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Die Smartscopes Seestar S 50 und S 30: Astrofotografie leicht gemacht

Die vollautomatisch arbeitenden Kleinteleskope des chinesischen Herstellers ZWO finden in der Astroszene weltweit Beachtung. Zunächst erschien das Modell S 50, dann das kompaktere Modell S 30. Gelungene Astrofotos sollen damit für Laien in greifbare Nähe rücken. Wie verhalten sich die Smartscopes unter dem Sternenhimmel?
Ein astronomisches Bild zeigt den Pferdekopfnebel im Orion, erkennbar an seiner markanten, roten Gaswolke und dem dunklen, pferdekopfähnlichen Schatten. Im Vordergrund ist ein kleines, modernes Teleskop auf einem Stativ abgebildet. Der Hintergrund ist mit zahlreichen leuchtenden Sternen übersät. Das Bild kombiniert die Schönheit des Weltraums mit der Technologie der Astronomie.
Mit einem Smartscope zeigen sich Himmelsobjekte in ihrer ganzen Pracht, wie diese Aufnahme des Pferdekopfnebels im Sternbild Orion belegt.

Dass ein Kleinteleskop viral geht, habe ich mit dem Seestar S 50 Anfang 2024 in mehr als 15 Jahren eigener Social-Media-Nutzung das erste Mal erlebt. Zunächst einige, dann immer mehr meiner Online-Bekannten posteten astronomische Bilder, meist von Galaxien oder Emissionsnebeln, die sie mit dem frisch erworbenen oder als Geschenk erhaltenen kleinen robotischen Teleskop der Firma ZWO aufgenommen hatten. Jene Posts zogen weitere Seestar-Käufe nach sich, meinen eigenen Kauf eingeschlossen. Auffällig war dabei: Insbesondere unter den Profiastronominnen und -astronomen meines Online-Bekanntenkreises wuchs die Zahl der Seestar-Besitzer merklich. Allen Anzeichen nach war der chinesischen Firma ZWO ein erfolgreicher Sprung gelungen: von den markanten roten Astrokameras, die jedem hier mitlesenden Astrofotografen ein Begriff sein dürften, in den Markt für einfach zu bedienende robotische Kleinteleskope.

Für alle, deren astronomisches Interesse darin liegt, selbst digitale Bilder interessanter Himmelsobjekte aufzunehmen, bieten das Seestar S 50 und die seit Ende 2024 verfügbare, etwas kleinere Variante S 30 (siehe »Sternwarten für das Reisegepäck«) in der Tat eine fast unschlagbar einfache Möglichkeit, ohne großen Aufwand zu ansehnlichen Bildern zu kommen.

Sternwarten für das Reisegepäck | Die kompakten robotischen Teleskope Seestar S 50 (links) und S 30 (rechts) verfügen über Objektive mit 50 beziehungsweise 30 Millimetern Durchmesser. Sie lassen sich leicht transportieren und überall einsetzen. Per App gesteuert, richten sie sich automatisch auf ein interessierendes Himmelsobjekt aus, nehmen mit ihren internen Kameras eine Serie von Bildern auf und verarbeiten diese zu einem Astrofoto.

Einfache Inbetriebnahme

Geliefert werden das S 50 und S 30 jeweils in handlichen Transportbehältern und mit allem Zubehör, das für den Betrieb nötig ist (siehe »Überschaubares Zubehör«). Die größere Styroporbox des S 50 ist gerade noch klein genug, dass sie ins Flughandgepäck passt. Die Transporttasche des S 30 nimmt im Handgepäck generell nur wenig Platz ein. Auch die Gewichte der Teleskope von 2,5 Kilogramm (S 50) beziehungsweise 1,8 Kilogramm (S 30) sind akzeptabel. Zum Lieferumfang gehören zudem jeweils ein kleines faltbares Stativ, ein Daten- und Ladekabel (USB-C auf USB-A) sowie ein Objektivsonnenfilter, der beim S 50 klemmbar ist und beim S 30 magnetisch befestigt wird.

Überschaubares Zubehör | Zum Lieferumfang des S 50 (links) und des S 30 (rechts) gehören ein Transportkoffer beziehungsweise eine Tasche, in denen das Smartscope, das faltbare Stativ und die weiteren mitgelieferten Zubehörteile Platz finden. Die Maße des Seestar-50-Gehäuses betragen 142 × 130 × 257 Millimeter (Länge × Breite × Höhe); das Gerät wiegt etwa 2,5 Kilogramm. Die Maße des Seestar S 30 liegen bei 210 × 140 × 80 Millimetern, und das Gewicht beträgt 1,8 Kilogramm.

