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Dank Corona-Maßnahmen: Die Grippewelle 2020 könnte ausfallen

Weltweit gibt es so wenig Grippefälle wie nie zuvor - vermutlich ein Nebeneffekt der Corona-Maßnahmen. Das könnte die zweite Welle von Sars-CoV-2 sogar noch zusätzlich bremsen.
Ein Mann im Bademantel liegt im Bett und schneuzt sich in ein Taschentuch.

Daten aus Ländern der Südhalbkugel deuten darauf hin, dass es im Winter 2020 auch in Deutschland wesentlich weniger Grippefälle geben könnte. In Ländern wie Argentinien, Australien oder Südafrika infizierten sich während der Grippesaison sehr viel weniger Menschen mit Influenzaviren als in normalen Jahren, berichten die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Demnach wurden zum Beispiel in Australien im Zeitraum von April bis Juli lediglich 33 Personen positiv auf Influenza getestet, ein winziger Bruchteil der normalen Rate. Auch die Weltgesundheitsorganisation meldet, dass auf der Südhalbkugel nahezu keine Influenza-Infektionen gemeldet worden seien.

Verantwortlich dafür sind nach Ansicht der Fachleute die Maßnahmen gegen Sars-CoV-2. Da weniger Massenveranstaltungen stattfanden und allgemein soziale Kontakte eingeschränkt wurden, verbreitete sich die Atemwegsinfektion weniger. Den Effekt sieht man nach Angaben der Behörde auch auf der Nordhalbkugel: In den USA sei die Zahl der zwischen den Grippewellen auftretenden Influenzafälle auf einem historischen Tiefstand. In Deutschland ist allerdings nach Angaben der Argeitsgemeinschaft Influenza des Robert Koch-Instituts wegen der geringen Zahl eingesandter Proben keine robuste Einschätzung der zirkulierenden Viren möglich.

Der Rückgang der Grippeinfektionen ist gleich doppelt eine gute Nachricht. Zum einen ist die Grippe selbst eine gefährliche Erkrankung, an der in Deutschland jedes Jahr tausende Menschen sterben. Zum anderen fürchten Fachleute, dass die Grippewelle auch die Verbreitung von Sars-CoV-2 fördern könnte. So fand eine Arbeitsgruppe um Matthieu Domenech de Cellès vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie Indizien dafür, dass die Grippe die Ansteckungen mit Sars-CoV-2 womöglich mehr als verdoppelte. Außerdem erhöht die Grippesaison die Zahl der Menschen, die mit schweren Atemwegserkrankungen in die Kliniken müssen, erheblich.

Während die Grippe weltweit auf einem historischen Tiefstand ist, sind andere Atemwegsinfektionen weniger leicht zu stoppen. In den letzten zwei Wochen ist laut RKI die Zahl der Atemwegsinfektionen in Deutschland deutlich angestiegen – weit mehr, als durch Sars-Cov-2 erklärt werden kann. Den Ergebnissen der Sentinel-Überwachung zufolge, bei der zufällige Stichproben ein grobes Bild der Infektionslage in Deutschland geben, sind dafür vermutlich weit überwiegend Rhinoviren verantwortlich. Diese ebenfalls alljährlich als Welle auftretenden Viren verbreiten sich sehr effektiv durch Schmierinfektion. Während also Abstand und Maske die direkt übertragenen Viren wie Influenza und Sars-CoV-2 deutlich ausbremsen, scheint es mit dem Händewaschen nicht ganz so gut zu klappen.

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