Tiermedizin: Die Maul- und Klauenseuche ist zurück

Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist nach drei Jahrzehnten wieder zurück in Deutschland. Die hochansteckende Viruserkrankung brach in einer Büffelherde im brandenburgischen Hönow aus. Die dort gehaltenen Wasserbüffel trugen den MKS-Erreger nachweislich in sich. Drei Tiere waren zum Zeitpunkt des Virusnachweises bereits verendet, weitere elf wurden getötet. Alle 14 Büffel seien infiziert gewesen, hieß es. Wie das Virus in ihre Herde gelangte, ist bisher unklar. Der letzte MKS-Ausbruch in Europa war 2011 in Bulgarien gemeldet worden.
Im Umkreis der Weide der infizierten Wasserbüffel laufen umfangreiche Probennahmen. Um die Seuche einzudämmen, wurden in nahe liegenden Beständen vorsorglich dutzende Schweine und Ziegen sowie einige Rinder getötet. Das Virus kann sich über Kleidung und Geräte und sogar in der Luft über große Entfernungen verbreiten. Zusätzlich sollen heute auf einem Betrieb in Schöneiche (Landkreis Oder-Spree) 55 Ziegen und Schafe sowie drei Rinder gekeult werden, wie eine Sprecherin des Landkreises sagte. Der dortige Hof hatte Heu von dem Büffel-Betrieb im Hönow bezogen. Laut Brandenburgs Agrarministerin Hanka Mittelstädt ist nicht bekannt, ob das Heu tatsächlich mit dem MKS-Virus kontaminiert war. Es handle sich um normale seuchenschutzrechtliche Maßnahmen. Weitere bestätigte Fälle seien bislang nicht bekannt. »Stand heute Morgen ist, dass die gegenwärtig ausgewerteten Proben keinen weiteren positiven Befund hatten«, sagte Mittelstädt der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Zur Eindämmung der Tierseuche hat die Ministerin von Samstag bis Montagnacht – für genau 72 Stunden – ein Transportverbot für Klauentiere angeordnet. Erst wenn die gesamte Datenlage vorliege, sollten die weiteren Maßnahmen besprochen werden.
»Ziel muss weiter sein, die Maul- und Klauenseuche schnell einzudämmen und die Folgen für Tiere sowie Schäden für unsere Land- und Lebensmittelwirtschaft so gering wie irgend möglich zu halten«, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir der dpa. Am heutigen Montag will er sich mit Branchenvertretern treffen.
Weit reichende Folgen
Tierpark und Zoo Berlin wurden vorsorglich bis einschließlich Montag geschlossen. Die am Freitag startende Agrarmesse Grüne Woche verzichtet darauf, Rinder, Schafe, Ziegen und Alpakas zu zeigen. Tierbestände in ganz Berlin werden vorsorglich getestet, wie eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz sagte.
Klarheit gibt es über die Variante des Erregers, wie das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) mitteilte. Nah verwandte Viren kommen demnach im Nahen Osten und in Asien vor. Ein passender Impfstoff könne rasch hergestellt werden. Ob er zum Einsatz kommt, hängt unter anderem von einer möglichen weiteren Verbreitung des Virus ab.
Experten des FLI gehen auf Grund von Wundmerkmalen an den Wasserbüffeln davon aus, dass die Infektion und damit die Einschleppung in den Bestand schon länger zurückliegt, wie eine Sprecherin des Landkreises Märkisch-Oderland sagte. Amtstierarzt Ralph Bötticher aus dem Kreis Märkisch-Oderland sagte der dpa, der betroffene Landwirt habe keine Futtermittel von außerhalb gekauft, sondern selbst Heu geerntet. Eine Einschleppung des MKS-Virus sei etwa über Urlauber und mitgebrachte Nahrungsmittel möglich, wenn Lebensmittelreste einfach in den Wald oder auf Wiesen geworfen würden.
Agrarbranche in großer Sorge
In der Landwirtschaft ist die Sorge vor der Maul- und Klauenseuche groß, zumal viele Betriebe bereits durch andere kursierende Krankheiten wie Blauzungenkrankheit, Afrikanische Schweinepest oder Vogelgrippe belastet sind. »Es ist eine Seuche, die hochinfektiös ist und einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen kann innerhalb von Deutschland«, sagte Mittelstädt. 2001 beispielsweise hatte es einen verheerenden Seuchenzug in Großbritannien mit Folgeausbrüchen in anderen europäischen Ländern gegeben; Millionen Tiere wurden damals getötet, der wirtschaftliche Schaden war immens.
Der neue Ausbruch in Brandenburg hat bereits jetzt wirtschaftliche Folgen. Das südkoreanische Landwirtschaftsministerium verbot sämtliche Schweinefleischimporte aus Deutschland. Für rund 360 Tonnen deutsches Schweinefleisch stehe eine Quarantäneuntersuchung bevor, teilte das Ministerium in Seoul am Samstagabend mit. Die Niederlande verhängten ein landesweites Transportverbot für Kälber. Das Bundeslandwirtschaftsministerium geht davon aus, dass Ausfuhren von Milch, Milchprodukten sowie Fleisch und Fleischprodukten in Länder außerhalb der EU kaum mehr möglich sind, wie es am Sonntag mitteilte. Zahlreiche notwendige Zertifikate zur MKS-Freiheit seien nicht mehr ausstellbar, wie das Ministerium erläuterte. Betroffen seien auch Exporte von Häuten, Fellen, gesalzenen Naturdärmen sowie Samen und Blutprodukten.
Deutschland verkaufte nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im vergangenen Jahr insgesamt rund 2,3 Millionen Tonnen Schweinefleisch und mehr als eine halbe Million Tonnen Rindfleisch ins Ausland. Der Großteil ging in europäische Länder. Beim Schweinefleisch ist Italien der größte Abnehmer vor Polen und den Niederlanden. Bei Rind- und Kalbfleisch sind die Niederlande der wichtigste Handelspartner vor Frankreich und Italien.
In Asien gilt Südkorea traditionell als wesentlicher Absatzmarkt für deutsches Schweinefleisch. Noch im Jahr 2019 führe die Republik Korea aus Deutschland rund 106 000 Tonnen Schweinefleisch ein, ehe die Importe im folgenden Jahr wegen eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest bis Frühjahr 2023 gestoppt wurden. (dpa/fs)
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