Im Routinebetrieb ist das Seestar nach wenigen Minuten einsatzbereit. Natürlich muss man, wie bei anderen elektronischen Geräten, sicherstellen, dass der eingebaute Akku aufgeladen ist. Um das Teleskop aufzustellen, wird das mitgelieferte kleine Stativ angeschraubt, oder man nutzt sein eigenes Fotostativ mit 3/8-Zoll-Befestigungsschraube. Nach dem Anschalten startet man die Seestar-App, die auf dem eigenen Smartphone oder Tablet läuft, klickt sich durch einen kurzen Verbindungsvorgang, welcher die App mit dem Seestar-eigenen WLAN verbindet, und dann startet das Kleinteleskop auch schon sein wenige Minuten dauerndes Kalibrationsprogramm am Himmel. Anschließend kann man mit den Beobachtungen loslegen.

Bei der allerersten Inbetriebnahme kommen zwei Schritte hinzu: die Installation der Seestar-App auf einem Smartphone oder Tablet sowie das manuelle Drücken des Reset-Knopfs am Seestar selbst, mit dem man die erste Verbindung mit dem betreffenden Smartphone oder Tablet bestätigt. Eventuell muss man zusätzlich den eingebauten Kompass des Seestar kalibrieren, indem man das Teleskop gemäß den Anweisungen in der App in senkrechter Richtung um sich selbst dreht.

Unter dem Sternenhimmel

Die Beobachtungen selbst sind einfach zu steuern. Die App ist übersichtlich aufgebaut und folgt den gängigen Konventionen für Smartphone-Apps. Allerdings bietet ZWO trotz entsprechender Bitten bislang keine deutschsprachige Version an, sodass das Seestar bislang nur auf Englisch genutzt werden kann. Für alle Anwendungen außer der Landschaftsfotografie oder Beobachtungen innerhalb unseres Sonnensystems drückt man in der App auf das Feld »Stargazing«. Sogleich werden lohnende, aktuell verfügbare Beobachtungsobjekte angezeigt, oder Objekte können gezielt gesucht werden. Alternativ kann man auch direkt ein Objekt aus der »Tonight’s best«-Liste – einer an Datum und Beobachtungsort angepassten Vorschlagsliste, die das Seestar anbietet – auswählen oder mithilfe der virtuellen Sternkarte gezielt finden. Am Ende besteht jeweils die Möglichkeit, das ausgewählte Objekt anzusteuern und die Beobachtung zu starten. Meine bevorzugte Vorgehensweise besteht darin, mich direkt zu der eingebauten zoombaren Sternkarte des Seestar durchzuklicken. Dort ist das jeweils aktuelle Beobachtungsfeld des Teleskops zu sehen. Dieses Feld lässt sich an den gewünschten Ort am Himmel verschieben und der Bildausschnitt dort direkt so wählen, wie ich es möchte.

Bei der ersten Beobachtung der jeweiligen Nacht orientiert sich das Seestar selbstständig am Himmel und führt eine Positionierungskalibration aus, indem es in azimutaler Richtung ein wenig nach links und nach rechts schwenkt. Das gelingt erfahrungsgemäß selbst dann, wenn am Beobachtungsstandort nur ein eingeschränkter Himmelsausschnitt zur Verfügung steht. Anschließend folgt noch eine Bildoptimierungsphase von meist weniger als einer Minute – und schon beginnt das Seestar mit dem Beobachten. Standardmäßig erstellt das Teleskop hierbei eine Serie von Bildern mit jeweils zehn Sekunden Belichtungszeit. Die Aufnahmen werden vom Seestar selbst in einem Bildstapel kombiniert (gestackt) und zu einem Summenbild verarbeitet. Das jeweilige Ergebnis, das auf den aktuell vorhandenen Einzelbelichtungen beruht, ist auf dem Smartphone oder Tablet live zu sehen: Während etwa alle 15 Sekunden eine neue 10-Sekunden-Belichtung hinzukommt, kann man zuschauen, wie das Bildrauschen des Summenbilds nachlässt und wie leuchtschwächere Objekte mit der Zeit immer deutlicher sichtbar werden.

