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Meeresfauna: Die Großen werden immer kleiner

Haie, Rochen, Schwertfische: Im Meer verschwinden gerade die großen Arten. Das hat es in der Erdgeschichte so noch nicht gegeben und könnte das Ökosystem völlig umgestalten.
Ein Goliath-Zackenbarsch untersucht einen fotografierenden Taucher

Um 93 Prozent ist die Zahl der Weißspitzen-Hochseehaie (Carcharhinus longimanus) in den Weltmeeren zurückgegangen. Hammerhaie nahmen um 89 Prozent und Weiße Haie um knapp 80 Prozent ab. Bestimmte Tunfischarten erzielen bei Versteigerungen auf Fischmärkten Höchstgebote, weil sie mittlerweile so selten sind. Und die Liste ließe sich mit Einbußen bei Rochen, Schwertfisch, Kabeljau und vielen anderen Arten beliebig fortsetzen. Dieser Verlust gerade großer Arten ist im erdgeschichtlichen Vergleich allerdings einzigartig und könnte das Ökosystem Meer für die nächsten Jahrtausende oder länger nachhaltig verändern, warnen Jonathan Payne von der Stanford University und seine Kollegen. Während vergangener Massenaussterbeereignisse traf es entweder kleine Arten oder beide Gruppen gleichermaßen, schreiben die Wissenschaftler mit Hinweis auf fossile Belege. Heute dagegen übernutzt der Mensch überwiegend die Megafauna des Meeres – neben Fischen, großen Schnecken und Krustentieren galt dies zumindest in den vergangenen Jahrzehnten auch für Meeressäuger.

Viele dieser Spezies gelten jedoch als Spitzenraubtiere, welche die Populationen kleinerer Arten in Zaum halten. Werden sie aus dem Ökosystem entfernt, beginnt eine Kettenreaktion, die im schlimmsten Fall das komplette Ökosystem durcheinanderbringt. Die explosive Zunahme des Dornenkronenseesterns (Acanthaster planci) etwa führen die Meeresbiologen auf den Verlust von räuberischen Tritonshornschnecken zurück, die massenhaft für Souvenirs abgesammelt wurden. Unkontrolliert nagten die Seesterne anschließend Korallenriffe klein. Wenn Haie fehlen, vermehren sich Schnapper, die wiederum häufiger Arten wie Papageifische fressen. Letztere ernähren sich stark von Algen und sorgen damit dafür, dass Korallen nicht darunter ersticken. Schwinden die Papageifische, leiden die Riffe. Derartige Beispiele ließen sich auf der ganzen Welt finden, so Payne und Co.

Völlig hoffnungslos ist die Situation jedoch noch nicht, wie die größten Bewohner der Ozeane zeigen. Dank strenger Schutzgesetze und Jagdverbote konnten sich viele Großwalarten in den letzten Jahrzehnten wieder erholen; die meisten Buckelwalpopulationen gelten mittlerweile nicht mehr als bedroht. Mit ausreichend großen Meeresreservaten und streng überwachten Fischfangquoten oder -verboten könnte daher auch der negative Trend bei Haien oder Tunfischen wieder gebrochen werden.

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