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News: Die gekrümmte Welt der Theoretiker

'Der absolute Raum, der aufgrund seiner Natur ohne Beziehung zu irgendetwas außer ihm existiert, bleibt sich immer gleich und unbeweglich.' Armer Newton. Die Welt von heute sieht anders aus: Relativitätstheorie, Quantenmechanik und Raumzeitkrümmung. Die Gravitation biegt den Raum, jedes kleinste Teilchen verformt das Ganze. Vorbei ist die Zeit der alles umfassenden Bezugssysteme, des unabhängigen Beobachters. Das ist die Neuzeit. Alles ist relativ. Und was bringt die Zukunft? Warp-Antrieb und Gravitationsblasen. Auch Lichtjahre entfernte Sterne werden zum Greifen nah, wenn sich der Raum geschickt um das eigene Raumschiff biegt. Das zumindest versprechen uns die Theoretiker. Nur ein winziges Problemchen überlassen sie noch den Experimentatoren: Um den Raum effizient zu verknäuseln, müssen sie negative Energie einsetzen.
Die Idee, wie auf einer Welle durch den Raum zu surfen, brachte 1994 Miguel Alcubierre auf, heute am Max Planck Institut für Gravitationsphysik in Potsdam. Das Raumschiff müßte lediglich den Raum wellenartig krümmen, so daß das Ziel immer näher gezogen und der Abflugshafen geradezu Lichtjahre weggedrückt wird. Während das Raumschiff auf der Spitze der Welle ruht und die Besatzung sich dem täglichen Unterhaltungsprogramm widmet, ohne von so lästigen Problemen wie der Beschleunigung gestört zu werden, während dieser entspannenden Phase schrumpft der Raum vor dem Schiff zusammen und weitet sich hinter ihm aus. Quasi von selbst kommt das Ziel näher und schwindet der Start.

Der kleinen Haken an dieser sehr angenehm klingenden Theorie wurde in This Week am 26. Juli 1997 von Michael Pfenning und Larry Ford von der Tufts University, Massachusetts, aufgedeckt: Der Energieaufwand, um den Raum derart zu strecken und zu knautschen, ist nicht nur immens groß, er übersteigt sogar den gesamten Energieinhalt unseres Universums. Das, so sah man auch in der Theorie ein, wäre selbst für den gefuchstesten Experimentalphysiker ein unüberwindbares Hindernis.

Eine neue Idee mußte her, und da ließen sich die Theoretiker nicht lumpen. 1999, nur zwei Jahre später, erschien der Pre-Print des belgischen Physikers Chris Van Den Broeck von der Katholieke Universiteit in Leuven. Der Trick liegt in der Krümmung selbst. Gebastelt werden muß ein blasenähnliches Objekt mit winzig kleinem Volumen, gerade groß genug für das Raumschiff selbst, aber riesiger Oberfläche – das ganze allerdings vierdimensional. Geschickt geknuddelt könnte die Blase Start und Ziel der Reise beliebig nah aneinander quetschten, auch wenn sie an der Oberfläche Lichtjahre trennen.

Geradezu bescheiden ist der Energieaufwand, den Van Den Broeck für seine Raumkonstruktion veranschlagt: Nach seinen Berechnungen, die er in Anlehnung an die Resultate von Pfenning und Ford durchgeführt hat, benötigt er lediglich ein 1062stel der Energie, die Alcubierre noch fünf Jahre zuvor fordern mußte. Lediglich ein Gramm passenden "Raumkrümmungs-Materials" wäre nötig, um den Raum in einer verschrumpelten Blase um das Raumschiff zu ziehen.

Das passende Material zu finden, bleibt aber wohl den Experimentalphysikern überlassen. Zwar ist nur ein Gramm ist nötig, aber dieses Gramm muß negative Energie besitzen. Und daran verzweifeln dann wieder die Praktiker.

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