Auf diese Weise kann über Minuten hinweg dort, wo in der Live-Vorschau nur ein Sternfeld zu sehen war, eine Galaxie erscheinen und dann zunehmend kontrastreicher sichtbar werden – durchaus ein Erlebnis für sich. Für mich und sicher viele andere Nutzerinnen und Nutzer des Seestar findet dieser Teil des Beobachtungsabends bereits im Warmen statt: Das integrierte WLAN eines solchen Teleskops hat eine Reichweite von rund zehn Metern, sodass sich das Teleskop im Garten oder auf dem Balkon von der Wohnung aus steuern lässt. Zudem ist ein Einbinden des Teleskops in ein vorhandenes WLAN, mit dann gegebenenfalls größerer Reichweite, möglich. Damit ist bereits alles beschrieben, was man als Einsteigermodus der Seestar-Teleskope bezeichnen könnte.

Im Überblick: Die Smartscopes Seestar S 30 und S 50

Die kompakten Smartscopes Seestar S 30 und S 50 des chinesischen Herstellers ZWO lassen sich mit der Seestar-App steuern, automatisch auf ein gewünschtes Himmelsobjekt ausrichten und nachführen. Die von den Teleskopen gewonnenen kurz belichteten Einzelbilder eines Objekts werden intern zu einem Bildstapel und anschließend zu einem Summenbild verarbeitet. Eingebaute Lithium-Ionen-Akkus sichern eine Stromversorgung für etwa sechs Stunden; der Anschluss einer USB-Powerbank ist ebenfalls möglich.

Die Modelle S 30 und S 50 unterscheiden sich durch ihre optischen Merkmale, ihr Gewicht und ihren Preis (siehe »Die beiden Modelle im Vergleich«). Das Lichtsammelvermögen des Seestar S 50 ist aufgrund seines Objektivdurchmessers von 50 Millimetern größer als beim S 30 mit 30 Millimetern Objektivdurchmesser. Das S 30 eignet sich aufgrund seiner kürzeren Brennweite besonders für die Fotografie ausgedehnter Himmelsobjekte, beispielsweise von galaktischen Nebeln oder der Andromedagalaxie. Das Seestar S 50 bildet dank seiner längeren Brennweite Objekte mit kleinerer Winkelausdehnung in höherer Auflösung ab. Im Lieferumfang enthalten sind jeweils ein Stativ, ein Ladekabel sowie ein Objektivfilter für die Sonnenbeobachtung.

Die beiden Modelle im Vergleich

Was sich mit den Seestar-Teleskopen gut abbilden lässt, ergibt sich aus den grundlegenden Eigenschaften der Teleskope (siehe »Im Überblick: Die Smartscopes Seestar S 30 und S 50«). Das Bildfeld, das beim S 30 eine doppelt so große Seitenlänge hat wie beim S 50, eignet sich gut für nicht zu kleine Deep-Sky-Objekte, beispielsweise für leuchtende Gasnebel von Sternentstehungsregionen. Für Aufnahmen dieser charakteristisch rötlich leuchtenden Wasserstoffwolken kommt der eingebaute Filter des Seestar zum Einsatz, welcher die Strahlung des angeregten Wasserstoffs (H-alpha) sowie das bläulich-grünliche Licht der Linie des zweifach ionisierten Sauerstoffs (O III) hindurchlässt. Der Filter lässt sich durch Knopfdruck in der App zuschalten und wieder herausnehmen; er wird vom System zu Beginn automatisch zugeschaltet, wenn der Einsatz für das Zielobjekt anzuraten ist. Auch die uns näheren Galaxien lassen sich mit dem Seestar schön abbilden, ebenso wie viele offene Sternhaufen und Kugelsternhaufen (siehe »Astrofotografie mit den Seestars«).

Astrofotografie mit den Seestars | Die mit den Seestar-Teleskopen S 30 (obere Reihe) und S 50 (untere Reihe) aufgenommenen Bilder entstanden jeweils mithilfe des internen Stackings, welches das Teleskop automatisch durchführt: Für jedes anvisierte Objekt wird automatisch eine Serie kurz belichteter Einzelbilder aufgenommen, die zu einem Summenbild kombiniert werden. Die hier dargestellten Objekte wurden mit beiden Teleskopen simultan von einem nicht sehr dunklen Großstadtvorort aufgenommen, mit 5,9 auf der Bortle-Lichtverschmutzungsskala. Von links nach rechts zeigen die Bilder den Kugelsternhaufen Messier 10 (22 Minuten Belichtungszeit mit S 50, 18 Minuten mit S 30), den Orionnebel Messier 42 (30 Minuten mit S 50, 32 Minuten mit S 30, jeweils mit eingebautem H-alpha-Filter), die Spiralgalaxie Messier 51 (100 Minuten mit S 30 beziehungsweise S 50) und die Andromedagalaxie Messier 31 (60 Minuten mit S 30 beziehungsweise S 50). Die störenden Streifen im Bild links unten wurden unter anderem durch Starlink-Satelliten verursacht. Die Bilddateien der hier dargestellten Testaufnahmen sowie weitere Vergleichsbilder stehen unter suw.link/2603-AP1 zur Verfügung.

