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News: Die Form macht's

Schickt man Strom durch ein beliebiges Stück Kupferdraht, so ist es einerlei, ob die Elektronen nun von links nach rechts fließen oder von rechts nach links. In der winzigen Welt der Moleküle sieht das jedoch anders aus: Symmetrisch aufgebaute Verbindungen weisen zwar in aller Regel auch symmetrische Leitfähigkeit auf, asymmetrische Moleküle leiten den Strom jedoch richtungsabhängig, wie sich nun herausstellte.
Noch gibt die Halbleitertechnik in der Elektronik und Computerindustrie den Takt an. Doch das könnte sich langfristig ändern, denn Wissenschaftler untersuchen bereits, inwieweit sich Moleküle als elektrische Bauelemente eignen – ja vielleicht sogar ganz neue elektronische Bauelemente ermöglichen. Denn im Mikrokosmos gelten die altbekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten häufig nicht mehr, sodass es zunächst die vorrangige Aufgabe für Forscher ist, die grundlegenden elektrischen Eigenschaften der Molekülen und Verbindungen zu erkunden. Die Schlüsselfrage lautet dabei: Wie fließt Strom durch ein einzelnes Molekül?

Genau dieser Frage widmen sich auch Joachim Reichert und seine Kollegen vom Forschungszentrum Karlsruhe. Die Forscher verwenden dabei eine spezielle Methode, die Bruchkontakttechnik, um die Leitfähigkeit der winzigen Proben zu untersuchen. Denn nanometerkleine Moleküle lassen sich nicht mit herkömmlichen Methoden mal eben zwischen zwei Elektroden einspannen.

Stattdessen stellen die Wissenschaftler zunächst mittels Elektronenstrahllithographie eine dünne Leiterbahn auf einem biegsamen Substrat her, die in der Mitte eine frei tragende Verjüngung von nur einigen Nanometern Breite aufweist – eine Miniaturbrücke sozusagen. Das Substrat samt Leiterbahn spannen die Wissenschaftler in eine Halterung ein, wobei ein Stempel genau in der Mitte von unten gegen das Substrat drückt. Dadurch biegt es sich, und der Engpass in der Leiterbahn reißt schließlich ein.

Auf diese Weise entstehen zwei Elektroden, die sich durch vorsichtiges Biegen des Substrats aufeinander zu und voneinander weg bewegen lassen – und zwar mit einer Präzision, die atomaren Längenskalen entspricht. Auf diese Stelle tropfen die Forscher aus einer Pipette die in einem organischen Lösungsmittel gelösten Moleküle. Kommen die Moleküle mit der Oberfläche in Kontakt, so gehen die funktionellen Schwefelgruppen an ihren Enden schnell eine Bindung mit ihr ein. Bewegt man nun die Elektroden langsam aufeinander zu, so wird irgendwann genau ein Molekül die Spalte zwischen den beiden Elektroden überspannen. Das lässt sich dann am Stromfluss eines angeschlossenen Messgeräts erkennen.

Reichert und seine Kollegen untersuchten so zwei verschiedene Moleküle auf ihre Leitfähigkeit: ein symmetrisches und ein asymmetrisches. Beide Moleküle waren nur zwei Nanometer groß, und beide trugen an ihren Ende jene funktionellen Schwefelgruppen, die an die Goldelektroden binden sollten. Die Forscher legten also unterschiedliche Spannungen über den Molekülen an und maßen den Strom, der durch sie floss.

Das symmetrische Molekül verhielt sich dabei weitgehend wie erwartet: Das heißt, die Stromstärke war in den meisten Fällen unabhängig von dem Vorzeichen der Spannung – unabhängig also von der Flussrichtung des Stroms. Anders sah es jedoch bei den asymmetrischen Molekülen aus. Hier machte es sehr wohl einen Unterschied, ob nun gerade eine positive oder eine negative Spannung anlag. Denn die Stromstärke blieb in diesem Fall nicht vom Betrag her gleich, wie im ersten Fall. Die Leitfähigkeit hing hier also von der Richtung des Stromsflusses ab. Zumindest ein Teil dieser Asymmetrie im Stromtransport stammt wohl von der ungleichmäßigen Ladungsverteilung und der asymmetrischen Anordnung der Molekülorbitale in der organischen Verbindung.

Allerdings muss man aufpassen, denn auch bei dem symmetrischen Molekül wies ein Teil der Messungen auf asymmetrisches Verhalten hin. Dies lässt sich wahrscheinlich auf die Bindung an den Goldelektroden zurückführen, die nicht immer gleich ist und so ebenfalls ein Element der Asymmetrie einfließen lässt. Das macht es natürlich schwierig, die einzelnen Beiträge der Asymmetrie auseinander zu halten. Aber immerhin, die Vergleiche zwischen den beiden Molekülen zeigen, dass die Struktur durchaus eine Richtungsabhängigkeit der Leitfähigkeit bewirken kann. Vielleicht lässt sich das ja irgendwann einmal dazu nutzen, einen winzigen Gleichrichter zu bauen – ein elektronisches Bauelement aus nur einem einzigen Molekül, das den Strom in eine Richtung sperren kann. Damit wäre jedenfalls der erste Schritt zum Molekülcomputer getan.

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