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News: Die gläserne Droge

Wollen die Drogenfahnder den Kokainhandel im wahrsten Sinne des Wortes an der Wurzel packen, müssen sie die Anbaugebiete der Kokapflanze aufstöbern. Da die Droge im Laufe ihrer Entstehung durch viele Hände geht, eignet sich die Zusammensetzung verschiedener Inhaltsstoffe nur begrenzt für die Ermittlung der Herkunft. Anders die Verteilung der Isotope des Kohlenstoffs und Stickstoffs. Ihre typischen Verhältnisse zueinander entstehen während des Pflanzenwachstums und sind je nach Region so verschieden, dass sie einem Absenderstempel gleich den Ursprungsort verraten.
Wer heimlich Kokain schnupft, muss dies mitunter bitter bereuen. Nicht nur Fußballtrainer können ein Lied davon singen. Doch Wissenschaftler sind nicht nur in der Lage, haarklein festzustellen, ob jemand innerhalb der letzten Monate zu der illegalen Droge gegriffen hat, auch die Hintermänner sind nun nicht mehr sicher. Denn James Ehleringer von der Stable Isotope Ratio Facility for Environmental Research der University of Utah entwickelte mit seinen Kollegen ein Verfahren, mit dem sie die Äcker identifizieren können, auf denen die Kokapflanze wuchs.

In den verschiedenen Anbaugebieten unterscheiden sich Böden und klimatische Verhältnisse. Beim Aufbau der organischen Substanzen kommt es daher zur Fraktionierung verschiedener Isotope, also unterschiedlich schwerer Atomarten eines Elementes. Dabei wird beispielsweise das Verhältnis des schweren Kohlenstoffatoms 13C zum leichten 12C relativ zu einem Standard durch den delta13C-Wert ausgedrückt. Analog dazu bezeichnet der delta15N-Wert das auf einen Standard bezogene Verhältnis der beiden Stickstoffatome 15N zu 14N. Derlei Isotopenfraktionierungen finden in der Wissenschaft vielfältige Verwendung. Mit ihnen lassen sich Wanderungsbewegungen von Schmetterlingen genauso rekonstruieren wie die Temperaturen während der letzten Eiszeit – und eben auch die Herkunft des betörenden "Schnees".

Die Forscher sammelten in den Andenregionen Boliviens, Kolumbiens und Perus insgesamt 200 Kokablätter und bestimmten an ihnen die delta13C- und delta15N-Werte. Anschließend extrahierten sie die Blätter und stellten Kokain mit einer Reinheit von 98 Prozent her. Der Vergleich zeigte, dass die Isotopensignaturen im Endprodukt in hohem Maße mit denen in den Blättern übereinstimmten und auf diese Weise eine sehr präzise räumliche Zuordnung erlaubten. Die Wissenschaftler konnten so 90 Prozent der 200 Kokablätter ihren Ursprungsorten zuordnen (Nature vom 16. November 2000).

In der Vergangenheit gab es eine ganze Reihe von Ansätzen, die Herkunft einer Kokainprobe zu bestimmen, wobei insbesondere die Verteilungsmuster verschiedener Alkaloide eine Rolle spielten. Da die verschiedenen Stadien der Kokainproduktion aber oft in mehreren Regionen erfolgt, werden einzelne Merkmale immer wieder überprägt. Die Isotopensignale haben ihren Ursprung hingegen allein in der Pflanze selbst, sie bleiben im Laufe der Raffinierung also erhalten. Erst wenn das Pulver in der Nase eines Konsumenten verschwindet, können auch die Forscher nichts mehr ausrichten. Denn in den Haaren sind auch die Isotopenverhältnisse nicht mehr auffindbar.

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