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Raubtiere: Die fatale Anziehungskraft von totem Fleisch

Große Raubtiere sind lebenswichtig für Ökosysteme, denn sie halten auch kleine Fleischfresser im Zaum. Dazu nutzen sie eine perfide Strategie.
Ein Puma

In den letzten Jahrzehnten haben sich Kojoten über große Teile der USA ausgebreitet, auch weil ihre Gegenspieler wie Pumas oder Wölfe über riesige Gebiete hinweg ausgerottet wurden. In Mitteleuropa haben sich wiederum Füchse stark vermehrt, weil die Tollwut bekämpft wurde und große Fleischfresser fehlen. Große Raubtiere sind also sehr wichtig für Ökosysteme, weil sie kleinere Beutegreifer ebenfalls jagen und dadurch ihre Zahl niedriger halten. Dabei nutzen sie wohl regelmäßig auch die Chance zum Doppelschlag, wie Laura Prugh und Kelly Sivy von der University of Washington in »Ecology Letters« beschreiben.

Die beiden Biologinnen haben sich in einem weltweiten Vergleich angesehen, wie große und kleinere Fleischfresser an Aas interagieren. Dabei beobachteten sie einen Zusammenhang, den sie als »Fatale-Anziehungskraft-These« bezeichnen. Kleinere Karnivoren wie Füchse, Kojoten, Schakale oder Luchse stellen sich demnach bei getötetem Wild ein und profitieren dadurch am Jagderfolg der großen. Vor allem während Notzeiten wie Dürren oder in harten Wintern spielt das eine große Rolle, weil Aas als Nahrungsquelle wichtiger wird. Doch dieser Vorteil kann sich als tödliche Falle entpuppen. Denn bei Gelegenheit werden sie selbst regelmäßig am Kadaver getötet: durch ihre größeren Verwandten, die auch Fleischfresser fressen, wenn es sich anbietet.

Die Analyse der Wissenschaftlerinnen zeigt, dass dieser Einfluss stark mit dazu beiträgt, die Population kleinerer Raubtiere zu beschränken. Das sei ein wichtiger Unterschied zu menschlichen Jägern, die zwar große Pflanzenfresser erlegen und Überreste davon in der Natur zurücklassen. Doch würden sie eben nicht am Aas warten oder dorthin zurückkehren, um opportunistische Fleischfresser zu schießen.

Puma in der Kamerafalle | Große Fleischfresser wie Pumas lauern an Aas auch auf kleinere Raubtiere – und töten sie regelmäßig.

Im Westen Nordamerikas zeigte sich zudem, dass dieser Effekt in Gebieten mit drei großen Beutegreifern – Wolf, Grizzly und Puma – stärker auftritt als in Regionen, in denen nur zwei der Arten die Nachstellungen durch Menschen überlebt haben. Die unterschiedlichen Jagdstrategien der drei Mega-Fleischfresser machten sich in reduzierten Beständen der kleineren Verwandten bemerkbar, schreiben Prugh und Sivy. Katzenarten wie der Puma erlegten dabei gleichermaßen Hunde-, Katzen- oder Marderartige. Wölfe töteten hingegen fünfmal häufiger kleinere Hundearten als andere kleine Raubtiere. Großkatzen unterdrückten damit ein breiteres Spektrum anderer Spezies, weshalb ihr Verschwinden besonders nachteilig für ein Ökosystem sein könnte.

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