden sie auf einer speziellen Plattform, der so genannten optischen Bank, hochpräzise montiert und justiert (siehe »24 Augen für PLATO«).
Reparaturarbeiten, die beim Weltraumteleskop Hubble wegen seiner geringen Flughöhe noch mit dem Spaceshuttle möglich waren, sind bei PLATO ausgeschlossen. Hier darf nichts schiefgehen. PLATOs endgültige Position ist der Lagrange-Punkt L2, der 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt in Richtung der verlängerten Achse der Sonne zur Erde ist. Dort befinden sich beispielsweise das James-Webb-Weltraumteleskop und bis vor Kurzem auch der europäische Astrometriesatellit Gaia.
Synergien mit anderen Missionen
PLATO steht zwischen zwei anderen Exoplanetenmissionen der ESA: CHEOPS und ARIEL. Die Mission CHEOPS (CHaracterizing ExOPlanet Satellite) arbeitet zurzeit in der Verlängerung, wird aber im Jahr 2027, wenn bei PLATO die ersten wissenschaftlichen Daten einlaufen, vermutlich nicht mehr aktiv sein. CHEOPS arbeitet mit einem kleinen Teleskop mit einer 30 Zentimeter großen Öffnung und einem Blickfeld von nur 0,32 Grad – kleiner als der Vollmonddurchmesser und winzig im Vergleich zu PLATO. Doch hier kommt es auch nicht auf ein großes Gesichtsfeld an, sondern auf die hochpräzise Fotometrie, mit der CHEOPS einzelne Sterne beobachtet, bei denen man bereits Planeten gefunden hat und weitere finden will.
Zwei Jahre nach PLATO soll ARIEL (Atmospheric Remote-sensing Infrared Exoplanet Large-survey) starten. Das Weltraumteleskop soll mit der Transitspektroskopie die Atmosphären einer großen Zahl von Planeten ermitteln. Interessant wird es auch, wenn der Einsatz des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) über das Jahr 2026 verlängert wird. Das JWST, eine gemeinsame Mission der NASA, der kanadischen Weltraumagentur CSA und der ESA, ist seit dem Jahr 2021 im Einsatz und hat sehr interessante spektrale Messungen gemacht, mit denen man erste Informationen über die Existenz und die Bestandteile von Planetenatmosphären bekommen hat. Wenn beide Missionen zur selben Zeit arbeitsfähig sind, dann könnte das JWST PLATO-Objekte nachbeobachten, insbesondere um ihre Atmosphären zu analysieren sowie die Beleuchtung und die Albedo zu bestimmen. PLATO wäre damit so etwas wie ein Lieferant von hochinteressanten Kandidaten für das JWST.
Weitere Missionen, die zusammen mit PLATO helfen werden, die Häufigkeit von erdgroßen Planeten auf erdähnlichen Bahnen abzuschätzen, sind das im Bau befindliche Nancy-Grace-Roman-Weltraumteleskop (NGRST) der NASA und die bereits aktive Mission Euclid von der ESA. Beide Missionen können mit der Microlensing-Methode arbeiten und bieten damit das Potenzial, erdgroße Planeten mit Bahnen von etwa einer Astronomischen Einheit zum Zentralgestirn zu entdecken, allerdings nicht mit so genauen Planetenparametern wie PLATO.
Die PLATO-Mission bietet ein enormes Potenzial für ein vertieftes Verständnis der Exoplaneten. Schätzungsweise könnte PLATO einige dutzend Planeten mit einem Radius von weniger als zwei Erdradien in der habitablen Zone ihres Zentralsterns bei Helligkeiten oberhalb von 11 mag entdecken. Damit könnte man einer möglichen zweiten Erde einen Schritt näher kommen. Die Exoplanetengemeinde in Europa und darüber hinaus erwartet die Ergebnisse mit Spannung.
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