Insgesamt hinterlässt die Optik der beiden Seestars bei mir einen sehr guten Eindruck: Die Objektive wurden immerhin als dreifaches APO-Design ausgeführt – eine Linsenkombination, die eine besonders farbreine Abbildung erzeugt. Bilder, in denen die Sterne aufgrund von Nachführungsproblemen zu Strichen verzerrt wurden oder auf denen die Sterne gar nicht zu sehen sind, sortiert das Teleskop selbstständig aus. Solche Probleme treten insbesondere auf, wenn das Beobachtungsziel zu hoch am Himmel steht, denn bei Objekten, die weniger als 20 bis 30 Grad vom Zenit entfernt sind, tut sich das Seestar mit seiner azimutalen Montierung naturgemäß schwer. Spuren von Flugzeugen oder Elon Musks Armada von Lichtverschmutzungssatelliten der Starlink-Serie werden gelegentlich auftreten.

Bei Objekten mit geringer Winkelausdehnung, etwa bei kleineren Galaxien, stoßen beide Seestar-Modelle an ihre Grenzen. Unter den Planetarischen Nebeln kommt der Hantelnebel Messier 27 im Sternbild Füchschen noch recht gut heraus; der Ringnebel Messier 57 im Sternbild Leier wird hingegen vergleichsweise klein wiedergegeben. Ob man sich für das S 30 mit größerem oder das S 50 mit kleinerem Bildfeld entscheidet, hängt – sofern die Kosten keine Rolle spielen – vor allem davon ab, welche Eigenschaften der Nutzer bevorzugt: etwas größere Himmelsausschnitte, bei denen beispielsweise die Umgebung des Orionnebels noch gut sichtbar ist, oder etwas mehr Details bei Objekten wie Galaxien. Das S 30 verfügt zusätzlich über eine kleine Weitwinkellinse, die sich jedoch leider nicht für Astrofotografie eignet. Sie kann in bestimmten Situationen beim Wählen des Bildausschnitts oder beim Anfahren von Sonne oder Mond helfen.

Apropos Sonne oder Mond: Im Sonnensystem ermöglicht das Seestar dank der mitgelieferten lichtdämpfenden Filter schöne Fotos unseres Tagesgestirns auf einer Skala, auf der bei Sonnenflecken bereits einige Strukturen sichtbar sind. Auch der Mond lässt sich schön abbilden. Beide Objekte können im Sonnensystemmodus angesteuert werden. Dort besteht zudem die Option, das Bild zu stabilisieren, also das Zielobjekt immer im Zentrum zu behalten. Im Videomodus kann man zur richtigen Zeit und am richtigen Ort mit einem Seestar sogar dokumentieren, wie die ISS vor dem Mond oder der Sonne vorbeifliegt!

Für Planetenaufnahmen sind die Seestars hingegen denkbar ungünstig ausgelegt. Sicher, wer gerade erst mit der Astrofotografie begonnen hat, mag sich über eine erste Abbildung der Saturnringe oder über ein Jupiterbild mit winzigen, aber gut sichtbaren Wolkenbändern freuen. Dabei zeigen solche Beispiele vor allem, dass die Planeten am Himmel sehr klein erscheinen und dass man für vernünftige Aufnahmen ein Teleskop benötigt, das die vorhandenen Pixel in ein entsprechend kleines Bildfeld packt – nicht jedoch ein Teleskop wie das Seestar.

Das waren die Anwendungen für den Einsteiger – doch es geht noch weiter: Ein großer Vorteil beider Seestar-Versionen liegt darin, dass solche Beobachtungen eben nur der Anfang sind. Hat man erfolgreich erste Erfahrungen in der Astrofotografie gesammelt, gibt es verschiedene Möglichkeiten, mehr aus seinem Seestar herauszuholen. Beispielsweise können die Teleskope mit dem App-Update vom November 2024 im »Mosaik-Modus« arbeiten. Hierbei lassen sich in der virtuellen Himmelsansicht die Bildfeldrahmen bis auf die doppelte Seitenlänge vergrößern und außerdem beliebig am Himmel orientieren. Auf diese Weise werden größere Himmelsabschnitte fotografisch erfasst. Das Seestar fährt dann überlappende Muster ab und fügt die dabei entstehenden Bilder zu einem Gesamtbild zusammen. So erhält man mit der größten einstellbaren Bildfeldvariante ab knapp drei Stunden Beobachtungszeit ein gutes Ergebnis.

Die wohl einfachste Möglichkeit, mehr aus den eigenen Aufnahmen herauszuholen, besteht darin, ein gewähltes Objekt möglichst lange zu belichten und zu schauen, wie viel an Kontrast sich damit erreichen lässt. Die azimutale Montierung des Seestar führt allerdings dazu, dass die überlagerten 10-Sekunden-Bilder sich mit der Zeit immer weiter gegeneinander verdrehen. Wirklich mit der vollen Belichtungszeit nutzbar ist daher nur der Mittelteil des länglichen Seestar-Bildfelds, aber auch dieser liefert für eine Reihe interessanter Objekte gute Bilder.

Ist die Wettervorhersage ausreichend zuverlässig, kann man das Teleskop unbeaufsichtigt draußen arbeiten lassen und es mit einem Beobachtungsplan beauftragen. Auch in diesem Fall ist die Bedienung einfach: Man wählt in der Himmelsansicht den gewünschten Bildausschnitt aus, gibt die Anfangs- und Endzeitpunkte an, zwischen denen das Seestar die Beobachtungen durchführen soll, fügt weitere Beobachtungsziele hinzu und drückt am Ende auf »Ausführen«. Damit kann das Seestar in besonders klaren Nächten diejenigen Stunden nutzen, die man selbst zum Schlafen benötigt.

Strebt man bereits längere Belichtungszeiten an, liegt der nächste logische Schritt darin, die Daten mehrerer Beobachtungsnächte zu kombinieren. Von dort wiederum ist es nur ein Katzensprung, sich nicht mehr auf das interne Stacking des Seestar zu verlassen, sondern die Einzelbilder selbst unter Nutzung geeigneter Software zu bearbeiten. Dazu bieten die Seestars in ihren Einstellungen die Option, die Einzelaufnahmen in dem in der professionellen Astronomie üblichen Format FITS (Flexible Image Transport System) zu speichern. Dank eines internen Speichers von 64 Gigabyte ist dies sogar über mehrere lange Winternächte hinweg praktikabel. Bei Beobachtungen, die immerhin von 21:00 bis 5:00 Uhr dauerten, kam ich auf rund 8 Gigabyte an Bildern.

Nach dem Ende der Beobachtungen werden die Dateien per USB-Kabel zum eigenen Computer übertragen und können dort nachbearbeitet werden. Echte Rohdaten sind die Einzelbilder zwar nicht, denn standardisierte Verarbeitungsschritte, insbesondere das Abziehen der Dunkelstromeffekte, hat das Seestar daran bereits vorgenommen. Selbst in diesem nichtrohen Zustand bieten die Einzelbilder viele Möglichkeiten zum Nachbearbeiten (siehe »Astrofotos verbessern«). Auf diese Weise noch mehr aus den eigenen robotischen Beobachtungen herauszuholen, ist eine lohnende Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten weiterzuentwickeln und neue Bearbeitungsmethoden für sich zu entdecken.

Astrofotos verbessern | Mittels professioneller Bearbeitungssoftware konnte die Bildqualität deutlich gesteigert werden. Dargestellt ist die Orionregion rund um den dunklen Pferdekopfnebel IC 434 (jeweils Bildmitte) nach einer Belichtungszeit von 122 Minuten durch einen H-alpha-Filter. Das Bild links entstand durch das automatische Stacking des Seestar S 30; das Bild rechts ist das Ergebnis eines eigenen Stackings der mit dem S 30 aufgenommenen Einzelbilder. Hierfür wurde das Programm Astro Pixel Processor verwendet; die Nachbearbeitung erfolgte mit GraXpert und Siril.

Mit eigener Nachbearbeitung lassen sich deutlich größere Mosaike erstellen. Längerfristig arbeite ich an einer vollständigen Version des Sternbilds Orion, und jüngst wurde ich darauf aufmerksam, dass sich mindestens eine Gruppe von Amateurastronomen gemeinschaftlich zu einem derartigen Projekt verabredet hat – ein weiterer Vorteil der Seestars, denn Daten unterschiedlicher Beobachter zu kombinieren, ist besonders einfach, wenn alle dasselbe Teleskopmodell verwenden.

Auch Hardware-Ergänzungen der Teleskope sind möglich: Seit dem Frühjahr 2025 unterstützt die Seestar-Software eine äquatoriale Montierung, für die dann ein zusätzlicher Neigungskeil nötig ist. Die Seestar-Software leitet ihren Nutzer in einer Kalibrationsphase dazu an, die Lage des Teleskops zu korrigieren, um die senkrechte Achse näherungsweise auf den Polarstern auszurichten. Mit meinem Seestar S 50 konnte ich dieses Verfahren leider nie erfolgreich praktizieren, aber mit dem S 30 ging es sehr gut. Im äquatorialen Betrieb lässt sich die störende Bildfelddrehung vermeiden; zudem werden Objekte in Zenitnähe ohne Nachführungsprobleme zugänglich. Und schließlich kann die Belichtungszeit der Einzelbilder verlängert werden – auch wenn der hierdurch erreichbare Qualitätsgewinn dank des sehr rauscharmen Sensors nicht besonders groß ist. Weitere Hardware-Ergänzungen umfassen Klemmaufsätze für die Taukappe oder zum Vorschalten eigener Filter am Seestar. Ferner berichten einige Amateurastronomen sogar über spektroskopische Beobachtungen mit den Seestar-Teleskopen.

Ein dynamischer Markt

Mit den Seestar-Teleskopen gestaltet sich der Einstieg in die Himmelsfotografie recht einfach. Wer jedoch besonders die Technik der Amateurastronomie spannend findet – das Weiterentwickeln des eigenen Teleskops samt Zubehör, das Werkeln bei Zusammenbau und nächtlicher Inbetriebnahme, die Möglichkeiten, mit immer besserer Ausrüstung immer bessere Ergebnisse zu erzielen – , für den wird das Seestar natürlich allenfalls ein Nebenschauplatz sein. Technikaffine Sternfreunde, die sich ein Seestar angeschafft haben und es an Beobachtungsabenden nebenbei mitlaufen lassen, gibt es aber durchaus!

Am anderen Ende des Spektrums, als Einstieg in die Astrofotografie, ist das Seestar mit seiner einfachen Bedienung und schnellen Erfolgserlebnissen hervorragend geeignet. Ich kenne mindestens zwei Lehrer, die Seestars für didaktische Zwecke nutzen und ihren Schülerinnen und Schülern im Rahmen eines Astronomiekurses diese Geräte zum selbstständigen Beobachten mit nach Hause geben, womit sie zugleich die Schwierigkeit umgehen, spät abends Beobachtungsstunden zu organisieren. Das astronomische Mitdenken nimmt einem das Seestar trotz seiner automatisierten Funktionen nämlich nicht ab: Wer seine Seestar-Projekte bewusst gestalten und planen möchte, kommt nicht umhin zu lernen, welche Objekte vom eigenen Standort aus zu welcher Jahres- und Nachtzeit gut oder weniger gut zu beobachten sind.

Seine Eigenschaften und der vergleichsweise niedrige Preis machen das S 50 und insbesondere das S 30, das nicht mehr kostet als eine gute Einsteigerkamera oder ein Smartphone, sowohl für Einsteigerinnen und Einsteiger attraktiv, die naturgemäß noch nicht wissen, ob sich größere Investitionen lohnen, als auch für Fortgeschrittene, die das Seestar als Zweitgerät nutzen – etwa als praktisches Urlaubsteleskop, wenn das Gepäck nicht zu schwer sein darf.

Ich persönlich bin sehr gespannt auf das Modell S 30 Pro, das sich vom S 30 durch einen größeren Kamerachip unterscheiden und im Jahr 2026 in den Handel kommen soll. Wer die Anschaffung eines Seestar erwägt, sollte sich allerdings auch das von Preis und Leistung her ähnliche DWARF 3 der Firma DwarfLab ansehen und – sofern es die finanziellen Möglichkeiten zulassen – das ähnlich kompakte Gerät Vespera II des französischen Unternehmens Vaonis, dessen nahezu doppelt so hoher Preis mit einer deutlich größeren Pixelzahl des Sensors einhergeht.

Dieser Beitrag entstand im Auftrag der Redaktion. Der Autor steht in keiner Geschäftsbeziehung zum Hersteller oder zu Anbietern der beschriebenen Produkte. Der hier wiedergegebene Text bezieht sich auf im Fachhandel erworbene Geräte (ZWO Seestar S 30 und Seestar S 50).

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